Europa-Forum Wachau: Edi Rama kritisiert EU-Blockaden am Westbalkan
GÖTTWEIG. Der albanische Ministerpräsident Edi Rama und Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) haben auf dem Europa-Forum Wachau in Göttweig am Samstag eine eindrucksvolle Bilanz mit kritischen Tönen über den jüngsten EU-Gipfel gezogen.
Rama kleidete die Frustration Albaniens in harte Worte: Bulgarien habe die EU-Partner "in Geiselhaft genommen". Im Verhalten der Union in den Erweiterungsprozessen glaubt der albanische Premier "einen schurkenhaften Geist" zu erkennen. "Wir sind auf einem Scheideweg", fasste der albanische Politiker die Lage rund um den Ukraine-Krieg und die daraus resultierende Situation der Europäer zusammen. "Es tut mir aufrichtig leid um die EU", stelle er "mit etwas Bitterkeit" fest. Nachdem wieder kein Konsens zu einer Aufnahme von Beitrittsverhandlungen erzielt wurde, habe seine Delegation den Brüsseler Gipfel verlassen. Der NATO-Staat Bulgarien finde sich freilich in einer schwierigen Lage, räumte Rama ein. Kooperation müsse in der EU "zu einer Norm werden".
"Warten auf Godot"
Sarkastisch zitierte der albanische Premier das berühmte Werk "Warten auf Godot" von Samuel Beckett. Nordmazedonien habe bereits 17 Jahre Kandidatenstatus hinter sich, Albanien warte bereits seit acht Jahren auf die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen.
Der Balkan befinde sich generell geografisch in einer besonderen Lage, fasste Rama seine Ausführungen zusammen. "Österreich versteht das, andere Staaten Europas nicht." Mit einer ironischen Note fügte der albanische Regierungschef hinzu: "Wir auf dem Balkan produzieren mehr Geschichte als wir verdauen können." Auch die Sprachenvielfalt spiele auf dem Balkan ihre Rolle. "Wir sind offene, aber auch verrückte Menschen." Diese humorvolle Aussage mündete in die ernsten Worte: "Wir sollten zusammenstehen."
Nehammer: "Prozess in Gang setzen"
Bundeskanzler Nehammer sprach seinerseits die Enttäuschung an, die sein Amtskollege Rama im EU-Rat artikulierte, als dort wieder keine Aufnahme von Beitrittsverhandlungen beschlossen wurde. Die Frustration der betroffenen Staaten sei groß. Doch zumindest hätten Nordmazedonien und Bulgarien danach zu einem Kompromiss gefunden. "Es ist unsere Verpflichtung, diesen Prozess endlich in Gang zu setzen." Unter Hinweis auf den Bosnien-Krieg warnte Nehammer davor, dass sich dort die Feindseligkeiten wiederholen könnten.
Der Kanzler erinnerte an die gemeinsame Geschichte Österreichs und des Balkans. Als Innenminister habe er in Sarajewo die Denkmäler aller großen Religionen kennengelernt. Österreich habe auch die Eigenständigkeit Albaniens gefördert. Kritische Worte Nehammers zur Geschichte folgten: Österreich habe im Laufe seiner Geschichte "viel Größe erlebt, doch im letzten Jahrhundert auch viel Schuld auf sich geladen".
In der nahen Zukunft muss sich Europa allerdings auch auf neue Herausforderungen einstellen. Der Bundeskanzler warnte vor der wirtschaftlichen Konkurrenz von Akteuren außerhalb Europas auf dem Balkan, vor allem Chinas, das etwa in Infrastrukturprojekten im Kosovo fest verankert sei. Es gelte auch, die Netzwerke der organisierten Kriminalität, die in der Region verwurzelt ist, gemeinsam zu bekämpfen. Nehammer schloss dennoch mit den positiven Worten: "Heute sind wir stärker, Krisen in der EU gemeinsam zu bewältigen."
Im Erweiterungsprozessen glaubt der albanische Premier "einen schurkenhaften Geist" zu erkennen, das erkennt nur einer, der diese Spezialität zur Perfektion im eigenen Land laufend ausübt. Ein Land, das sich Jahrzehnte nur in einem Partisanenkrieg behaupten konnte. In diesem Politsystem ist Nehammer nur eine billige Beute.
Im Erweiterungsprozessen glaubt der albanische Premier "einen schurkenhaften Geist" zu erkennen, das erkennt nur einer, die diese Spezialität zur Perfektion im eigenen Land laufend ausübt. Ein Land, das sich Jahrzehnte nur in einem Partisanenkrieg behaupten konnte.
Ich bin auf jeden Fall dafür, dass europäische Länder in die EU aufgenommen werden, wenn sie es wollen und bereit sind die europäische Idee mitzutragen.
Es gibt Stimmen, die behaupten, dass die EU derzeit keine weitern Länder verkraftet. Da kann man auf drei Arten reagieren:
1. Man nimmt keine weiteren Länder auf.
2. Man nimmt die Länder auf und belastet die EU mit dem entstehenden Chaos.
3. Man ändert die Regeln, sodass die unterschiedlichen Mentalitäten nicht zu weiteren Konflikten führen.
Gemeinsamkeit dort, wo Gemeinsamkeit von Vorteil ist. Eigene Wege dort, wo die Voraussetzungen so verschieden sind, dass Gemeinsamkeit zu einer zu großen Last wird - für die EU oder für die einzelnen Länder.