Lade Inhalte...
  • NEWSLETTER
  • ABO / EPAPER
  • Lade Login-Box ...
    Anmeldung
    Bitte E-Mail-Adresse eingeben
    Bitte geben Sie Ihre E-Mail-Adresse oder Ihren nachrichten.at Benutzernamen ein.

gemerkt
merken
teilen

Oberösterreichs Getreidespeicher sind die "Agrarkirchen der Region"

Von Alexander Zens, 27. Dezember 2014, 00:04 Uhr
Oberösterreichs Getreidespeicher sind die "Agrarkirchen der Region"
Heute: Stahlblech statt Stahlbeton Bild: RWA

LINZ/WIEN. 55 Lagerhaus-Silos und zahlreiche weitere braun-weiße Türme prägen die Ortsbilder

Die Raiffeisen Ware Austria (RWA) will ihren Standort in Aschach um 29 Speichersilos erweitern. In der Bevölkerung regt sich Widerstand wegen mutmaßlicher "Verschandelung des Ortsbildes". Die Bauverhandlung wurde angesichts eines noch nicht vorliegenden Gutachtens unterbrochen. Die Gespräche werden voraussichtlich im Jänner fortgesetzt.

Bei dem geplanten Vorhaben geht es um Stahlblechsilos. Sie sind günstiger in der Errichtung als die klassischen braun-weißen Stahlbetonsilos, die viele Ortsbilder prägen.

Oberösterreichs Lagerhaus-Genossenschaften betreiben noch rund 40 Stahlbetonsilos und 15 Stahlblechsilos. Zahlreiche weitere Türme gehören Lagerhaus-Konkurrenten oder wurden von Lagerhäusern verkauft und sind nun Standorte von Firmen anderer Branchen.

Silolandschaft analysiert

Österreich ist ein Siloland. Die Wiener Architekten Heidi Pretterhofer und Dieter Spath haben die Lagerhaus-Getreidespeicher in Niederösterreich analysiert. Dort gibt es mehr als 150. Diese strukturieren laut Pretterhofer und Spath die Landschaft: Die Türme seien "zufälliges Wahrzeichen der Kulturlandschaft des ausgehenden 20. Jahrhunderts und könnten als ‘Agrarkirchen’ der Region bezeichnet werden."

Im Gegensatz zu anderen technischen Wahrzeichen des infrastrukturell hochgerüsteten ländlichen Raums, den Windrädern, Ölpumpen oder Hochspannungsleitungen, könne den Silos eine raumordnerische Aufgabe zugesprochen werden. "Sie stehen dem Kirchturm gegenüber, sind in der Regel höher als dieser und vervollständigen eine Art Doppelturmprinzip im Dorf", so Pretterhofer und Spath.

Weiter führen die beiden aus: Das Fassungsvermögen der Silos war und ist Indikator der jeweiligen Agrarintensität einer Region, gleichzeitig sind sie weithin sichtbares funktionales Logo der Genossenschaft. Sie sind Ausdruck der Industrialisierung der Landwirtschaft.

Bis in die 1950er-Jahre folgten die Getreidelager der Typologie eines Hauses. Sie waren horizontal, quasi mehrgeschoßige Hallen mit Gebäudehöhen bis zu 25 Meter. Dann wurden die Speicher vertikal. Mit der Gleitschalungsbauweise konnten schnell und kostengünstig mächtige Betonsilos mit bis zu 70 Metern Höhe errichtet werden, so Pretterhofer und Spath.

Politisch geförderter Silobau

Die RWA, das Großhandels- und Dienstleistungsunternehmen der Lagerhäuser, betont, dass Österreich im und nach dem Zweiten Weltkrieg bei Getreide und Ölsaaten von Importen abhängig war. Der politische Wunsch war, den Selbstversorgungsgrad zu erhöhen. Der Bau der Silos wurde von der Bundesregierung gefördert.

Man verstehe Einwände von Bürgern gegen Silos, was das Landschaftsbild betreffe, sagt die RWA-Sprecherin Michaela Fritsch: "Wir suchen immer das Gespräch." Dabei versuche man die Bedeutung der Silos im historischen Kontext zu erklären – und den wichtigen Beitrag, den diese auch heute noch zur Erfüllung eines Grundbedürfnisses, der Ernährung, erfüllen. Die Genossenschaften stünden ästhetischen Verbesserungsvorschlägen offen gegenüber, sagt Fritsch. Diese müssten aber wirtschaftlich abbildbar sein.

