Menschenrechtsschulungen für die Polizei im Hitler-Geburtshaus
BRAUNAU. Das Haus, dessen Nutzung kontrovers diskutiert wird, soll ab Herbst 2023 umgestaltet und zur Polizeistation werden.
Die Debatte über die Nutzung des Geburtshauses von Adolf Hitler in Braunau geht in die nächste Runde. Nachdem die Braunauer Initiative "Diskurs Hitler-Haus" eine Meinungsumfrage präsentiert hatte, wonach sich unter 1000 Bürgern eine Mehrheit für die Schaffung einer Gedenkeinrichtung für Antifaschismus, Toleranz und Frieden und gegen die vom Innenministerium forcierte "Neutralisierung" des Gebäudes ausspricht, ergriffen gestern Mitglieder der ministeriellen Expertenkommission das Wort.
Es gehe weiterhin darum, mit einer Neugestaltung den "Wiedererkennungswert" und die "Attraktivität" des Hauses als Tourismusort für Neonazis zu "brechen", sagte der Historiker Oliver Rathkolb. Wie berichtet, plant das Innenministerium deshalb, das Haus in eine Polizeistation umzubauen. Beherbergt werden sollen dort die Polizeiinspektion Braunau und das Bezirkspolizeikommando. Die Umbauarbeiten sollen heuer im Herbst beginnen und 2025 abgeschlossen sein. Der Einzug sei für 2026 geplant, hieß es am Dienstag.
Die Gesamtnutzfläche beträgt etwa 4000 Quadratmeter, ausreichend Platz, um auch Seminarräume unterzubringen. Die Polizei wolle dort auch Menschenrechtsschulungen für Polizisten aus ganz Österreich anbieten, hieß es gestern.
Seit Jahren Teil der Ausbildung
Die Wahrung von Menschenrechten sei seit Jahren fixer Bestandteil der polizeilichen Grundausbildung, sagte etwa David Furtner von der Landespolizeidirektion Oberösterreich. "Wir müssen bei Amtshandlungen ja in Menschenrechte eingreifen und dabei stets verhältnismäßig handeln." Die Polizei sei "Garant" für die Einhaltung der Menschenrechte. Auch NGOs, wie die "Anti-Defamation League", die Fortbildungskurse für Polizisten zum Thema "Vorurteile" anbieten, sollen künftig die Möglichkeit haben, in Braunau zu referieren.
Kommissionsmitglied Rathkolb kritisierte, dass in der besagten Meinungsumfrage nicht nach der menschenrechtlichen Nutzung gefragt worden sei, die Fragestellung sei "zu knapp formuliert" gewesen. Beheimate man eine Bildungseinrichtung zum Thema Nationalsozialismus im Haus, sei das ein "Spielen mit dem Mythos Hitler", wieder stünde dann die Nazi-Diktatur im Zentrum der Auseinandersetzungen. Ein Abriss des Gebäudes sei juristisch wegen des Enteignungsgesetzes nicht möglich, sagte Mathias Vogl, Chef der Sektion III (Recht) im Innenministerium, und zudem ein "No-Go". Ein Schleifen des Hauses würde international als Verweigerung Österreichs, sich mit der eigenen Vergangenheit auseinanderzusetzen, aufgefasst werden.
Der Mahnstein bleibt
Ein Stein des Anstoßes bleibt aber der Mahnstein mit der Aufschrift "Für Frieden, Freiheit und Demokratie – Nie wieder Faschismus – Millionen Tote mahnen". Der Braunauer Gemeinderat hat – entgegen der ministeriellen Expertenkommission – beschlossen, dass der Stein dort stehen bleiben soll. Das Ministerium wollte das Mahnmal in ein Museum stellen lassen.
Das Gebäude wurde bis 2011 von der Lebenshilfe genutzt und stand danach leer. Nach gescheiterten Verhandlungen mit der Eigentümerin über einen Verkauf wurde diese 2016 enteignet. Seither wurden Überlegungen angestellt, wie die Republik mit dem Hitlerhaus umgehen soll.
Der Umbau zur Polizeistation wurde durch die Corona-Pandemie verzögert, was die Diskussion über künftige Nutzungsmöglichkeiten wieder entfachte. Die geplanten Kosten für einen Umbau sind inzwischen in die Höhe geschnellt: von ursprünglich fünf Millionen auf 20 Millionen Euro. Die Teuerung und der Krieg in der Ukraine wurden als Gründe dafür genannt.
"Hitler-Haus: Was nun?": Unter diesem Titel findet am Freitag ab elf Uhr Vormittag im Presseclub in Linz eine hochkarätig besetzte, öffentliche Diskussionsrunde statt. Auf dem Podium nehmen der Braunauer Bürgermeister Johannes Waidbacher, Schriftsteller Ludwig Laher, Laura Langeder vom Haus der Geschichte Österreich, Künstlerin Anna Paul und der Historiker Florian Kotanko Platz. Auch Landespolizeidirektor Andreas Pilsl und Sektionschef Mathias Vogl vom Innenministerium sind eingeladen.
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