merken
Das Regierungsprogramm im Detail und als Download

WIEN. Auszüge aus dem türkis-grünen Regierungsprogramm 2020 bis 2024.
Umweltschutz
- Klimaneutral bis 2040: Bis spätestens zum Jahr 2040 soll Österreich klimaneutral sein und dabei nach den türkis-grünen Plänen Vorreiter in Europa werden. Dafür soll es ein Klimaschutzgesetz mit verbindlichen Reduktionspfaden bei Treibhausgasen geben (analog zum Pariser Abkommen). So soll es bis 2030 nur noch Strom aus erneuerbaren Quellen geben. Bis 2035 sollen Öl- und Kohleheizungen verboten werden. Die Wohnbauförderung wird an Umweltschutz gekoppelt. Nullemissionsgebäude sollen zum Standard werden, die thermisch-energetische Sanierung wird forciert. Für bestehende und neue Gesetze kommt der Klimacheck.
- Verkehr, Konsum: Für den Ausbau des öffentlichen Verkehrs in Ballungsräumen und im ländlichen Raum soll es jeweils eine Milliarde Euro geben. Eingeführt wird auch ein Österreich-Ticket (bundesweit um drei Euro pro Tag für alle öffentlichen Verkehrsmittel, je Bundesland um einen Euro). Das Pilotprojekt "140 km/h auf Autobahnen" wird beendet. Der Bund schreitet bei der Dekarbonisierung voran und rüstet auf emissionsfreie Fahrzeuge um. Plastikverpackungen sollen um 20 Prozent reduziert werden. Für Reparaturdienstleistungen kommen Steueranreize. Eine Bodenschutzstrategie ist ebenso geplant.
Asyl, Migration
- Sicherungshaft, Grenzkontrollen: Die unter Türkis-Blau aufgesetzte "Sicherungshaft zum Schutz der Allgemeinheit" soll nun als "verfassungskonformer Hafttatbestand" umgesetzt werden. Es geht um Personen, von denen man annimmt, dass "sie die öffentliche Sicherheit gefährden". Straffällig gewordene Drittstaatsangehörige will man konsequent abschieben. Auch unter Türkis-Grün wird es Grenzkontrollen geben, solange der EU-Außengrenzschutz nicht lückenlos funktioniert. Ebenfalls umgesetzt wird die Übertragung der Flüchtlingsbetreuung samt Rechtsberatung an die Bundesbetreuungsagentur. Das Bekenntnis zum beschleunigten Asylverfahren ("grenznah und modern") bleibt ebenso aufrecht wie die Absage an eine europäische Flüchtlingsaufteilung. Rücknahmeabkommen mit Herkunftsländern will man mit Anreizen und Sanktionen erreichen.
Für den Fall, dass eine Flüchtlingskrise wie 2015 zu verschärften Maßnahmen zwingt, haben VP und Grüne einen koalitionsfreien Raum vereinbart. Sollten Kanzler und Vizekanzler bei "neuen unvorhergesehenen Herausforderungen" uneinig sein, kann der zuständige Minister im Alleingang im Nationalrat Mehrheiten für eine Initiative suchen. - Kopftuch, Lehre, Deutschkurse: Das Problem mit Asylwerbern, denen vor Lehrabschluss die Abschiebung droht, soll über die Neuordnung der Rot-Weiß-Rot-Card gelöst werden. In Sachen Integration bleiben die verpflichtenden Deutschkurse aufrecht. Frauen rücken ins Zentrum der Integrationsbemühungen. Das Kopftuchverbot in Schulen bleibt aufrecht und wird bis zum 14. Lebensjahr ausgedehnt. Insbesondere in islamischen Kinderbetreuungseinrichtungen werden die Kontrollen verstärkt. Das Integrationsjahr soll weiterentwickelt werden, Nostrifizierungen will man beschleunigen.
>>> Das vollständige Regierungsprogramm finden Sie im grauen Kasten rechts zum Download.
Transparenz
- Rechnungshof: Die Prüfkompetenzen werden, wie schon von vielen Rechnungshofpräsidenten gefordert, ausgeweitet. Künftig darf der Rechnungshof bei konkreten Anhaltspunkten in die Bücher der Parteien Einschau halten. Unternehmen sollen schon ab einem Staatsanteil von 25 Prozent (derzeit 50 Prozent) geprüft werden, außer sie sind börsenotiert. Parteispenden über 500 Euro müssen spätestens nach drei Monaten offengelegt werden (ab 2500 Euro sofort). Umgehungskonstruktionen will man verhindern.
