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Der Paradiesvogel ist ihr Vorbild

Von Von Heimfried Mittendorfer, 23. Jänner 2010, 00:04 Uhr
Der Paradiesvogel ist ihr Vorbild
Auch auf den Märkten findet man die Farbenpracht des Paradiesvogels an allen Ecken wieder. Bild: Mittendorfer

PAPUA NEUGUINEA. Die Alten sind in den Traditionen verhaftet, doch die Jungen wollen von Baströckchen und Muschelstück in der Nase nichts mehr wissen. Es gibt nur wenige Länder auf dieser Welt, in denen, so wie Papua Neuguinea, Moderne und Tradition so krass aufeinander prallen.

Wenn man von Papua Neuguinea spricht, werden meist automatisch Querverbindungen zum wohl berühmtesten Vogel des Landes, dem Paradiesvogel hergestellt, der nicht nur die Nationalflagge ziert, sondern auch das Emblem der nationalen Luftlinie bildet.

Nicht unberechtigt wird hierin ein gewisser Nationalstolz zur Schau getragen, denn von den 42 auf der Welt existierenden Arten sind sage und schreibe 38 endemisch, sprich, kommen nur dort vor. Die Besonderheit des männlichen Erscheinungsbildes dieses Vogels beruht nicht in dessen Körpergröße, – diesbezüglich können unsere Singvögel jederzeit mithalten – sondern in der Farbenpracht dessen Gefieders, speziell aber in den bis zu einem Meter langen Schwanzfedern.

Angeregt von den Balzritualen und den damit verbundenen Verwandlungskünsten dieser Vögel, versuchen nach wie vor die Menschen hier zu Lande – ganz besonders die Männer – zu besonderen Anlässen, im Schmücken ihres Körpers, es den Vögeln gleich zu tun beziehungsweise sie sogar zu übertreffen. Dabei sind ihrem Einfallsreichtum sowie ihrer Kreativität anscheinend keine Grenzen gesetzt!

Tattoos und Narben

Tätowierungen und Narben muss man eigentlich als Teil der Gesamtausstattung der Eingeborenen betrachten, auch wenn die Jugend heute diesen Hauteingriffen weitgehend skeptisch gegenübersteht. Zur Verewigung gelangen vor allem die Totemzeichen der jeweiligen Clans, meist wurden sie anlässlich der Initiation auf die Haut gebracht.

Aufgrund ihrer dunklen Hautfarbe tritt allerdings die Körperbemalung im Vergleich zu den Tätowierungen wesentlich intensiver in Erscheinung. Ton, Ruß, Asche, Kalk sowie zerdrückte Früchte und Beeren sind im Allgemeinen die Farbgeber, die mit Pflanzenölen gebunden und anschließend mit kleinen Stäbchen aufgetragen werden.

Größte Aufmerksamkeit erfährt dabei natürlich das Gesicht. Der Kopfschmuck besteht aus allen Arten von Federn, aus Perücken, oftmals ziert sogar das Fell eines Cuscus das Haupt. Auch die Nase muss zum Aufputz herhalten. Dazu werden die Nasescheidenwand und die Nasenflügel, seltener sogar die Nasenknochen, durchstoßen. Damit ist die Vorarbeit geleistet, um Eberhauer, geschliffene Muschelstücke oder Federkiele in die entstandenen Öffnungen zu schieben.

Röcke aus Bananen

Die Lenden werden von Miniröcken aus Bast oder Bananenblättern verhüllt, manche Männer ziehen es noch immer vor, sich einen Penisköcher umzubinden. Ein äußerst buntes Bild ergibt sich, wenn die Bizeps- und Wadenbänder mit Blumen, Farnen oder Federn besteckt werden. Halsketten werden oft auch als Brust-und Rückenschmuck eingesetzt. Meist bestehen sie aus Kaurimuscheln oder aus den Wirbelknochen kleiner Schlangen.

Wer heute diese archaische Lebensweise und Kultur der Bewohner Papua Neuguineas im Alltag sucht, wird leider nicht mehr zufriedenstellend fündig werden. Zu sehr hat auch hier die Moderne ihre Fühler ausgestreckt, so- dass unter den rund 1000 Stämmen des Landes seit Jahrzehnten schrittweise eine Aufweichung beziehungsweise Vernachlässigung der uralten Traditionen zu verzeichnen ist.

Wir sind gerade auf der Karawari Lodge angekommen, mitten in der Wildnis, umgeben von unüberschaubarem Regenwald, etwa 100 Meter über dem Karawari Fluss, hoch im Norden des Inselstaates. Zur Lodge gibt es keine Straßenverbindungen, sodass für die Anreise nur Boot und Flugzeug in Frage kommen, was wiederum für die Abgeschiedenheit dieser mit einem authentischen und rustikalen Flair versehenen Unterkunft spricht.

Leben in zwei Welten

Obwohl Stephen, der Kellner der Lodge, täglich seine dörfliche Welt verlässt und in die moderne Welt der Lodge wechselt, hinterlässt er einen mehr als zufriedenen Eindruck. Er führt gleichsam ein Leben in zwei Welten. Kontrastreicher könnten Gegensätze einem wohl nicht mehr serviert werden, als es bei ihm der Fall ist. Noch bei Dunkelheit macht er sich von seinem stromlosen Heim auf den Weg. Nach einer 30-minütigen, nicht ungefährlichen Paddeltour per Einbaum, – der Karawari gilt als krokodilverseucht – kann er endlich in der technisierten Welt der Lodge seiner Arbeit nachgehen.

