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Kuh-Urteil: Gericht sieht Mitschuld des Opfers

Von Robert Stammler, 27. August 2019, 10:29 Uhr
Kuh auf der Weide Alm
(Symbolfoto) Bild: Weihbold

INNSBRUCK. Das Oberlandesgericht Innsbruck (OLG) hat der Berufung des Landwirts gegen das erstinstanzliche Urteil nach einer tödlichen Kuh-Attacke im Tiroler Pinnistal im Jahr 2014 teilweise recht gegeben. Der Witwer als auch der Landwirt kündigten daraufhin an, beim Obersten Gerichtshof Revision einbringen zu wollen.

Dem Landwirt wäre eine 500 Meter lange Einzäunung seiner Weide, auf der Mutterkühe grasen, zumutbar gewesen. Die getötete Wanderin hätte wissen müssen, dass die Rinder eine Gefahr für ihren Hund und damit für sie selbst darstellten. Mit einem salomonischen Urteil hat das Oberlandesgericht als zweite Instanz über die tödliche Kuhattacke im Tiroler Pinnistal entschieden und ein „gleichteiliges Verschulden“ des Bauern und der Touristin festgestellt.

Das bedeutet: Die Entschädigungen, die der Landwirt dem Witwer und dem Sohn der Deutschen zahlen muss, halbieren sich. Von insgesamt ca. 155.000 Euro auf nur noch rund 78.000 Euro. Ebenso halbieren sich die monatlichen Rentenzahlungen: von rund 1500 Euro monatlich auf rund 780 Euro. Der gesamte Streitwert des Prozesses lag bei rund 490.000 Euro. Das OLG gab der Berufung des Landwirts damit teilweise recht, betonte aber einmal mehr, dass dieser seine zumutbaren Sorgfaltspflichten als Halter von Weidekühen vernachlässigt habe.
Denn in der Berufung hatte der Landwirt argumentiert, ihn treffe gar keine Schuld am Tod der Wanderin. Er werde daher eine außerordentliche Revision beim Obersten Gerichtshof einbringen, kündigte Ewald Jenewein, der Anwalt des Bauern an. Er bezeichnete das OLG-Urteil als „deutliche Besserung“, sein Mandant bleibe aber dabei, die Kühe fachgerecht gehalten zu haben. Auch der Vertreter der deutschen Familie teilte mit, den OGH mit dem Fall zu befassen.

Weil sich im Bereich der Unfallstelle auch ein gut frequentiertes Gasthaus befindet, sei das Aufstellen einer Warntafel („Mutterkühe schützen ihre Kälber – Betreten und Mitführen von Hunden auf eigene Gefahr“) nicht ausreichend gewesen, hielt das OLG fest. Der Landwirt hätte den „neuralgischen Teil“ des Pinnisweges einzäunen müssen, und dies wäre auch zumutbar gewesen. „Der Landwirt hat bereits 2014 überall dort Zäune aufgestellt, so es für seine Almwirtschaft zweckmäßig ist“, heißt es im Urteil. Er habe etwa Einzäunungen vorgenommen, um zu verhindern, dass fremdes Weidevieh in sein Gebiet eindringen könne. Das Gericht schätzte die jährlichen Materialkosten für den 500 Meter langen Zaun auf 200 Euro, den jährlichen Arbeitsaufwand auf zwei Tage.
„Sorglose“ Aktion der Wanderin

Die Touristin hingegen habe das Warnschild offenbar nicht beachtet, denn sie sei in einem Abstand von einem bis zwei Metern mit ihrem angeleinten Hund an den Mutterkühen vorbeigegangen. „Diese Vorgehensweise ist als Sorglosigkeit zu werten und begründet ein maßgebliches Mitverschulden.“

Das Ersturteil hatte einen Aufschrei von Landwirtschaftsfunktionären zur Folge. Von einem „Ende“ der Almbewirtschaftung war die Rede. Tirols Landeshauptmann Günther Platter (VP) kündigte eine Versicherung für Almbauern an. Der Nationalrat beschloss eine Novelle des Tierhalter-Paragrafen, mit dem Wanderer auf Almen in die Pflicht genommen werden. Die Bundesregierung präsentierte das Aktionspaket „Sichere Almen“ mit Verhaltensregeln für Almbesucher.

Video: Auch OÖN-TV hat sich am Dienstag mit dem Urteil beschäftigt

„Gutes Miteinander von Almwirtschaft und Tourismus“

„Das neue Urteil bestätigt unsere Haltung, dass der Landwirt an dem Unfall nicht alleine die Schuld tragen kann“, reagiert Michaela Langer-Weninger, die oberösterreichische Landwirtschaftskammer-Präsidentin, auf die Entscheidung des Oberlandesgerichts Innsbruck. Rechtssicherheit für den betroffenen Landwirt gebe es zwar noch nicht, „weil immer noch erhebliche Zahlungen im Raum stehen.“ Es sei aber ein „gutes Zeichen“, dass die Eigenverantwortung von Almbesuchern auch eingefordert werde.

Das Ersturteil habe bei den Almbauern hingegen „viel Verunsicherung“ ausgelöst, sagt Langer-Weninger. Viele hätten sich gefragt, ob sie die Wanderwege, die durch ihren Grund und Boden führen, nun zusperren müssen. „Das kann aber nicht unser Weg sein, den wir für Oberösterreich, auch für den Tourismus wollen.“ Information und Eigenverantwortung der Besucher seien entscheidend für ein gutes Miteinander, sagt die Präsidentin.

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Autor
Robert Stammler
Redakteur Land und Leute
Robert Stammler
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