Wenn Träume wahr werden
So etwas kann man nicht erzwingen, es muss passieren. Das war heute mein Tag." Die eine oder andere Freudenträne schoss Josef Ferstl im Zielraum unter dem Hahnenkamm in die Augen.
Für den 30-jährigen Bayer schien gestern zum Abschluss des Kitzbühel-Wochenendes nicht nur sprichwörtlich die Sonne. Die Startnummer eins – verbunden mit noch optimaler Sicht – hat den sympathischen Ski-Star zum Super-G-Triumph getragen und ihn damit auf eine Ebene mit Papa Sepp, Abfahrtssieger 1978 und 1979 auf der Streif, gehievt.
Nicht nur Gattin Vroni, die ihrem Josef ein herzliches Siegerbussi auf den Mund drückte, hat immer an ihren Mann geglaubt. Auch die Kollegen – von Thomas Dreßen über Matthias Mayer bis hin zu Vincent Kriechmayr – gratulierten dem Champion aufrichtig. Nur seine beiden Kinder – Hannes (1) und Leni (3) – wissen noch nicht so recht, wie sie Papas Husarenritt einstufen sollen.
Dafür kann das Ferstl senior, seit Samstag Mitglied im Kitzbüheler "Legendenclub", umso besser. Der gute Sepp war vor 40 Jahren kein Profi gewesen, 13.500 D-Mark hatte er damals als Prämie für seinen Streif-Erfolg kassiert. Der Junior, natürlich Vollprofi durch und durch, durfte sich gestern über 55.500 Euro freuen. Doch die mit dem Sieg verbundenen Emotionen sind unbezahlbar. "Schon als ich ein Kind war, habe ich davon geträumt, hier zu gewinnen. Jetzt ist meine Vision in Erfüllung gegangen", erzählte Josef Ferstl, den ein bestimmtes Platzerl im Elternhaus förmlich angetrieben hat: "Immer wieder bin ich an diesen zwei Goldenen Gämsen vom Papa vorbeigegangen und hab’ mir gedacht: Mei, des wär schon schön, wennst auch einmal so eine gewinnen würdest."
Gesagt, getan. Druck hat Vater Ferstl nie ausgeübt. Naja, nur einmal, als er den Junior im zarten Alter von sechs die Streif hinunterjagte. Es sollte sich lohnen. In Bälde fahren zwei Ferstl-Gondeln auf der Hahnenkammbahn. Das erfüllt die ganze Familie mit Stolz.