Eben noch im Lebensstandard um Jahrzehnte zurückversetzt, ein wenig später in der Moderne, wo der Umgang mit Computer, Handy und Funkgerät bereits zur Selbstverständlichkeit geworden ist. Auch an die tägliche Umstellung von kargen Lebensverhätnissen zum Komfort bis Luxus in der Lodge, von zerfetzter Short und zerschlissenem T-Shirt zum adretten Kellneroutfit hat er sich längst gewöhnt. So wie es für uns selbstverständlich ist beim Gehen einen Fuß vor den anderen zu setzen, genauso selbstverständlich ist für ihn der tägliche Wechsel von einer Welt in die andere geworden.

Auf alle Fälle sollte man versuchen den Aufenthalt auf Papua Neuguinea so zu timen, dass ein Besuch eines „Singsings“ (Tanzfestival) möglich wird. Was die Farbenpracht und Exklusivität der Kostüme anbelangt, können diese Veranstaltungen einem Vergleich mit den Sambashows in Rio de Janeiro durchaus aushalten.

Diese Festivals, die zu allen Jahreszeiten veranstaltet werden, sind immer spektakulär und gut besucht. So werden beispielsweise die Singsings in Mt. Hagen und Goroka von tausenden von Tänzern besucht, die in traditionnellen Kostümen und mit buntester Körperbemalung ihre Formationstänze zu den Klängen der kundu drums zum Besten geben.

In Palembai, einem der ältesten Dörfer am Mittellauf des Sepik Flusses, waren wir Zeugen des ersten Festivals dieser Region. Zwei riesige Tambaran-Häuser, – oft auch als Männer-, Geister- oder Kulthäuser bezeichnet – die das Dorfbild beherrschen, stehen einander gegenüber, dazwischen erstreckt sich eine große Rasenfläche, die als Tanzplatz dient.

Für Frauen tabu

In den Tambaranen werden im Allgemeinen riesige Schlitztrommeln, Totems, Masken und andere Schnitzwerke aufbewahrt. Der Ort ist für Frauen tabu, einzig ausländischen Frauen wird der Zutritt gestattet. In diesen „heiligen“ Hallen werden auch die Burschen, die auf die Initiation vorbereitet werden, über Wochen und Monate kaserniert. Damit soll auch die endgültige Loslösung von deren Müttern leichter erwirkt werden. Hier werden außerdem die Tätowierungen und die Narbenschneidungen vollbracht. Inzwischen haben bereits 20 verschiedene Gruppen der mittleren Sepik-Region mit ihren Tänzen begonnen.

Die Farbenpracht und die Ausdrucksstärke der mit Inbrunst agierenden Tanzgruppen sind eine Augenweide und versetzen Zuschauer in Hochstimmung. Bald entdeckt man sich dabei, wie die eigenen Hände und Beine, angeregt von den rhythmisierenden Schlägen der drums, beginnen kleinräumige Bewegungen nachzuvollziehen. Ein paar Meter weiter, eine neue Gruppe mit anderen Kostümen, mit anderer Bemalung, mit anderen Tänzen und Rhythmen, aber genauso attraktiv und anziehend wie die Gruppe von vorhin. Auf meine Frage, warum keine Jugendlichen in den Tanzgruppen zu erspähen sind, meint Frank, unser Guide, dass die Jugend nicht mehr so zu den Traditionen steht, wie vielleicht er und deren Eltern.

Seit 1975 unabhängig

Spätestens seit der Unabhängigkeit im Jahre 1975 hat die Schuldichte selbst in den entlegendsten Gebieten des Landes dermaßen zugenommen, dass über die erfolgte Bildungsoffensive eine neue Lebensvision Einzug gefunden hat. Über das in der Primärschule erlernte Pidgin ist es den Schülern möglich geworden mit anderen Stämmen zu kommunizieren, was lange auf Grund der Sprachenvielfalt – auf Papua Neuguinea gibt es 800 verschiedene Sprachen – nicht möglich war. Ab der Sekundärschule steht Englisch auf dem Programm, eine Voraussetzung für höhere Verdienste in den Städten.

Dadurch sind für die Jugendlichen die Städte nicht nur interessant, sondern auch in greifbare Nähe gerückt. Überall beklagt man die relativ starke Abwanderung der Jugend. Damit ist der Bruch mit dem eigenen Clan vorprogrammiert.

Wer zurückkommt, ist vom Zorn der Alten umgeben, so dass es meist nur ein kurzfristiger Aufenthalt wird. „Die heutige Jugend“, meint Frank, „ist verweichlicht“. „Es gibt keine Kraft- und Mutproben mehr, wie sie früher anlässlich der Initiation eingefordert wurden. Die Jugend wird diesen Qualen nicht mehr unterzogen. Damit ist auch die Bindung zum eigenen Clan nicht mehr so ausgeprägt“.

Außerdem ist der stärker werdende Tourismus mitverantwortlich für die hohen Abwanderungsraten. Denn, die Bekleidung und der mitgeführte Luxus der Fremden begeistert die jungen Leute und erweckt in Ihnen den Wunsch, diese Güter selbst zu besitzen!

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