Neue musikalische Höhenflüge mit Haydn und Bruckner
Bruckner Orchester Linz: Sonntagsmatinee, Brucknerhaus Linz (23. 11.)
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Mit der Sonntagsmatinee hat das Bruckner Orchester die Serie der LiveMitschnitte aller BrucknerSymphonien abgeschlossen und gleichzeitig den Programmschwerpunkt für das Haydnjahr 2009 gestartet. Darüber hinaus war dieses Vormittagskonzert erneut ein Beweis für die technischen und musikalischen Höhenflüge, die dieses Orchester zurzeit zu bieten hat.
Zu Beginn Haydns Sinfonia concertante Hob. I:105, in der sich die Solisten vorzüglich in den Vordergrund spielten, ohne das fragile Zusammenwirken von Violine, Oboe, Fagott und Cello zu strapazieren. Heinz Haunold, Gabriele Kindler, Nadia Perathoner und Bernhard Walchshofer gestalteten ihre Soloparts wie aus einem Guss heraus, ließen ihre thematischen Einwürfe unglaublich fein abgestimmt ineinanderfließen und gaben dem genialen Konzertwerk die ruhig ausstrahlende Größe, die auch das Orchester unter Chefdirigent Dennis Russell Davies klangprächtig nachzeichnete.
Bruckners selbst als null und nichtig erklärte d-Moll-Symphonie aus dem Jahr 1869 war der krönende Abschluss des mehrjährigen Projekts, alle Symphonien des Ansfeldner Meisters neu einzuspielen. Diese Symphonie wurde erst zum 100. Geburtstag Bruckners 1924 uraufgeführt und steht zu Unrecht im Schatten ihrer größer eingeschätzten Schwestern.
Dabei ist sie wie die im Jahr zuvor uraufgeführte 1. Symphonie ein Werk, in dem Bruckner fast ohne Rücksicht auf irgendwelche Konventionen seine symphonische Welt im nicht geschönten Urklang umriss und mit der gigantischen Form experimentierte. Wenn man das Ganze so ernst nimmt wie Dennis Russell Davies an diesem Sonntag, dann verdient diese Symphonie nicht mehr den unwürdigen Beinamen „Nullte“.
Davies reizte dynamisch die Extreme dieses Werkes aus und präsentierte die stilistische Vielfalt, die mehr als bloß wagnerianische Einflüsse zeigt. Da findet man genauso viel Mendelssohn und Schubert und natürlich Beethoven’sches, gepaart mit urwüchsigen Klangausbrüchen. Unglaublich präzis der heikle erste Satz, wunderbar elegisch und traumwandlerisch schön das Andante, in dem das Bruckner Orchester die mannigfaltigsten Farben bereitstellte. Gewaltig der dritte Satz und himmelstürmend das Finale.
Wenn der Mitschnitt nur annähernd so herüberkommt wie die gestrige Aufführung, dann gibt es für diesen Geniestreich eine neue Referenzaufnahme.