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"Das werden Sie nicht erleben!"

Von Helmut Atteneder, 23. März 2019, 00:04 Uhr
"Das werden Sie nicht erleben!"
Ein großer Ballon, bestückt mit 50 kleinen Ballons – Erinnerungen an die erste Klangwolke am 18. September 1979 Bild: OÖN

Walter Haupt ist der maßgebliche – und anfangs sehr umstrittene – Begründer der Linzer Klangwolke. Jetzt kehrt der 84-jährige Klangarchitekt als Komponist nach Linz zurück.

Er kam in friedlicher Mission und wurde um ein Haar gleich wieder von der eingefleischten heimischen Bruckner-Gemeinde verjagt. Die OÖNachrichten fragten in ihrer Ausgabe vom 18. September 1979: "Ist es Klangterror?", eine "weitere Grablegung des Komponisten Anton Bruckner?"

Der Münchner Komponist, Experimentalmusiker und einstige Laser-Pionier Walter Haupt brachte vor bald 40 Jahren den Linzern die Klangwolke. 100.000 Menschen kamen damals – viele waren begeistert, nicht wenige entsetzt. Aus dem angekündigten Skandal und der befürchteten Grabschändung des Genius Loci wurde ein farbenfrohes Musikspektakel, das die Massen mit einem niederschwelligen Klassik-Angebot in den Linzer Donaupark lockte.

Jetzt ist Walter Haupt wieder in Linz. Er komponierte die Musik zum Tanzstück "Marie Antoinette", das unter Mei Hong Lin am Samstag, 19.30 Uhr, im Musiktheater uraufgeführt wird.

 

OÖNachrichten: Herr Haupt, Sie sind so etwas wie der geistige Vater der Linzer Klangwolke. Wie war das vor bald 40 Jahren?

Walter Haupt: Als Komponist war ich an neuen Klang- und Hörmöglichkeiten interessiert. Ich habe in den 1970ern "Musik einer Landschaft" komponiert und daraus in München meine erste Klangwolke gemacht. Ich habe in der Innenstadt alle Kirchtürme mit Lautsprechern bestückt – und München ist ja mit Kirchtürmen reich gesegnet – und auf dem Marienplatz eine riesige Orchesterformation dirigiert. Das war eine ganz tolle Wirkung. Mein väterlicher Mentor Carl Orff hat damals zu mir gesagt: "Es hat sich rentiert, dass ich so lange gelebt habe, um das noch miterleben zu dürfen, was ich da realisiert habe."

Ein Ritterschlag.

Da ging es dann los. Da kam der damalige ORF-Landesdirektor Johannes Leopoldseder zu mir und fragte: Kannst du dir vorstellen, dass du so etwas auch in Linz machst?

Warum haben Sie zugesagt?

Ich war vom Gelände im Donaupark begeistert. Noch dazu mit der Donau in der Mitte. Dann hieß es, in Linz sollte man eigentlich Bruckner machen. Da bin ich zurückgeschreckt. Ich kannte Bruckner natürlich sehr gut, aber ich hatte Angst, eine Komposition, die für den Konzertsaal gemacht ist, ins Freie zu transportieren. Ich habe die Partituren studiert und festgestellt, dass auch er eine räumliche Wirkung in seiner Musik gesucht hat. Wenn ich an das Scherzo seiner Achten denke, dieses pa pa para pa pa pam! Der hat sich auch schon mit diesen Dingen auseinandergesetzt. Da habe ich also Ja gesagt, aber Angst hatte ich schon. Dass da hunderttausend Menschen kamen, war eine große Überraschung. Und dann dieses unbeschreibliche Erlebnis! Man hörte die Symphonie ganz anders als im Konzertsaal.

Mit welchen Widerständen hatten Sie zu kämpfen?

Man hat natürlich den heiligen Bruckner gesehen, und dann geht der Münchner her, holt ihn aus dem Tabernakel-Konzertsaal heraus und setzt ihn für ganz normale Menschen und ein ganz profanes Publikum in die Landschaft. Da gab es schon heftige Widerstände. Ich habe die These vertreten, dass sich jeder Komponist wünscht, dass so viele Menschen wie möglich seine Musik hören wollen. Warum sollte das so schlimm sein?

Da braucht man eine dicke Haut.

Wenn ich eine Idee habe und die durchsetzen will, kann mich kaum jemand daran hindern. Da geh ich in die Vollen, und wenn ich es bis zum Gehtnichtmehr abkriege. Das war in Linz auch so, da wurden richtig empörte Drohungen ausgesprochen: "Das werden Sie nicht erleben, dass das da stattfindet!"

Das Experiment zieht sich durch Ihre Karriere wie ein roter Faden. Was geht in Ihrem Kopf vor, was macht Sie zum Vordenker?

Ich bin einfach ein neugieriger Mensch. Furchtbar neugierig. Auch mit meinen 84 Jahren. Ich habe jetzt mit "Marie Antoinette" für das Musiktheater eine riesige Musik für großes Orchester geschrieben. Da habe ich so viel daraus gelernt, dass ich jetzt unbedingt wieder etwas muss. Es geht gar nicht anders. Man lernt so viel, dass man das Nächste einfach machen muss.

Was haben Sie bei dieser Komposition gelernt?

Ich habe viele neue Dinge ausprobiert. Das Orchester hat es nicht leicht. Es ist schwierig, was ich da gemacht habe. Wenn man als Komponist Neuland anstrebt, dann ist das eben so. Aber es gab keine Widerstände vom Orchester. Es ist halt ein sehr schwieriges Stück.

Wie ist die Zusammenarbeit mit Mei Hong Lin, der Leiterin der Tanzsparte am Landestheater?

Ich muss ehrlich sagen, so wie sie die Priorität in der Musik und die Dominanz in der Bewegung gesehen hat – das ist unwahrscheinlich. Ich hätte nichts anders machen wollen. Es passt einfach alles, das gibt es selten. Normalerweise kriegt man sich mit dem Choreografen zuerst einmal in die Haare. Nichts!

Sie wollten einmal Pfarrer werden?

Ich habe ernsthaft versucht, Theologie zu studieren. Ich war Ministrant und habe einen Jesuitenpater gekannt. Ich fühlte mich absolut berufen, Priester zu werden. Diese ganzen Pontifikalmessen, das war natürlich klerikales Theater. Ich habe also kurz studiert, dann bin ich sehr kritisch geworden. Ich habe erkannt, dass das ja auch alles nur Menschen sind. Ich dachte, wenn einer dieses Priesteramt übernimmt, dann wird er in Armut leben, damit er im nächsten Leben das Paradies in der Ewigkeit erreicht. Dabei habe ich festgestellt, die haben ja alle sehr gut gelebt. Die haben ja alle auf diese ganzen Gebote relativ wenig Rücksicht genommen.

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Autor
Helmut Atteneder
Redakteur Kultur
Helmut Atteneder
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