Dem Rieder Rudel fehlt der Leitwolf
Die SV Josko Ried ist zwar anders – aber nur ein bisschen: Sieger sind sexy, Verlierer will auch im Innviertel keiner sehen.
Jetzt haben sie die Schnauze voll im Innviertel. Die Schnauze voll vom Fußball. Von den Rieder Fußballern. Ein Klub, der jahrelang als Nationalmannschaft des Innviertels funktionierte und eine ganze Region hinter sich zu versammeln wusste, steht plötzlich sehr alleine und verloren da. Das ist der Los der Loser. Sieger sind sexy. Verlierer braucht kein Mensch.
Die SV Josko Ried hat schon lange mit dem Siegen wenig zu tun. Die Niederlage am Dienstagabend im ÖFB-Cup gegen den Wolfsberger AC markiert den Tiefpunkt einer sportlichen Talfahrt – den vorläufigen Tiefpunkt vermutlich.
In Krisen wie diesen entwickelt sich im Fußball verlässlich folgendes Szenario: Ehemals medial gehypte Siegertypen werden jetzt von den selben Medien als Buhmänner an den Pranger gezerrt (in der Regel der Trainer beziehungsweise die sportliche Leitung). Ehemalige Funktionäre, die (zu Recht oder zu Unrecht) abserviert wurden, kriechen aus ihren Löchern heraus und versuchen, alte Rechnungen zu begleichen. Der frustrierte Anhang will mit Schaum vor der vollen Schnauze nicht den Ball, sondern (mindestens) einen Kopf rollen sehen. Ried ist da zwar anders, aber nur ein bisschen.
Denkmalschutz ist abgenutzt
Der Innviertler Bundesligist konnte in diesem Jahr relativ lang auf dem Rasen wie ein Non-Profit-Unternehmen keine Gewinne einfahren, bis der Kredit bei den Anhängern verspielt war. Der Bonus der soliden Arbeit, die in den vergangenen Jahren zweifelsfrei geleistet wurde, zählt jetzt kaum mehr. Auch der Denkmalschutz von Oliver Glasner, dem Rieder Urgestein auf der Trainerbank, ist abgenutzt. Die Klubführung hatte genügend Zeit, sich auf den Liebesentzug seiner Anhängerschaft vorzubereiten und ein glaubwürdiges Krisenmanagement zu entwerfen. Lange, vermutlich viel zu lange, griff man jedoch in die Lade der belanglosen Floskeln wie "Habt’s Geduld, das wird schon wieder."
Intern wird man bei der Ursachenforschung sicher schon tiefer gegraben haben. Unglückliche Spielverläufe oder Pech bei den Schiedsrichterentscheidungen hat man als Ursachen für den letzten Tabellenplatz hoffentlich schon ausgeschlossen. Die Fehlerquellen liegen im eigenen Haus, das den hübschen Namen "Keine-Sorgen-Arena" trägt. Die SV Ried hat mit ihrer recht radikalen "Import-Export"-Politik die Schienen zur sportlichen Talfahrt selbst gelegt. Es ist erstaunlich, dass die Innviertler trotzdem so lange auf einem hohen Niveau in der Bundesliga mitspielen konnten. Junge Leute (möglichst aus der eigenen Akademie) in die Kampfmannschaft hochzuziehen und jeden Leistungsträger gewinnbringend zu verkaufen, ist nicht nur clever, sondern vor allem auch riskant.
Möglich, dass sich Ried-Manager Stefan Reiter von den glänzenden Erfolgen der vergangenen Jahre blenden ließ. Seine aktuelle Mannschaft hat zwar Potenzial, aber es fehlt ein Leitwolf, der das Rudel mitreißen kann, wenn es brenzlig wird. Dieses Defizit wurde bei der Kaderplanung übersehen oder falsch eingeschätzt.
Genauso blauäugig war der strategische Ansatz von Trainer Glasner, seine Mannschaft zur "Pressing-Maschine" à la Red Bull Salzburg neu zu formatieren. Der Schuss, mit scharfen Vertikalpässen die Defensive des Gegners zu torpedieren, ging nach hinten los. Zirkusfußball funktioniert mit Ballkünstlern. Das Geschick der Rieder Kicker ist eher auf der Ebene der Handwerker angesiedelt.
So frustrierend die sportliche Krise der Rieder für Anhänger und Sympathisanten auch sein mag, man sollte die Kirche im Fußballdorf lassen. Die Führung der SV Josko Ried hat in den vergangenen Jahren die meisten Hausübungen bravourös erledigt. Der Klub ist breit aufgestellt, das Fundament mehr als nur solide, die Infrastruktur ist eine Lebensversicherung, um die dieser "Dorfklub" von fast allen Vereinen der Bundesliga beneidet wird. Der letzte Tabellenplatz ist eine Momentaufnahme und die aktuelle Krise eine Chance: zur Kurskorrektur, die spätestens im Winter erfolgen wird – außerdem sieht man jetzt, wer die echten Freunde sind und wer die falschen. Man wird sich beide gut merken.
übersehen wurde, so haben die Rieder auch bei der sportlichen Abwärtsbewegung den Kopf in den Sand gesteckt.
Warum was ändern? Man sieht sich ja als Saubermannclub mit goldener Vergangenheit.
aber man muss trotzdem! noch geduld haben.. bin mir sicher, dass ried gegen wiener neustadt gewinnt endlich wieder gewinnt.
die erfolgsgeschichte ried wird auch nächstes jahr in der bundesliga weitergehen und beim derby gegen den lask wird man sehen, wer weiterhin oberösterreich's nummer eins ist.
Ein super Artikel - sehr objektiv geschrieben - welch ein Kontrast zum Revolverblattjournalisten Leblhuber (OÖ Krone).