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Franz Brunner: Von Reiselust und Reisefrust

19. Mai 2020, 10:22 Uhr
Franz Brunner
Franz Brunner

STEYR. Heute träumt Franz Brunner vom Reisen, von nahe Zielen und Lieblingsnachbarn. Donnerstags folgt ihm wieder Astrid Miglar mit ihrer Schreibe.

Von Reiselust und Reisefrust

Es gibt wenige Dinge, die der Mensch mehr scheut, ja geradezu fürchtet, als Veränderung. Wenn dieses "Neue" zudem mit Einschränkungen verbunden ist, dann ist nicht selten Aufruhr angesagt. VerENDErung bedeutet vielfach das Ende liebgewonnener Verhaltensweisen und erzeugt zunächst einmal Widerstand. Diese Weisheit ist nicht neu und schon gar nicht von mir, sie ist allerdings wissenschaftlich hinlänglich untersucht und belegt. Wir sind gerade mittendrin in einer Phase, wo sich vieles verändert hat und sich noch viel mehr ändern wird, manches davon dauerhaft. Die Verbesserung von Luft- und Wasserqualität wird wohl nicht dazuzählen, die putzigen Delfine sind sicher nur auf Kurzbesuch in Venedig und werden ehestmöglich wieder durch die weniger putzigen Kreuzfahrtschiffe ersetzt. Für den Umgang mit neuen Situationen, aktuell mit den Auswirkungen der COVID-Krise, findet man derzeit in den Medien jede Menge Ratschläge. Psychologen und Therapeuten aller Kategorien überschlagen sich mit ungeheurem Elan, uns mit gutgemeinten Vorschlägen durch die schwere Zeit zu lotsen. Nicht alle diese Tipps sind wirklich nützlich, aber auch nicht allesamt schlecht oder gar stumpfsinnig, wenn man von jenen des Blondls im Weißen Haus absieht. Einige wirken aber doch sehr verwegen. Zum Beispiel der mit der Reflexion. Wenn etwa die besorgte Ehefrau ihrem gelangweilten Angetrauten vorschlägt, "Du Schatz, wir müssen reflektieren", so klingt das für manche Mitbürger wie die bedrohliche Ankündigung "Achtung, die Finanzprüfung kommt." Wenig überraschend ist hier vereinzelt mit Panikstimmung zu rechnen. Wie aber ist das bei der Selbstreflexion, für welche die Experten gerade jetzt einen guten Zeitpunkt sehen? Man(n) und/oder Frau sitzt zuhause, ist total entschleunigt und sinniert über Neues. Und schon ist es wieder da, das Phänomen. Neu bedeutet Veränderung bedeutet Widerstand. Grundsätzlich ja nichts Schlechtes, weil es gleichzeitig zum kreativen Denken anregt. Meine persönliche Selbstreflexion erstreckt sich derzeit auch auf meine Urlaubspläne und meine Einstellung zu den europäischen Nachbarn. Ganz besonders zu jenen im Norden.

 

Es sieht tatsächlich danach aus, als könnten wir heuer vor dem Einfall unserer Lieblingsnachbarn weitgehend verschont bleiben, sie kommen in diesem Sommer nicht. Das klingt beinahe wie „Dieses Jahr gibt es keine Gelsen, die fallen aus.“ Na, das ist ja mal eine gute Nachricht. Stimmt nicht, meinen Sie? Sie haben völlig recht, denn wer hätte jemals geglaubt, dass wir uns, vor allem die Gastronomie und Hotellerie, auf die Germanen derart freuen würden. An dieser Stelle habe ich leider ein Déjà-vu. Es begab sich zu einer Zeit, wo es noch den Österreichischen Schilling und die Deutsche Mark gab. Zwei junge Pärchen fuhren in freudiger Erwartung eines Kurzurlaubs nach Kärnten, zwei Zimmer an einem See sollten es sein. An welchem, ist nicht von Bedeutung, die Thematik ist See-übergreifend. Das grüne Täfelchen an einer ansprechenden Pension ließ hoffen: hier könnte es was werden. Höflich nachgefragt kam die weniger höfliche Antwort: „Ja, zwei Zimmer wären frei, aber mit der Vergabe warten wir ein bisschen zu, vielleicht kommen noch deutsche Gäste.“ Bumm! Schon war es da, das Kärnten-Trauma. Und in diesen Tagen kriecht es wieder aus der hintersten Ecke meines Gedächtnisses hervor. Für jene, die sich nicht mehr erinnern: zur Zeit dieses Vorfalls waren in manchen Gaststätten nördlich von Slowenien die Preise in D-Mark und nicht in Schilling angeschrieben. Herrn und Frau Österreicher wird seitens der Regierung gerade eindringlich nahegelegt, heuer den Urlaub aus Loyalität im eigenen Land zu verbringen. Versuchen sie das aber, so können sie oft nicht buchen, weil offiziell keine Stornierungen vorliegen und die deutschen Urlaubswilligen vielleicht doch noch frei reisen dürfen. Na, wenn das mal kein Déjà-vu ist. Ist es ganz und gar nicht, denn es passiert mir ja tatsächlich zum zweiten Mal, dass man als Österreicher das Nachsehen hat. Und wenn dann ein Kärntner Hotelier mit leidender Miene im Fernsehen jammert, dass ihm durch die Reisebeschränkung bei den Reiseweltmeistern die Geschäftsgrundlage entzogen wird, wo doch die Deutschen seine Lieblingsgäste und wir Österreicher demnach nur Lückenbüßer sind, wie soll man da als zahlungswilliger Patriot Mitleid oder gar Sehnsucht nach Kärnten verspüren? Also an mir hat’s der Herr Hoteldirektor nicht geschafft. Ich liebe mein Oberösterreich und glaube fest daran, dass ich da auch erwünscht bin. Bitte, liebe heimische Touristiker, beweist mir nicht das Gegenteil.

Mehr Texte unter www.franzbrunner.at

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