Nach Putschversuch: Lebenslange Haft für 337 Angeklagte
ANKARA. Mehr als vier Jahre nach dem Putschversuch in der Türkei hat ein Gericht in der Hauptstadt Ankara Urteile gegen Hunderte Beteiligte gefällt.
Insgesamt seien in dem Hauptverfahren 472 Menschen angeklagt, darunter auch Anführer, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu. Das Gericht sprach unter anderem wegen "Umsturzversuchs", "Attentats auf den Präsidenten" und "vorsätzlicher Tötung" Strafen von bis zu 79-facher lebenslänglicher Haft unter erschwerten Bedingungen aus. Die verschärfte lebenslange Freiheitsstrafe, die strengere Haftbedingungen beinhaltet, ersetzt die 2004 abgeschaffte Todesstrafe in der Türkei.
Unter den Verurteilten seien hochrangige Militärs, Piloten und Zivilisten. Sie alle seien rund um den Luftwaffenstützpunkt Akinci an der Putschnacht beteiligt gewesen, hieß es. Von dort aus wurde dieser geleitet.
Am Abend des 15. Juli 2016 hatten Teile des Militärs gegen die Regierung Erdogan geputscht. In Istanbul und der Hauptstadt Ankara gab es Gefechte zwischen Putschisten und staatstreuen Sicherheitskräften. Die Putschisten setzten Panzer und Kampfjets ein und feuerten unter anderem auf Zivilisten, die sich ihnen entgegenstellten und damit einem Aufruf Erdogans folgten. Auch das Parlamentsgebäude in Ankara wurde beschossen. Der Luftwaffenstützpunkt Akinci in der Nähe der Hauptstadt war dabei eine wichtige Basis der Umstürzler. Mehr als 250 Menschen wurden getötet. Der Aufstand wurde niedergeschlagen.
Gülen für Putsch verantwortlich?
Höchststrafen erhielten etwa Piloten, die in der Nacht das Parlament und das Polizeihauptquartier bombardiert haben sollen. Auch vier Männer, die dem Gericht nach ein Attentat auf den Präsidenten geplant hatten, wurden zu 79-facher lebenslanger Haft verurteilt. Insgesamt seien 337 Menschen zu lebenslangen Haftstrafen verurteilt worden. 60 weitere erhielten Gefängnisstrafen von sechs bis 17 Jahren. Es gab 75 Freisprüche.
Die Türkei macht den in den USA lebenden Prediger Fethullah Gülen für den Putschversuch verantwortlich. Gülen weist das zurück. Innenminister Süleyman Soylu sagte, dass bisher 292.000 Menschen in Einsätzen gegen die Gülen-Bewegung festgenommen wurden.