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Gemischte Gefühle beim Besuch in der alten Heimat

Von Annette Gantner, 08. November 2018, 00:04 Uhr
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Shefy: Mutig mit zwölf Jahren Bild: (OÖN)

WIEN. 135 Überlebende der Shoah und Verwandte sind auf Einladung der Republik Österreich in Wien.

Bei seinem Israelbesuch im Juni hatte Bundeskanzler Sebastian Kurz die Überlebenden der Shoah nach Österreich eingeladen. Jeder konnte einen Verwandten oder Freund mitnehmen, insgesamt 135 Personen sind derzeit in Wien, um ihre alte Heimat zu besuchen. Der älteste Überlebende ist 99 Jahre alt, zu den Jüngsten zählt eine Frau, die im August 1944 geboren wurde und deren Eltern sich monatelang im Bunker versteckten.

Dan Shefy liest interessiert eine österreichische Tageszeitung, als der Bus mit der Tour durch Wien beginnt. Er war zwölf Jahre alt, als Hitler in Österreich einmarschierte. "Ich bin vom Pingpongspielen zurückgekommen, als ich eine große Menschenmenge auf der Josefstädter Straße gesehen habe", erinnert er sich in fließendem Deutsch. Er sei geschockt gewesen, als er seine Mutter entdeckte, die mit einer Bürste das Trottoir putzen musste. Hilfesuchend sei er zu seinen Nachbarn, doch weder der Oberst noch die Zahnärztin, die bisher stets freundlich zur Familie gewesen seien, hätten ihm geholfen. "Ich weiß nicht, woher ich meinen Mut genommen habe", blickt er zurück. Er sei zu ihr hin und habe gesagt "Mutti, komm, wir gehen." Sie sei aufgestanden und ihm gefolgt, passiert sei ihnen nichts.

Der Vater war ein Kinobetreiber, die Nazis sperrten die Konten. Anfangs wollte die Familie in Wien bleiben, ein Jahr später flüchtete sie nach Haifa. Die Briten wollten sie nach Mauritius weiterschicken, doch das Schiff sank. 1947 kamen seine Eltern nochmals nach Österreich zurück, erzählt Shefy, der seinen Namen geändert hat. Doch in Österreich fühlten sie sich nicht mehr wohl, sie zogen in die USA.

"Wie kannst du wieder wo leben wollen, wo du das Schlimmste warst?", fragt er. Er erinnert an die Propaganda der Nazis: Den Leuten wurde erzählt, dass die Juden zum Pessach-Fest das Blut christlicher Kinder trinken. Er habe sich als Bub gefragt, ob das stimme. "Dabei schmeckt das Blut von Christen gar nicht", witzelt er.

Der 92-Jährige kam immer wieder zurück, um in Tirol Schifahren zu gehen. Die Rezeptionistin im Hotel riet ihm Mitte der 50er noch, nicht laut zu sagen, dass er Jude ist.

Als der Bus den Prater passiert, beginnt er, das Lied vom Ringelspiel zu singen. Zwei Wünsche will er sich in Wien erfüllen: Germknödel und Zwiebelrostbraten essen.

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3  Kommentare
3  Kommentare
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rmach (15.524 Kommentare)
am 08.11.2018 14:17

Ich stamme aus einer Familie, die in dieser Zeit politisch verfolgt wurde. Tod im Lager bzw. sofortige Exekution, oder andere Methoden, die gegenüber meinen Vorfahren angewandt wurden, haben mich in Österreich die gesamten letzten 70 Jahre mit gemischten Gefühlen erleben lassen.
Ich frage mich sogar bei einer normalen Verkehrskontrolle sofort: "Wer von denen, würde jede Art von Pflicht erfüllen?"
Die Veröffentlichung der Vorkommnisse in der DDR, haben mir gezeigt, dass die Menschen unter jedem Regime zur Unmenschlichkeit bereit sind.
Ich werde meine gemischten Gefühle deshalb nicht los werden. Vor allem deshalb, weil ich nie verzeihen werde, da das Verzeihen sofort wieder zur Neuauflage der Verbrechen führt.

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Elser (259 Kommentare)
am 08.11.2018 11:41

Das wird für mich immer eines der größten Rätsel der Menschheit sein.
Seit tausenden von Jahren ist es immer wieder dasselbe.
Einer Gruppe von Agitatoren gelingt es mit den einfachsten Mitteln innerhalb von
Jahren eine Bevölkerung in den kompletten geistigen und realen Blutrausch zu versetzen.
Am Ende kommen dann alle drauf das es eigentlich der komplette Wahnsinn war, aber gleichzeitig beim nächsten „der ist der Schuldige“ schon wieder auf den Barrikaden zu sein.

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jago (57.723 Kommentare)
am 08.11.2018 12:37

Doch, das geht: Mit Gier, Angst und Rudel.

Fast immer ist ein neues Medium beteiligt, zB. Buchdruck, Zeitung, Radio, Fernsehen, Facebook. Das ermöglicht das Verbreiten der Einbildung von der "letzten Wahrheit".

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