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Nichtschwimmer & Wassertreter

Von Bernhard Lichtenberger, 08. September 2018, 00:04 Uhr
Nichtschwimmer & Wassertreter
Hallstatt nährt sich vom Schau-Wert, der mehr als eine Million Menschen im Jahr anzieht. Bild: beli

Wie bringt man als Heimat-Reisender das Salzkammergut und den Strudengau unter einen Hut? Man macht es wie Bernhard Lichtenberger und folgt dem Wasserweg der alten Salzschiffer.

Hallstatt. Ein Name, der über eine ganze vorchristliche Kultur gestülpt wurde, der für eine 7000 Jahre alte Salzerzeugung steht, wovon der Fund eines Hirschhornpickels zeugt. Noch heute wird das Weiße Gold aus dem Berg geholt. Davon könnte der zu Füßen liegende, zwischen Hallstättersee und steilen Fels gedrängte 750-Seelen-Ort nicht mehr leben. Er nährt sich vom Schau-Wert.

"Die Leute kommen her, weil sie wissen, dass Hallstatt etwas Besonderes ist", sagt Fremdenführerin Regina Scheutz. Die Anziehungskraft hat ihren Preis. Mehr als eine Million Menschen fallen übers Jahr ein, im Schnitt rollen täglich 80 Busse an. Vor allem asiatische Reisende haben einen Narren an der Welterbestätte gefressen.

"No Drone Zone" steht plakativ auf Schildern, die auf hölzernen Fassaden angebracht sind. In chinesischer und englischer Sprache wird darauf hingewiesen, dass Hallstatt kein Museumsdorf sei, in dem man alles angreifen könne. "Viele kommen aus fernen Kulturen, die mit unseren Gepflogenheiten nicht vertraut sind", sagt Scheutz. "Da ist es schon vorgekommen, dass plötzlich ein fremder Mensch hinter einem im Wohnzimmer stand. Manche ließen auch Drohnen zu den Balkonen fliegen, um in die Fenster zu fotografieren." Fluch und Segen sieht sie pragmatisch: "Ohne Touristen wäre Hallstatt ein toter Ort, ohne Bäcker, ohne Supermarkt, ohne Restaurants, ohne Arbeit."

In den höher gelegenen, weiter vom Ufer entfernten Gassen ebbt das Gewusel der selfieverliebten Schar ab. Am Morton-Weg trifft man auf ein Relikt, das von den Härten des Salzabbaus erzählt, die Kernbank. Hier rasteten die sogenannten Kerntragweiber, Frauen, die bis zum Jahr 1890 auf dem Rücken bis zu 70 Kilo Steinsalz in der Kraxe ins Tal schleppten, drei bis vier Stunden, zwei Mal am Tag. Die kleinsten Kinder wurden derweil daheim mit einem Schnapszutzler ruhiggestellt. Um dieses Elend zu lindern, gründete Erzherzogin Sophie, die Mutter von Kaiser Franz Joseph I. eine "Kleinkinder-Bewahr- und Erziehungsanstalt".

Wir folgen dem Wasser bis zum behutsam renovierten "Steeg-Wirt" in Bad Goisern, der 1571 als "Trauneckgut" mit "Mühlen- und Schankgerechtigkeit" urkundlich belegt ist. An der Klause ergießt sich hier der Hallstättersee in die Traun. Es war auch der Weg der Salzschiffe, deren Besatzung höchst hinterfotzig gewählt war. Die Flößer durften nicht schwimmen können. Damit ging man sicher, dass die wackeren Männer in den damals so unberechenbaren, gefährlichen Fluten nicht von Bord gingen, um ihre Haut zu retten und ins Trockene zu bringen.

Lackenpascher und Scheberlbürger

Das nächste ruhigere Nass setzt dort an, wo die Lackenpascher zu Hause sind. So nennt Wolfgang Gröller die Ebenseer. Die verdanken das Synonym den Herrschaften, die ihre Villen an den seenahen sumpfigen Wiesen bauten und sich Leute holten, die mit Stangen nach den laut quakenden Fröschen schlugen. Gröller selbst ist ein Scheberlbürger, ein Traunkirchner. Das spöttische Etikett weist auf das geschnitzte und gedrechselte Kinderspielzeug hin, das auf dem Holzmarkt feilgeboten wurde. Scheberln, also Rasseln, wurden vom Traunsee in die ganze Welt exportiert.

Gröller, Chef des Hotels "Das Traunsee", empfängt als Salzkammergütler mit Leib, Seele und Lederhose – und mit Angeln, die er seinen Gästen am Steg in die Hand drückt. "Damit könnt’ Ihr euch Traunsee-Sushi fangen." Schwuppdiwupp, schon zappelt der erste Barsch schwänzelnd am Haken. Das Geschick der Ruten-Eleven taugt für Appetithappen, die der Hausherr entgrätet serviert. Wie kreativ und regional in der Küche gedacht wird, offenbaren die Beigaben zu den rohen Fischstückchen: eine Herbsttrompetensauce ersetzt das Soja-Pendant, dünn gehobelter, eingelegter Rhabarber macht Ingwer vergessen, Apfel-Sauerklee-Mus rundet die raffinierten Bissen ab.