Die regionale Verteilung der Getreidespeicher sei sinnvoll. "Weil in den Regionen auch die Getreideübernahme von den Bauern erfolgt." Teilweise sei es aber auch notwendig, größere Lagerkapazitäten an einem Ort zu schaffen. Dazu gehört Aschach wegen des Verkehrsweges auf der Donau.

Interessieren Sie sich für diesen Ort?

Fügen Sie Orte zu Ihrer Merkliste hinzu und bleiben Sie auf dem Laufenden.

Lädt

info Mit dem Klick auf das Icon fügen Sie das Schlagwort zu Ihren Themen hinzu.

info Mit dem Klick auf das Icon öffnen Sie Ihre "meine Themen" Seite. Sie haben von 15 Schlagworten gespeichert und müssten Schlagworte entfernen.

info Mit dem Klick auf das Icon entfernen Sie das Schlagwort aus Ihren Themen.

Fügen Sie das Thema zu Ihren Themen hinzu.

3  Kommentare
3  Kommentare
Neueste zuerst Älteste zuerst Beste Bewertung
pacatianus (36 Kommentare)
am 28.12.2014 12:52

Wenn jetzt in den Oberösterreichischen Nachrichten ein Architektenduo – Heidi Pretterhofer und Dieter Spath – die unsäglich hässlichen Türme als Agrarkirchen und zufälliges Wahrzeichen der Kulturlandschaft des ausgehenden 20. Jahrhunderts verteidigen, dann bleibt einem, der in einer Gemeinde mit so einem hässlichen Monstrum aufgewachsen ist, der Mund vor Staunen offen. Soll damit die öffentliche Meinung manipuliert werden? Es ist heute ja üblich, den Menschen die Begriffe im Kopf zu verdrehen.
Aschach bekommt also keine hässlichen Blechsilos, die das Ortsbild dieser Fremdenverkehrsgemeinde für immer verschandeln werden, Aschach bekommt 29 neue Kirchen!
http://www.bmlfuw.gv.at/land/produktion-maerkte/pflanzliche-produktion/getreide/Getreide

lädt ...
melden
antworten
pacatianus (36 Kommentare)
am 28.12.2014 12:51

Der Markt gibt es vor allem denen, die schon mehr als genug haben und zwingt die meisten Bauern in die Rolle der Bittsteller bei Raiffeisen, dem Konzern, der ihren gesamten Produktionszyklus, vom Kunstdünger bis zum Ankauf ihrer Produkte, bestimmt.
Um die von der RWA Agrarindustrie billig erstandenen landwirtschaftlichen Produkte zu horten sind speziell in Ober- und Niederösterreich unzählige Siloanlagen – oft mitten in den Ortszentren der ländlichen Gemeinden erbaut worden. Dabei wurde einzig auf Zweckmäßigkeit geachtet und die dominanten Bauwerke verschandeln die Orte auf Jahrhunderte und machen ein weiteres Nachdenken über Ortsbildgestaltung für diese Gemeinden überflüssig, weil sowieso nichts mehr zu retten ist. Bewilligt wurden diese Bauwerke faktisch immer von ÖVP Bürgermeistern, was einen nicht weiter zu wundern hat.

lädt ...
melden
antworten
pacatianus (36 Kommentare)
am 28.12.2014 12:49

Ein Bauer bekommt für eine Tonne Mais vom Marktmonopolisten RWA grade mal 78 Euro. Bei einem Hektarertrag von ca. 10 Tonnen (1) sind viel Arbeit und Schweiß und eine riesige Anbaufläche notwendig, um davon leben zu können. Manna fällt eben für die Bauern nicht mehr vom Himmel. Wenn man weiß, dass die hinter Raiffeisen stehende Agrarindustrie aber ein Vielfaches an der Verarbeitung der Produkte verdient und die Bauern letztendlich von der EU Förderung leben, weil die Gewinne in die Kassen von Raiffeisen fließen, dann erst versteht man den Artikel in den Oberösterreichischen Nachrichten, der die Lagerhaustürme euphemistisch als die „Agrarkirchen der Region“ verklärt.
Die Religion heißt „neoliberales Wirtschaftssystem“ – der Markt gibt es und der Markt nimmt es.

lädt ...
melden
antworten
Aktuelle Meldungen