In der Landesbibliothek boomt das gedruckte Buch
Trotz E-Books und digitaler Lesegeräte verzeichnete die Institution 2018 mehr als 100.000 analoge Ausleihen
Jener Teil im Gehirn, der für Vorurteile zuständig ist, illustriert auch die Erwartungshaltung: Ein rüstiger Mann im Tweed-Sakko und eine ältere Frau mit Hut sitzen wie an Schultischen vertieft in ehrwürdige Erstausgaben. Dieses Bild trifft die Realität nicht im Entferntesten: In der Landesbibliothek schlendern literarische Streuner durch die Regalreihen mit Tageszeitungen, Magazinen und Neuerscheinungen aller Genres. Teenager mit Kopfhörern im Ohr stöbern im digitalen Katalog, und am Empfang fragt eine junge Frau nach einem empfehlenswerten Kochbuch fürs Silvester-Essen.
Bis zu 500 Besucher pro Tag
Die Kunden der Landesbibliothek könnten auch die Suchmaschinen auf ihren Handys befragen. Trotzdem schauen bis zu 500 Menschen pro Tag in dem von 2007 bis 2009 stilvoll renovierten Gebäude der "Neuen Sachlichkeit" am Linzer Schillerplatz 2 vorbei, weil sich die Institution rechtzeitig von der Entlehnungsstation für Bücher zum Raum der Begegnung vielfältigster Interessen mit Service-Charakter verändert hat.
"Es gibt kaum etwas, das die Leute bei uns nicht finden. Von wunderbaren mittelalterlichen Handschriften über Belletristik bis zu Reiseführern – mit dieser riesigen Bandbreite balancieren wir Moden und Tendenzen aus", sagt Renate Plöchl, seit 2016 Direktorin der Landesbibliothek und Chefin über 34 Mitarbeiter. Natürlich kann das pralle Angebot (600.000 Bücher, Zeitungen, Zeitschriften) auch digital gelesen und ausgeliehen werden, aber mehr als 100.000 Ausleihen gedruckter Bücher im laufenden Jahr spiegeln das analoge Bedürfnis der Leser nach Angreifen und Umblättern. Die Einbußen des Buchhandels, der 2018 ein Minus von rund 1,5 Prozent (Internhandel-Anteil: 18,8 Prozent) aufweist, schlagen sich hier nicht nieder – am Schillerplatz boomt das Buch.
"Viele Studierende kommen zu uns, weil es in ihren Instituten keine gedruckten Fachbücher mehr gibt. Wir bieten sie weiterhin an – und die Nachfrage ist groß", sagt Plöchl. Auch der Lese-Nachwuchs folgt dem kompletten Service, 2500 Schüler registrieren sich pro Jahr bei der Landesbibliothek.
Die eben neu installierte, cloud-basierte Bibliothekssoftware "Alma" wird der Landesbibliothek fortan die Inventarisierung und die Katalogisierung erleichtern, genauso wie die Zusammenarbeit mit Partnerinstitutionen.
Zugriffe aus 185 Ländern
Aus der Schatzkammer der Handschriften im zehn Meter unter der Erde liegenden Keller mit konstanter Temperatur von 20 Grad und 50 Prozent Luftfeuchtigkeit digitalisiert die Landesbibliothek ihren Bestand selbst. Ohne Handschuhe greift dort nicht einmal Julian Sagmeister, seit einem Jahr Plöchls Stellvertreter, nach den prachtvoll gestalteten Bänden aus dem Mittelalter. Plöchl: "Wir scannen die Werke nicht bloß ein und speichern sie, sondern wir erfassen auch eine Menge an Metadaten, die für die wissenschaftliche Forschung wichtig sind." Auf diese beträchtliche Datenbank wird bei 2,6 Millionen Seitenaufrufen pro Jahr aus 185 Ländern zugegriffen. "Und wenn ein finnischer Forscher ein Anliegen hat, dann digitalisieren wir, was er möchte, und schicken es zu", sagt Plöchl.
Auf kleinen Schienen werden die Bücher in weißen Metallboxen für die Kunden im Haus angeliefert. Das Zustellsystem stoppt an drei "Bahnhöfen". Den Besuchern stehen WLAN und mehrere Computer-Stationen zum kostenlosen Internet-Surfen zur Verfügung, und sogar Scannen ist gratis. Und wer sein Leihbuch zuhause auf der Landesbibliothek-Homepage ausgesucht hat, dem wird der Band von Montag bis Freitag im Raum "Selbstabholer" bereitgestellt.
2019 zelebriert die Landesbibliothek ihr 20-jähriges Bestehen. Wie üblich in dieser Institution, soll das Jubiläum vor allem ein Fest für die Kunden werden.
Herzliche Gratulation an die o.ö. Landesregierung
"Analoge Ausleihe"? Was für ein merkwürdiges Wortkonstrukt! Widersinnig, verfehlt!
Das Ausleihen findet immer "analog" bzw. direkt persönlich statt, was hier gemeint ist, würde man korrekt so formulieren: "Ausleihen von analogen (Informations-)Medien", nämlich von Büchern oder Zeitschriften oder Katalogen oder sonstigen gedruckten Werken.
Die Redakteure verhunzen die Begriffe und verdrehen deren Bedeutung in ihren Medien, um kürzere Sätze zu erhalten oder weil sie die Bedeutung von Begriffen nicht verstehen oder verstehen wollen.
Mit Kultur haben derlei Formulierungen meiner Meinung nach wenig zu tun.
Wer sollte die Redaktöre schon groß kontrollieren? Schlechtes Deutsch macht Schule - und es wird stets schlechter.
Egal, wie sehr wir uns darüber ärgern oder darauf hinweisen.
Da das "digitale Ausleihen" ein bekannter Terminus ist, erkenne ich keinen Grund, dass es nicht aus das "analoge Ausleihen" gibt.
Nun, sofern Sie meinen, eine Ausleihe sei stets analog, dann hat Sie der Zug der Zeit überrollt. Natürlich unterscheidet man längst zwischen digitaler und analoger Ausleihe. Solche Entwicklungen verpasst eben, wer sein Leben mit mehr als 20.000 Nörgler-Kommentaren in diesem Forum verplempert.