Der Charme der Improvisation
Inntöne 2019: Paul Zauners Jazz-Festival in Diersbach ist ein Wunder der Vielfalt
Das Innviertel leuchtete. Vorbei an sonnenbeschienenen "Bam und Staudna", "Bacherln und Bachquelln", wie sie der gelernte Oberösterreicher aus unserem "Hoamatland" kennt, reisten Jazz-Fans aus nah und fern zum Wochenende nach Diersbach bei Schärding, um dort ihr spezielles Pfingstwunder zu erleben. Zum 34. Mal veranstalteten der Posaunist, Musikproduzent und Biobauer Paul Zauner und sein Team "Inntöne" das etwas andere Jazzfestival, das künstlerische Klasse mit sozialer Wärme verbindet. Am Freitagabend startete man auf der Hauptbühne gleich einmal mit zwei zugkräftigen Namen. Pianist Abdullah Ibrahim ist eine Legende zu Lebzeiten. Viele waren aber auch gekommen, um Ray Anderson zu hören. Weniger glücklich waren einige mit den Gospels der "Como Mamas". Etwas weniger "Dschisas" (Jesus) hätte ihnen auch gereicht. Aber Jazzfans sind tolerante, höfliche Menschen. Grundsätzlich schätzen sie, dass Zauner viele Geschmäcker bedient. Der stilistische Bogen seiner Programme erstreckt sich von Soul und Blues über Weltmusik und modernen Mainstream bis hin zu Jazz-Originalen außerhalb gängiger Kategorien. Eine Stärke von Zauner, sagt Ö1-Jazz-Chef Andreas Felber, ist seine Vernetzung in der internationalen Szene, wodurch er große Namen nach Diersbach holt, "aber auch sein Gespür für noch unbekannte Talente." Ö1 hat große Teile der "Inntöne" aufgezeichnet. In "On Stage" (Mo, 19.30 Uhr) und in der "Ö1 Jazznacht" (Sa, 23.03, Uhr) werden Sendeplätze zur Verfügung stehen.
Organisatorisch, meint ein Ehepaar aus Eisenstadt, das zum ersten Mal bei den "Inntönen" ist, wäre Luft nach oben, "aber ein bisschen Chaos macht auch den Charme aus." Die Atmosphäre finden nämlich die beiden Burgenländer, die viele Jazz-Festivals kennen, "wunderbar". Und Improvisation gehört beim Jazz dazu.
Die junge Szene
Begeistert von der Atmosphäre sind auch die jungen Musiker der deutschen Band "Electric Ulmenwall", junger, elektronisch dominierter Jazz, der sich aus der freien Improvisation ergibt. "Electronic Ulmenwall" sind zum zweiten Mal in Diersbach und hoffen, dass es nicht das letzte Mal war – wegen der großartigen Musik, wegen Pauls Gastfreundschaft und nicht zuletzt wegen der vorzüglichen Forellen. Das Catering loben überhaupt viele, unter anderem, weil neben traditionell Fleischlichem auch die feine vegane Küche von "Frau Dunschn" angeboten wird.
Diersbach war diesmal auch Tagungsort des Vereins "Radio Jazz Research". Jazzhistoriker und Rundfunkjournalist Bernd Hofmann, der Vorsitzende dieses "Think-Tanks für den Jazz", und Andreas Felber verraten soziologisch interessante Tagungsergebnisse: Es stimmt zwar, dass die typischen Jazz-Hörer Männer mit grau gewordenen Bärten sind, gut ausgebildet, mit gutem Einkommen und politisch eher links. Falsch ist aber, dass der Jazz mit dieser Generation verschwinden wird. Es wächst eine junge Szene heran, junge Musiker mit jungem Publikum. Sieht man sich bei den "Inntönen" um, dann findet man die Thesen bestätigt. Also, Paul, the show must go on!