Ernte gering, Nachfrage hoch: Vanille teurer als Silber

Ob im Eis, im Kuchen, im Joghurt oder in Duftstoffen: Vanille ist ein beliebtes und vielseitig einsetzbares Gewürz. Die Preise für die Vanilleschoten sind zuletzt auf ein Rekordhoch geklettert: Rund 600 Euro müssen aktuell für ein Kilogramm gezahlt werden. Damit ist Vanille das teuerste Gewürz nach Safran. Der Kilopreis liegt deutlich über jenem für Silber.

"Wir beobachten diesen Preisanstieg nun seit drei Jahren", sagt Erwin Kotányi im Gespräch mit den OÖN. Er führt das niederösterreichische Gewürzunternehmen Kotányi in vierter Generation. Den Kilopreis nennt er "utopisch": "Preise zwischen 100 und 150 Euro wären gerechtfertigt."

Zwei Gründe seien ausschlaggebend für die Entwicklung: Einerseits sei die Nachfrage nach natürlicher Vanille in den vergangenen Jahren stark gestiegen. "Der Natürlichkeitstrend bei der Ernährung setzt sich auch bei der Vanille durch", sagt Kotányi. Früher sei viel synthetisch hergestelltes Vanillin verwendet worden. Die Industrie, der größte Abnehmer der Vanille, verwende für ihre Produkte heute häufig das Mark der Vanilleschote.

Von Menschen bestäubt

Andererseits ist das knappe Angebot an Rohvanille Grund für den Preisanstieg. Hauptanbaugebiet für die Vanilleorchidee ist Madagaskar. Die Insel, die vor Afrikas Ostküste liegt, deckt nach Schätzungen vier Fünftel des gesamten Weltbedarfs ab. Dazu kommen wetterbedingte Ausfälle: Vor zwei Jahren wurden etwa große Teile der Ernte durch Wirbelstürme zerstört. Auch heuer deuten erste Anzeichen auf eine geringere Ernte hin: Georges Geeraerts, Chef von Madagaskars Vanille-Exportverband, geht von einer um 20 bis 25 Prozent geringeren Ernte als im Vorjahr aus. Die hohen Preise führen auch immer häufiger zu Diebstählen. Andere Anbaugebiete zu erschließen, ist schwierig. Anbau und Ernte sind sehr kompliziert: Die Blüte wird von Menschen mit einem Stäbchen bestäubt. Sie blüht nur einen Tag. Laut Kotányi gibt es auch in Indonesien und auf Papua-Neuguinea Vanille-Anbaugebiete. Diese würden aber keine nennenswerten Zusatzmengen auf dem Weltmarkt bringen. Bourbon-Vanille darf überhaupt nur aus Madagaskar, La Réunion und von den Komoren stammen.

In den heimischen Konditoreien wird echte Vanille mit "Maß und Ziel" verwendet, sagt der Linzer Konditor Leo Jindrak. Die Preisentwicklung sei nicht besorgniserregend, die Preise für seine Ware müsse er nicht erhöhen. Endverbraucher spüren die Knappheit aber im Geschäft: Um die vier Euro müssen sie mittlerweile für eine Schote zahlen.