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Der Berliner Mauer auf der Spur

Von Clemens Schuhmann, 24. Juni 2014, 00:04 Uhr
Der Berliner Mauer auf der Spur
Mit dem Fahrradtaxi vor dem Brandenburger Tor Bild: Schuhmann

Vor 25 Jahren, am späten Abend des 9. November 1989, fiel die Berliner Mauer. Das verhasste Bollwerk aus Beton ist fast aus dem Stadtbild verschwunden. Aber nicht ganz.

Nichts deutete an diesem 9. November 1989 bei der öden Pressekonferenz im internationalen Pressezentrum in der Mohrenstraße in Berlin darauf hin, dass sie schließlich der Auslöser für ein welthistorisches Ereignis sein würde: den Fall der Berliner Mauer.

Politbüro-Mitglied Günter Schabowski lullte die Journalisten mit seinem Parteisprech regelrecht ein. Erst als kurz vor 19 Uhr ein italienischer Journalist eine Frage zum neuen Reisegesetz stellte, spitzten die Reporter die Ohren. Nach einer längeren Antwort fielen die entscheidenden Worte Schabowskis: "Deshalb haben wir uns dazu entschlossen, heute eine Regelung zu treffen, die es jedem Bürger der DDR möglich macht, über Grenzübergangspunkte der DDR auszureisen."

Folgenschwerer Versprecher

Auf die Nachfrage: "Wann tritt das in Kraft?" antwortete Schabowski, der am Nachmittag bei der entscheidenden Parteisitzung nicht anwesend war, mit dem wohl berühmtesten Halbsatz: "Das trifft nach meiner Kenntnis... ist das sofort, unverzüglich", stammelte der SED-Funktionär. Der Auftritt Schabowskis, der live im DDR-Fernsehen übertragen wurde, war eines der folgenschwersten Versehen in der deutsch-deutschen Geschichte. Denn der Parteikader hatte die Sperrfrist für 10. November übersehen – und löste so ungewollt den Fall der Mauer aus.

Die Schlagbäume öffneten sich

Schabowskis Ankündigung verbreitete sich in Windeseile – und löste einen Massenansturm auf die Grenzübergangsstellen aus, in den späten Abendstunden öffneten sich schließlich die Schlagbäume und die freudentrunkenen Menschen tanzten auf der Mauer. "Wahnsinn" war in diesen bewegenden Stunden wohl das meistgehörte Wort. Elf Millionen (von damals 17 Millionen) DDR-Bürger besuchten in den folgenden zehn Tagen Westberlin und die BRD.

Diese weltbewegenden Stunden jähren sich heuer zum bereits 25. Mal – und von der Berliner Mauer ist nicht mehr allzu viel übrig. Das Schandmal wurde so rasch wie möglich entfernt. Kein Wunder, hat das verhasste Bollwerk doch unzählige Familien auseinandergerissen und Freundschaften getrennt. Und der "Antifaschistische Schutzwall", wie er von der DDR-Führung fälschlicherweise bezeichnet wurde, hat tiefe Wunden in die Metropole an der Spree geschlagen.

Der Chauffeur als Zeitzeuge

Wer jedoch genau schaut (und einen sachkundigen Begleiter hat), entdeckt entlang des perfekt ausgeschilderten Mauerwegs auch heute noch jede Menge Narben, Bruchstücke und Spuren.

Eine recht entspannte Art, die deutsch-deutsche Zeitgeschichte noch einmal aufleben zu lassen, ist eine Fahrt mit dem Velotaxi (velotaxi.de) – eine Art Fiaker des 21. Jahrhunderts. Statt Pferdekraft sorgen halt die trainierten Beine des Fahrers und ein Elektroantrieb für Vortrieb.

Der Vorteil ist: Manche Fahrer haben sich auf das Mauerthema spezialisiert – und sie erzählen während der Fahrt an den jeweiligen Originalschauplätzen dramatische Fluchtgeschichten, erklären historische Zusammenhänge und erzählen zum Teil eigene Erlebnisse mit und an der Mauer.

Ein echter Spezialist ist Joachim Raithel. Der gebürtige Sachse, der seit 40 Jahren in Berlin lebt und die friedliche Revolution hautnah miterlebt hat, ist eine Art wandelndes Mauer-Lexikon und beantwortet mit großer Geduld alle Fragen. Es gibt aber auch Fahrer, die sich auf Architektur oder Kunstgeschichte spezialisiert haben.

