Neuneinhalb Jahre Haft für den tödlichen Messerangriff in Chemnitz
DRESDEN. Knapp ein Jahr nach dem tödlichen Messerangriff auf den Deutsch-Kubaner Daniel H. in der sächsischen Stadt Chemnitz ist der 24 Jahre alte Angeklagte gestern zu neun Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt worden.
Das Landgericht Chemnitz sprach Alaa S. wegen Totschlags und gefährlicher Körperverletzung für schuldig. Die Verteidigung legt Rechtsmittel ein, das Urteil ist damit noch nicht rechtskräftig.
Die Kammer ist davon überzeugt, dass der Syrer am 26. August 2018 gemeinsam mit einem flüchtigen Iraker den 35-jährigen Daniel H. erstochen hat. Der mutmaßliche Mittäter ist weltweit zur Fahndung ausgeschrieben.
Die Verteidigung argumentierte hingegen, es gebe keine Beweise, dass Alaa S. die Tat tatsächlich begangen habe. "Für uns ist das mitnichten ein normales Verfahren", sagte Anwalt Frank Wilhelm Drücke. Er appellierte an die Kammer, sich bei der Urteilsfindung nicht von Forderungen aus Politik, Gesellschaft oder von einem "marodierenden Mob" beeinflussen zu lassen.
In der Folge der Messerattacke war es in der Stadt zu rassistisch motivierten Übergriffen und Demonstrationen mit rechtsextremen Äußerungen gekommen, die mehr als das Verbrechen selbst die internationale Aufmerksamkeit auf Chemnitz lenkten.
Der Streit um die Frage, ob es im Zuge dieser Übergriffe "Hetzjagden" auf Migranten gegeben habe, wurde auf deutscher Bundesebene sogar zur Zerreißprobe für die Große Koalition aus Union und SPD – und führte letztlich dazu, dass der damalige Chef des Bundesamts für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen, seinen Posten verlor.