Die späte Rache des frühen Ruhms
Schlierenzauer ist kein Automat, der verlässlich Erfolge produziert.
Zehn Jahre lang hat Gregor Schlierenzauer ein Leben unter dem Vergrößerungsglas geführt. Als erfolgreicher Skispringer wurde er wie ein Popstar gefeiert, verehrt, aber auch verfolgt. Vom Scheinwerferlicht, das ihn nicht nur auf der sportlichen Bühne beleuchtete, sondern auch in seine Privatsphäre eindrang. So blickdicht kann sich ja kein Mensch vor dem öffentlichen Interesse verstecken, dass sich nicht irgendwo ein Schlüsselloch finden würde.
Schlierenzauer hat sich natürlich freiwillig in die idealisierte Scheinwelt der Super-Stars hineinkatapultiert. Schon mit 16 bekam er aufgrund seines Ausnahmetalents den Boarding Pass. Junge Sportler, die in solche Sphären aufsteigen, schließen bereitwillig einen faustischen Pakt. Für den Platz an der Promi-Sonne ist man bereit, fast alles zu opfern. Ein langsames Erwachsenwerden im Freundeskreis spielt es da beispielsweise nicht mehr. Der Ruhm ist wie ein Rausch. Kommt er zu früh, wirkt er wie ein Komasaufen für die Seele. Viele Jung-Stars, nicht nur aus dem sportlichen Showgeschäft, sind daran zerbrochen.
Gregor Schlierenzauer gehört nicht zu den jungen Senkrechtstartern, die aus dem Promi-Himmel gefallen und abgestürzt sind. Der Tiroler hat in den vergangenen Jahren meistens Haltung bewahrt. Nicht nur bei seinen Rekord-Sprüngen. Sein schiefes Lächeln haben zwar manche Beobachter als Zeichen der Arroganz oder des Hochmuts gedeutet, es könnte sich aber auch die Unsicherheit eines Menschen dahinter verbergen, der verletzlicher ist, als man glauben mag. Die aktuelle Unform des Ex-Champions ist ein weiteres Indiz dafür, dass Schlierenzauer kein Automat ist, der verlässlich Erfolge produziert.
Skispringen ist eine komplexe, um nicht zu sagen hirnrissige Sportart. Man beschleunigt wie ein Porsche, muss in Zehntelsekunden unzählige Bewegungsabläufe koordinieren, dem Körper den exakten Anstellwinkel geben und mit grotesk langen Brettern an den Beinen aerodynamische Kräfte kontrollieren. Skisprung-Philosoph Toni Innauer spricht treffsicher von einer "Gunst des Fliegens", die das Unterbewusstsein steuert. Schlierenzauer ist kein Günstling mehr. Mit 26 nimmt er eine Auszeit und versucht andere Dinge als Anfahrtshocke, Absprung, Luftfahrt und Telemark in Balance zu bringen. Wir sollten das Vergrößerungsglas zur Seite legen und ihm alles Gute wünschen. Vielleicht kommt sie ja wieder zurück, die Gunst des Fliegens.
er war ein begnateter skispringer, wie er als mensch ist wissen wir nicht, da weiß alex pointner mehr. hoffentlich hat er sich, da er nicht mehr im rampenlicht steht, so im giff und erinnert sich an einen anderen springersuperstar, matti nykenen. er muss jetzt die schwierigste zeit seines jungen lebens überwinden.
Da haben Sie schon recht, Herr Zöpfl. Bereits im Alter von 16 Jahren in der Mühle und dann 10 Jahre Erfolge am Fließband. Jetzt nicht mehr, auch die letzte Saison nicht. Ich würde ihm ein erfolgreiches Comeback wirklich gönnen, eines das seinen Ansprüchen als Führender der ewigen Bestenliste im Weltcup mit 53 Siegen entspricht. Das heißt Siegspringer. Wenn nicht, wäre ein rascher Rücktritt besser. DSV Springer Martin Schmitt tat es bis zur endgültigen Kadereliminierung nicht, er konnte einem schon leidtun. Was mir in Ihrer treffenden Analyse allerdings fehlt, ist die Rolle des Automatenbetreibers. Die des ÖSV nämlich. Wie auch immer, Schlierenzauer ist und bleibt einer der größten Sportler den Österreich je hatte. Jede Häme aufgrund derzeit ausbleibender Erfolge ist auf jeden Fall entbehrlich.
Er ist erfolgreich, aber bei weitem nicht der erfolgreichste Sportler, den Österreich je hatte!
alle: das hat auch niemand behauptet. Oder?