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Die Dummheit des unpolitischen Sports

02. Juli 2012, 00:04 Uhr

Es ist vorbei. Feiern und Stolz nach der Fußball-EM sollen bei Spanien, Italien & Co das Wirtschaftsdebakel im Heimatland vergessen machen. In Deutschland verhinderte nur ein Halbfinaldesaster den Eindruck, sich neben der ökonomischen Dominanz in EU-ropa allzu ...

Es ist vorbei. Feiern und Stolz nach der Fußball-EM sollen bei Spanien, Italien & Co das Wirtschaftsdebakel im Heimatland vergessen machen. In Deutschland verhinderte nur ein Halbfinaldesaster den Eindruck, sich neben der ökonomischen Dominanz in EU-ropa allzu sehr als Kickergroßmacht zu gebärden. Zu belastet ist man aufgrund eigener Vergangenheit. Immerhin standen Hitlers Truppen und SS-Schergen auch in Griechenland, wo ganz Saloniki mit Ausnahme Kurt Waldheims ihre Schreckenstaten mitbekam.

Das Wir-Gefühl nach sportlichen Megaereignissen ist eine Gratwanderung. Was sollte die Welt denken, nachdem sie 1990 von Franz Beckenbauer als Trainerweltmeister bedauert wurde. Es täte ihm für alle anderen Staaten leid, doch nach der Wiedervereinigung würde man noch stärker und für Jahrzehnte unschlagbar sein. Der Kaiser meinte das balltechnisch, und war trotzdem ein politischer Dummkopf.

Ungleich dümmer waren 1969 Honduras und El Salvador, als Fanschlägereien in einen Krieg mündeten und 30 Jahre zentralamerikanische Integration zerstörten. Am allerdümmsten sind jene, die das absurde Klischee vom unpolitischen Sport nachplappern und eine Debatte über dessen Politisierung verhindern. Das hilft jenen, die den Sport neben Wirtschaftsinteressen für zutiefst politische Zwecke instrumentalisieren.

So etwas kann positiv sein, wenn man an Frieden und Völkerverständigung als ursprüngliche Ziele der olympischen Idee denkt. Die Realität sah anders aus: Nur weil das Internationale Olympische Komitee (IOC) sich einem Politdiskurs verweigerte, konnte 1936 der selbsternannte Führer die Berliner Sommerspiele ungestört zur Maschinerie für die Nazipropaganda umgestalten.

In den USA propagierte damals der spätere IOC-Präsident Avery Brundage, dass Sport nicht politisch sei. Zugleich war er als Antisemit stolz, dass sein Leichtathletikverein „keine Juden aufnehmen würde“. Der US-Amerikaner Lee Jahncke wurde hingegen aus den Sportgremien ausgeschlossen, weil er Boykottforderungen gegen Hitlers Olympiade äußerte.

Es folgten die deutsche Frage und der Ost-West-Konflikt als olympische Stellvertreterkriege zwischen BRD und DDR sowie USA und UdSSR. Im Vergleich dazu ist der Politgehalt des aktuellen Fußballs ein Kinkerlitzchen. Doch ist ab heute die Chance vorüber, mehr über mangelnde Menschenrechte in der Ukraine oder Rechtsradikalismus in Polen zu sprechen.

Also sollte niemand vom Sport als Anti-Politikum träumen. Doch das sportliche Denken der Massen ist nicht logisch erklärbar. Ein früherer Trainer Brasiliens begründete den Rücktritt damit, dass sich nach Niederlagen Menschen seinetwegen umbringen, und nach dem nächsten Sieg die Verwandten der Toten ihre Kinder nach ihm benennen.

Der Politologe Peter Filzmaier analysiert in den OÖNachrichten regelmäßig das politische Geschehen.

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