Ein Weltmeister als Vorturner
Fit bis ins hohe Alter: Gewichtheber Johann Anglberger macht in Lochen einer rüstigen Senioren-Truppe Beine.
Frühmorgens herrscht im Gesundheits- und Leistungszentrum in Lochen am See schon Hochbetrieb. Das liegt nicht nur daran, dass auch die Volksschule in der kleinen Innviertler Gemeinde im Gebäude integriert ist. Pünktlich jeden Dienstag und Donnerstag ist im Raum der 1967 gegründeten Gewichtheber-Sektion seit zwei Jahren auch eine Seniorengruppe sportlich aktiv.
"Ich habe nach einer Schulterverletzung vor einigen Jahren meine Hand nicht mehr hinter den Kopf gebracht. Das war für mich ein Alarmzeichen, dass es so nicht mehr weitergeht. Der Hans hat das dann gerichtet", sagt der 77-jährige Franz Mackinger. Mit Hans ist in diesem Falle Johann Anglberger gemeint. Ein drahtiger 1951er-Jahrgang und der "Vorturner" im Bunde. Der Lochener ist ein versierter Sportler. Im olympischen Gewichtheben erreichte er unzählige Meistertitel, bei Masters-Weltmeisterschaften erntete der 64-Jährige Goldmedaillen, der Schrank zuhause ist mit Auszeichnungen und Pokalen überfüllt.
Die trainierenden Senioren schätzen Hans nicht zuletzt wegen seiner Fachkenntnis. Stück für Stück gewann Mackinger etwa seine Mobilität zurück. "Meine Lebensqualität im Alltag hat sich durch Dehnen und simple Kräftigungsübungen enorm gesteigert", sagt Mackinger. Wie zum Beweis geht der rüstige Innviertler tief in die Hocke, um damit seine wiedergewonnene Beweglichkeit zu demonstrieren. Es sei nie zu spät, irgendetwas zu tun. "Wer nur darauf wartet, dass Ärzte oder andere für einen etwas richten, der hat verspielt", sagt Mackinger, der mit seiner Frau Maria wöchentlich in der Kraftkammer der Stemmer schwitzt.
Anglberger ergänzt: "Es ist ein relativ einfaches Rezept. Wer seinen Körper gut hegt und pflegt, wird lange eine Freude mit ihm haben." Er selbst ist dafür das beste Beispiel. In wenigen Tagen kämpft er bei den europäischen Titelkämpfen in Wales um Edelmetall in seiner Alters- und Gewichtsklasse mit. Wieder einmal in einer mittlerweile fünf Jahrzehnte umspannenden Karriere. "Dinge wie Kreuzweh oder Knieschmerzen kenne ich nicht. Das hat wohl damit zu tun, dass ich immer aktiv geblieben bin", sagt Anglberger.
Der in seiner Sportgruppe sogar den Ortschef schwitzen lässt. Auch Gemeindeoberhaupt Johann Schweiberer gehört der Gruppe an. "Ich fühle mich nach den Einheiten wie neugeboren", sagt der Bürgermeister. Überhaupt ist die Trainingsgemeinschaft meisterlich. "Karl Ries ist Elektromeister, Johann Dorfinger Konditormeister, Horst Kainzner Metzgermeister, dazu kommt noch Franz Unverdorben. Trainiert werden sie quasi von einem Weltmeister", sagt Anglberger schmunzelnd.
Die Lachmuskeln kommen bei der rüstigen Seniorentruppe ohnehin nicht zu kurz. "Für den Playboy werden die Fotos von uns aber nicht mehr reichen", sagt Mackinger, der unter anderem für die gute Stimmung zuständig ist. Und auch das ist längst wissenschaftlich erwiesen. Lachen ist ebenfalls gesund. Das gilt im übrigen für jede Altersgruppe.