Mordmotiv: Verlorene Eroberungslust
"Drei" von Dror Mishani: "Frauenroman" mit Mann in der Hauptrolle.
In Israel ist Dror Mishani seit dem Erscheinen von "Drei" eine Art Popstar unter den Krimiautoren. Jetzt ist der Roman in deutscher Sprache erschienen, und die hymnischen Kritiken sind im Kern nachvollziehbar. In zwei langen Kapiteln geht es um den Rechtsanwalt Gil und seine sexuellen Beziehungen zur frustrierten, weil von ihrem Mann verlassenen Orna (Kapitel 1) und zu der verloren wirkenden lettischen Krankenpflegerin Emilia.
Beide Beziehungen enden für die Protagonistinnen, mit einem Plastiksack über dem Kopf, letal. Die Polizei legt beide Todesfälle als Suizide ad acta.
Gil erweist sich in der Herangehensweise jeweils als klassischer Kalt-warm-Praktiker. Immer wieder gelingt es ihm, Interesse an einer Beziehung, zumindest aber sexuelle Anziehung bei den Frauen zu erregen. Wenn der Köder fast am Haken ist, ist auch Gil wieder weg, taucht unter, lässt E-Mails unbeantwortet, hebt nicht ab, erscheint nicht zu Treffen. Meist sagt Gil die Wahrheit, hin und wieder lügt er wie gedruckt, was man im abschließenden dritten Kapitel nach und nach erfährt.
Zweifelhafter Selbstmord
Auch hier hat sich der verheiratete Mann wieder auf die Fährte einer Frau geheftet, diesmal ist es Ella, frustrierte Mutter dreier Kinder – und Studentin, um wieder Anschluss ans Leben da draußen zu finden. Die beiden treffen sich in einem Café, rauchen hin und wieder eine Winston. Gil erarbeitet sich mühsam einen Kuss, zieht sich dann wieder zurück, meldet sich wieder und bietet Ella eine kurze Liebesreise nach Polen an. Kurz vorher offenbart er ihr, dass es ihn anmache, Frauen zu erobern. Sex sei ihm gar nicht so wichtig. Was Gil nicht sagt: Wenn ich die Lust am Anmachen verliere, töte ich. Was Gil nicht weiß, ist, dass ein Polizist den Selbstmord Emilias in Zweifel zieht. Als er den Fall zu den Akten legt, scheint auch Ellas Schicksal besiegelt.
Dror Mishani hat einen Krimi geschrieben, den es beim Lesen zu erobern gilt. Die beiden ersten Kapitel beschreiben die Lebenssituationen der Frauen und die Masche ihres Mörders sehr ausführlich. Hier gibt es Längen. Im dritten und letzten Kapitel nimmt der Roman hingegen fulminant Fahrt auf. Der Autor ändert die Erzählweise, verlässt den Imperfekt zugunsten des Futurs. Eine Überraschung jagt die andere, ehe es zum Showdown kommt.
Dror Mishani: "Drei": Roman; Verlag Diogenes, 336 Seiten, 20,99 Euro
OÖN Bewertung:
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