Fünfter Le-Mans-Sieg für den "versteckten" Champion

LE MANS. Der Porsche-Werksfahrer Richard Lietz aus Ybbsitz bewährte sich beim Klassiker wieder als "Mann für gewisse Runden"
Er zählt seit Jahren zu den erfolgreichsten österreichischen Rennfahrern, und trotzdem wissen selbst am Motorsport interessierte Landsleute wenig mit seinem Namen anzufangen: Richard Lietz ist der klassische Fall eines "versteckten Champions". Am Sonntag hat der 40-jährige Porsche-Werksfahrer aus dem niederösterreichischen Mostviertel beim 24-Stunden-Rennen in Le Mans nach 2007, 2010, 2013 und 2022 seinen bereits fünften Klassensieg gefeiert. Große Schlagzeilen gab es in seiner Heimat dafür nicht, für die Motorsport-Online-Plattform "Speedweek" war Lietz aber schon "der Held" von Le Mans.
Erstmals war der Spross einer Autohaus-Dynastie 2007 in Le Mans gestartet, inzwischen hat er 18 24-Stunden-Rennen im französischen Motorsport-Mekka auf dem Tacho. Damit war Lietz am Wochenende der Mann mit den meisten Le-Mans-Einsätzen im Starterfeld. Dass der 40-Jährige mit seinen Teamkollegen Morris Schuring (Nl) und Yasser Shahin (Aus) den Porsche 911 GT3 R des Manthey-Teams zum Sieg in der neuen LMGT3-Klasse (22 Starter, acht verschiedene Hersteller) pilotieren konnte, war erneut eine Bestätigung für seine Extraklasse. Als persönliche Auszeichnung kam beim vorangegangenen Rennen zur Langstrecken-WM in Spa noch der "Goodyear Award" für den Fahrer mit den konstant schnellsten Rundenzeiten dazu.
"L17" auf dem Rennauto
Der "Mann für gewisse Runden" hat einen ungewöhnlichen Karriereweg hinter sich. In seiner Jugend wollte er Rallye-Fahrer werden, wurde aber von seinem Vater eingebremst. Zum Rallyefahren sei er zu jung, als Einstieg in den Motorsport durfte der 17-jährige Richard aber in der Nachwuchsklasse Formel BMW Rennkilometer sammeln. Als er als Gastfahrer 2001 im Rahmen des Österreich-Grand-Prix auf dem Red-Bull-Ring (damals A1-Ring) erstmals im Porsche-Supercup auf Achse war, klebte spaßeshalber ein "L17"-Pickerl auf seinem Boliden. Lietz hatte noch keinen Führerschein, was ihn nicht daran hinderte, mit schnellen Rennrunden zu beeindrucken. Zu einem Sichtungstraining bei Porsche in Deutschland reiste er damals mit dem Zug an. Er bekam tatsächlich ein Cockpit im Porsche-Supercup, zeigte dort regelmäßig Top-Leistungen und wurde kurz vor Weihnachten 2006 schließlich zum Porsche-Werksfahrer befördert.
Ein Mann ohne Allüren
Neben Le Mans hat Lietz schon viele andere Langstrecken-Klassiker (Spa, Nürburgring, Daytona) gewonnen, der Klassiker in Frankreich ist aber etwas Besonderes für ihn. "Das ist das beste Rennen, die beste Strecke, hier sind die besten Fans", sagt der 40-Jährige, der in Ybbsitz auf einem Bauernhof wohnt (und arbeitet) und sehr bodenständig ist. Dass sein Name kaum einmal in einer Zeitung steht, ist ihm ziemlich egal. "Mein Job ist es nicht, mein Namensschild zu polieren."
Starallüren sind Lietz, der rund 200 Tage im Jahr in Sachen Motorsport auf Achse ist, völlig fremd. "Ich arbeite als Rennfahrer, ich spreche nie von einer Karriere. Eine Karriere hat vielleicht ein Formel-1-Fahrer gemacht, ich nicht." Ganz weit entfernt von ihm ist die Königsklasse allerdings nicht: In seiner Maschinenhalle am Bauernhof in Ybbsitz parkt neben dem Traktor oder Bagger unter anderen ein Formel-1-Bolide des Footwork-Teams aus dem Jahr 1991. (chz)