Eine halbe Stunde im Velotaxi, in dem zwei Erwachsene bequem Platz finden, kostet 22 Euro. Eine Stunde kommt auf 38 Euro. Wer lieber nur ganz kurze Zeit fährt, zahlt für den ersten Kilometer sechs und für jeden weiteren Kilometer vier Euro.

Berlin-Geschichte verdichtet

Knapp 800 Jahre Berliner Geschichte sind im Erlebnismuseum "The Story of Berlin" (Kurfürstendamm 207-208, story-of-berlin.de) verdichtet – in 23 Themenräumen. Wobei hier klarerweise ein Schwerpunkt ebenfalls die Mauer ist. Zeitzeugen als Guides machen auch hier Geschichte lebendig – wie etwa Bärbel Scheel, die Mauerbau und -fall miterlebt hat: "Die Abriegelung im August 1961 war ein gewaltiger Einschnitt. Meine Mutter fuhr mit mir immer zum Haareschneiden nach Ostberlin, dort war’s billiger. Wir hatten einen regen Grenzverkehr."

Umso schöner war dafür die friedliche Revolution im Herbst 1989: "Der Mauerfall war ein denkwürdiger Moment. Ich war total überwältigt. Wir waren alle außer uns. Unsere Feinde wurden plötzlich unsere Freunde, die wir umarmungstechnisch als Menschen wahrgenommen haben", schwärmt Scheel noch heute.

 

ÖBB Rail Tours nimmt das Mauerfall-Jubiläum zum Anlass für eine ganz besondere Reise: Eine sechstägige Busfahrt ab/bis Wien spürt an drei Terminen im Oktober und November der atemberaubenden Entwicklung des Jahres 1989 nach und besucht die wichtigsten Gedenkorte (Prag, Berlin, Leipzig Mödlareuth); Preis pro Person im DZ/EZ: 899/1099 Euro; Infos und Buchung unter Tel.: 01/89930 DW 20 bis 24 sowie gruppenreisen@railtours.oebb.at.

 

Zahlen und Fakten zum „Antifaschistischen Schutzwall“

2,7 Millionen Menschen verließen zwischen der Gründung der DDR im Jahr 1949 und dem Bau der Mauer am 13. August 1961 die DDR. Das war die so genannte „Abstimmung mit den Füßen“. Bis zum Ende des „real vegetierenden Sozialismus“ deutscher Prägung verließ noch einmal rund eine Million Menschen die DDR – ein Drittel davon illegal. Dabei riskierten Zehntausende ihr Leben.

40.101 DDR-Bürger schafften es, die Sperranlagen zur BRD bzw. die Berliner Mauer zu überwinden. Gut 70.000 gelang die Flucht über andere sozialistische Länder in den Westen (Ungarn, Bulgarien etc.) – und Zehntausende kehrten von Westreisen erst gar nicht mehr zurück.

110.000 Verfahren wegen ungesetzlichen Grenzübertritts leitete die DDR zwischen 1961 und 1988 ein, dabei kam es zu 71.000 Verurteilungen.

70 Fluchttunnel wurden unter der Berliner Mauer gegraben, um vom Osten in den Westen zu gelangen. Die unglaublich anstrengenden Arbeiten waren jedoch nur in jedem vierten Fall erfolgreich. Zahlreiche Tunnel wurden von Spitzeln an die Stasi verraten, dennoch gelang dutzenden Menschen die unterirdische Flucht.

156 Kilometer war die Grenze zwischen Ost- und Westberlin lang. Insgesamt 192 Straßen wurden durch den Bau der Mauer 1961 getrennt.

136 Tote wurden an der Berliner Mauer zwischen 1961 und 1989 gezählt; 5075 Flüchtlinge konnten den „Antifaschistischen Schutzwall“ erfolgreich überwinden – 574 von ihnen waren DDR-Sicherheitskräfte.

251 Reisende aus Ost und West starben während oder unmittelbar nach einer Kontrolle an den Berliner Grenzkontrollstellen – meist an Herzinfarkten.

302 Wachtürme wurden bis zum Mauerfall am 9. November 1989 im Grenzstreifen rund um Westberlin errichtet.

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