In Gröllers Zwei-Hauben-Restaurant "Das Bootshaus" sind "zwei Verrückte am Werk, die ein unglaubliches Wissen haben". Lukas Nagl und sein 2. Küchenchef Michael Kaufmann verwöhnen Gaumen mit dem, was das Salzkammergut und die Alpen hergeben: die Fänge der drei Traunseefischer, Traunkrebse, Rutzenmooser Biolamm oder – als Betthupferl – aus dem Nähkästchen gereichte Pralinen. "Spielereien gehören zu jedem Gericht. Man muss es mit Hirn essen, im Mund kombinieren", sagt Gröller. Als treibende Kraft des Wirtshausfestivals "Felix" steckt er bereits in den Vorbereitungen für die 2019er-Ausgabe, die vom 22. März bis 14. April kulinarisch um das Thema "Bier, Brot, Fisch" kreist.

Keramik, so oder so

Am anderen Ende des Traunsees, bei den Schwanenbussis, wie die Gmundner augenzwinkernd genannt werden, zieht die TV-Serie "Schlosshotel Orth" nach wie vor Gäste an. Taferl weisen auf Plätze hin, an denen die 144 Folgen bis 2004 gedreht wurden. Wenn das Wasser von oben kommt, fluten Urlauber die Werk- und Verkaufsstätten der Gmundner Keramik. Wer bei einer Führung mit patscherter Hand das Tellermuster mit der Spritztechnik des Grünflammens verschandelt hat, verbeugt sich wertschätzend vor dem handwerklichen Geschick der Designer.

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So wird geflammt in der Gmundner Keramik. Bild: beli

Keramische Vielfalt zeigt sich an einem Ort, der dem stillen Ort gewidmet ist. Seit 30 Jahren hat das Sanitärmuseum "Klo & So" den Lokus im Fokus – vom Bidet, das Kaiserin Sisi nach Korfu begleitete, über den Fäkalienkübel, den sich 130 Menschen teilten, die im Linzer Limonistollen Schutz vor den Bomben suchten, bis zu Bill Gates’ Hightech-Toilette für Entwicklungsländer. "Das ist ein Stück Zeitgeschichte, über das man nicht gerne redet", sagt Kurator Alfred Zinhobl. Er tut das Gegenteil. Das Wissen über menschliche Bedürfnisse sprudelt aus ihm hervor wie das Wasser aus dem ersten Spülkasten. Die Frage nach der Herkunft des Begriffes Heidenarbeit beantwortet er selbst: "1891 machte sich ein Herr Heiden die Mühe, alle Fäkalien zu vermessen." Er kam auf 48,5 Kilo Kot und 422 Liter Harn, die ein Mensch in einem Jahr ausscheidet. "Übrigens verbrauchen wir zu viel Wasser für unsere Hygiene. In Linz sind es etwa 1,6 Millionen Liter pro Tag", sagt Zinhobl.

Womit wir dort angekommen sind, wo sich die Traun mit der Donau vereint. Die Landeshauptstadt handelt das Thema Wasser bis 14. Oktober spielerisch-künstlerisch im Höhenrausch "Das andere Ufer" ab – mit Arbeiten, die gesellschaftspolitisch verankert und mitreißend sind, aber auch mit solchen, die an den Sinnen vorbeiplätschern.

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Der Linzer Höhenrausch steht im Zeichen des Wassers, mitreißend oder dahinplätschernd. Bild: Linz Tourismus/Josipovic

Nah am Strom befeuert die wuchtige Graffiti-Kunst der Hafen-Galerie die Schaulust, bevor uns die Donau abwärts einer Oase der Entspannung zuführt, in der das Wasser mit den Füßen getreten wird – im Sinne des Sebastian Kneipp. Im Curhaus Bad Kreuzen, dem 1. Zentrum für Traditionelle Europäische Medizin, werden Genuss-, Spiritualitäts- und Gesundheitssuchende nicht nur mit allen Wassern gewaschen. Aderlass, Kräuter und Wyda, das Yoga der Kelten, ergänzen das Paket für Leib und Seele.

Teuflischer Strudengau

Im nahen Grein treffen wir wieder auf die nichtschwimmenden Salzschiffer aus dem Salzkammergut, die den Strudengau fürchteten wie der Teufel das Weihwasser. "Für die Schifffahrt war das eine der gefährlichsten Stellen mit Strudeln und Stromschnellen", sagt Stadtführerin Christine Madlmayr. Mit Handelsrechten, Lotsendiensten und Schiffshandwerk verdienten sich die Greiner Bürger einst eine goldene Nase.

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Bei Grein lohnt die Wanderung durch die Stillensteinklamm. Bild: beli

Die Wohlhabenden durften sich ab 1791 dem Spiel im Stadttheater erfreuen, das heute als ältestes erhaltenes bürgerliches Bühnenhaus Österreichs gilt – mit Sperrsitzen, die nur mit Schlüsseln zu öffnen waren, und einer lediglich durch einen Vorhang getrennten Bedürfnisnische. Ohne Wasser, weil Plumpsklo.

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