"System am Rande des Zusammenbruchs": 24-Stunden-Betreuer schlagen Alarm
WIEN. Vertreter mehrere Organisationen fordern mehr Geld auch für die Betreuung daheim: Die noch nie valorisierte Förderung müsse erhöht und die Qualität über Boni gefördert werden.
Die Regierungspläne für die Pflegereform seien zwar zu begrüßen. Aber für die 24-Stunden-Betreuung gibt es nur vage Ankündigungen. Dabei komme dieses wichtige System mit der Teuerung an den Rand des Zusammenbruchs, warnten Vertreter mehrerer Organisationen Freitag in einer Pressekonferenz. Sie forderten mehr Geld auch für die Betreuung daheim: Die noch nie valorisierte Förderung müsse erhöht und die Qualität über Boni gefördert werden. Kosten würde das 220 Millionen Euro.
"Wir sind hier alternativlos"
Mit der Teuerungswelle werde der Druck, ins Heim zu gehen, immer größer - müssen die Betreuten bzw. ihre Familien doch für Kost, Logis und Fahrtkosten der Betreuerinnen sowie deren Honorare aufkommen. Heimplätze gibt es wegen des großen Personalmangels aber nicht genug. Und Heime sind - abgesehen davon, dass viele ältere Menschen daheim bleiben wollen - die teuerste Variante der Pflege. Es bestehe also "die ganz große Notwendigkeit, die 24-Stunden-Betreuung zu stärken, wir sind hier alternativlos", appellierte Caritas-Generalsekretärin Anna Parr.
Aktuell nehmen zwischen 25.000 und 30.000 Menschen die 24-Stunden-Betreuung in Anspruch (das sind rund fünf Prozent der Pflegegeldbezieher). 160.000 werden mit Unterstützung mobiler Dienste zu Hause gepflegt und 75.000 in Heimen. Für die 24-Stunden-Betreuung gibt die öffentliche Hand jährlich 160 Mio. Euro aus, nämlich 550 Euro Förderung monatlich für 25.000 Menschen. Seit der Einführung vor 15 Jahren wurde dies nie valorisiert. Der reale Wert sank also auf 423 Euro.
Oberösterreich Hilfe bald nicht mehr leistbar
"Dieser politische Skandal gehört beseitigt", verlangte Hilfswerk-Geschäftsführerin Elisabeth Anselm. Mit der jetzigen Teuerungswelle sei die 24-Stunden-Hilfe für viele bald nicht mehr leistbar, es gebe schon erste Vertragskündigungen, berichtete Parr - und verlangte auch eine Inflationsanpassung des Pflegegeldes.
Das zweite große Anliegen der Organisationen ist die Qualitätssicherung. 2019 erstellte das Sozialministerium Richtlinien, der Verein zur Förderung der Qualität in der Betreuung älterer Menschen - ÖQZ-24 setzt das Programm um. Rund ein Drittel der Betreuten nimmt mittlerweile eine der 40 (von einigen 100) zertifizierten Vermittlungsagenturen in Anspruch, berichtete ÖQZ-24-Geschäftsführer Johannes Wallner. Diese Agenturen achten auf faire Honorare, Einhaltung von Qualitätskriterien, bieten Pflege-Fachunterstützung (Betreuerinner sind in der Regel "nur" Heimhilfen) und Unterstützung auch in Notfällen.
Bonussystem gefordert
Die Kosten für Qualitätssicherung sind mit der Basisförderung nicht finanzierbar. Sie treffen letztlich die Betreuten bzw. ihre Familien selbst - und da kostet etwa ein Besuch durch eine Pflegefachkraft 65 Euro. Die Initiative fordert deshalb ein Bonussystem: 325 bis 550 Euro (je nach Pflegestufe) Fairnessbonus sollte es für Betreute geben, die bereit sind, ein Mindesthonorar zu zahlen - und 250 bis 430 Euro Qualitätsbonus für die Kosten von Fachpflege und Qualitätssicherung. In Summe wären das, samt Erhöhung der Basisförderung, rund 220 Mio. Euro mehr für die 24-Stunden-Pflege.
"Darf nicht den Reichen vorbehalten sein"
Im Pflegereform-Konzept wurde vage eine Valorisierung in Aussicht gestellt, von Qualitätssicherung ist dort nicht Rede - aber sie steht im Regierungsprogramm, betonte Karin Hamminger (Agentur Pflegegruppe). Qualität koste freilich Geld, aber qualitätsvolle Betreuung "darf nicht nur Wohlhabenden vorbehalten sein". Dass die 24-Stunden-Betreuung ein sehr wichtiger Bestandteil des Systems ist, habe die Pandemie gezeigt, merkte die Betreuerin Bibiána Kudziová an - und man habe sehen können, dass es die sicherste Betreuungsform ist, stellte Mario Tasotti von "LebensWerte Seniorenbetreuung" fest.
Video: Was sagen Experten zur Pflegereform? Elisabeth Potzmann (Präsidentin des Gesundheits- und Krankenpflegeverbands) und Martin Nagl-Cupal (Vorstand Institut für Pflegewissenschaften, Universität Wien) sprechen im "ZIB 2"-Interview über das am Donnerstag von der Regierung vorgestellte Paket.
Nicht wenige ausländische Pflegerinnen werden von den Angehörigen und Pflegebedürftigen wie Sklaven gehalten. Schlechte Bezahlung, ständiges Feilschen um niedrigere Tarife, die billigste Versicherung, viele Tätigkeiten, die die Kompetenzen weit überschreiten, ein altes Kämmerlein zum Leben, Mittagspause zur Unzeit im Nirgendwo , usw. Man hat fast den Eindruck, die Politik will da gar nicht hinschauen und die Alternative Heim gibst nur ab Pflegestufe 4. Alleine zu wohnen ist also ein Privileg, dass sich sicher keine Mindestrentner leisten können. Bleibt zu hoffen, dass es nicht wieder zu Zuständen wie in früheren Zeiten, Stichwort Armenhäuser kommt.
Und das bei Hunderttausenden Fachkräften.
Ein Volk erkennt man daran, wie es
mit ihren Alten umgeht,
sagt alles aus!
Das Problem ist, dass abgehalfterte Politiker es sich leisten können, in Superluxusresidenzen zu wohnen, und so keinerlei Ahnung haben, was normales Pflegepersonal leisten muss.