- Informationsfreiheit, Finanzausgleich: Das Amtsgeheimnis, derzeit noch in der Verfassung verankert, wollen ÖVP und Grüne abschaffen. Stattdessen soll ein Recht auf Informationsfreiheit samt Zugang zu Dokumenten kommen. Für den Finanzausgleich 2020 soll es schon neue Regeln geben. So soll es für im Sinne der Klimaziele "kooperationsbereite Gemeinden" mehr Geld geben.
Steuern, Finanzen
- Steuerreform: Die von Türkis-Blau geplante Steuerreform will die ÖVP nun mit den Grünen vollenden. Die Lohn- und Einkommensteuertarife sinken von 25 auf 20 Prozent, von 35 auf 30 Prozent und von 42 auf 40 Prozent. Die Körperschaftsteuer auf Unternehmensgewinne wird von 25 auf 21 Prozent reduziert, Gewinnbeteiligung von Mitarbeitern wird begünstigt. Bleiben soll die steuerliche Begünstigung des 13. und 14. Monatsgehalts.
- Ökologisierung: Eine CO2-Steuer steht nicht im Regierungsprogramm. Es enthält aber ein Bekenntnis zur "Kostenwahrheit bei den CO2-Emissionen" ab 2022. Welches Modell gewählt wird, bleibt offen. Dafür wird eine "Task Force ökosoziale Steuerreform" eingerichtet. Die Flugticketabgabe wird auf zwölf Euro vereinheitlicht. Damit werden Kurz- und Mittelstreckenflüge teurer, die Langstrecke wird billiger. Auch Normverbrauchsabgabe (NoVA), Lkw-Maut und Pendlerpauschale sollen "ökologisiert" werden. Auf EU-Ebene will sich Türkis-Grün für die Einführung von CO2-Zöllen einsetzen.
- Budget: Am Nulldefizit hält die künftige Bundesregierung ebenso fest wie am Ziel, die Staatsschuldenquote unter die auf EU-Ebene vorgegebene Grenze von 60 Prozent der Wirtschaftsleistung zu senken. Berücksichtigt werden sollen dabei aber sowohl die konjunkturelle Entwicklung als auch die Finanzierung des Klimaschutzes.
- Pensionen: Beim Pensionskapitel wird festgehalten, dass es keine grundlegende Neuausrichtung braucht. Vage werden Maßnahmen avisiert, die das faktische an das gesetzliche Antrittsalter heranführen sollen.
Soziales und Pflege
- Armutsbekämpfung: Nicht nur die Senkung des Eingangssteuersatzes von 25 auf 20 Prozent soll der Armutsbekämpfung dienen. Es wird auch die Untergrenze beim Familienbonus von 250 auf 350 Euro pro Kind und der Gesamtbetrag von 1500 auf 1750 Euro pro Kind erhöht. Von einer Reform der höchstgerichtlich gekippten Mindestsicherung ist nicht die Rede.
- Pflege: Beim Thema Pflege bleibt vieles vage. Zwar gibt es ein Bekenntnis zu einer gesamtheitlichen Reform und einer Personaloffensive für Pflegeberufe, auch soll ein Pflege-Daheim-Bonus eingeführt werden. Stichhaltige Hinweise auf die konkreten Ausgestaltungen finden sich aber keine, auch nicht bei der Pflegeversicherung, die erwähnt wird.
Bildung
- Kindergärten, Schulen: "Qualitätsmindeststandards" für Kindergärten und eine Bildungs- statt einer Schulpflicht für Jugendliche sollen umgesetzt werden. In einem Pilotprogramm soll an 100 Brennpunktschulen ein "Chancen- und Entwicklungsindex" getestet werden. Die Deutschförderklassen bleiben, sollen aber wissenschaftlich begleitet werden, und Schulen bekommen hier mehr Autonomie.
- Universitäten: Längerfristige Planungssicherheit wird angekündigt. Das Uni-Budget soll nicht nur bis 2024, sondern bis 2027 fixiert werden. Karrieremöglichkeiten für Jungwissenschafter sollen verbessert werden.
mehr aus Innenpolitik
Kritik an Bewertungsboard für Medikamente
Politikergehälter: Mehrere Bundesländer erhöhen um 4,85 Prozent
Klagenfurter Magistratsdirektor Jost vom Dienst freigestellt
Tschechiens Premier zeigt "Verständnis" für Österreichs Atomsorgen


Interessieren Sie sich für dieses Thema?
Mit einem Klick auf das “Merken”-Symbol fügen Sie ein Thema zu Ihrer Merkliste hinzu. Klicken Sie auf den Begriff, um alle Artikel zu einem Thema zu sehen.