Nach Anschlag am Flughafen Kabul: Biden droht mit Vergeltungsschlägen
KABUL/WASHINGTON. Wie fällt die Reaktion Joe Bidens auf den verheerenden Terroranschlag am Flughafen Kabul aus? Diese Frage beantwortete der US-Präsident in einer zuerst emotional berührten, dann aber auch knallharten Ansage. "Wir werden euch jagen und euch dafür bezahlen lassen", drohte er den Drahtziehern des Selbstmordattentats an. Dem Anschag am Donnerstag waren nach Angaben des britischen Verteidigungsministeriums 60 bis 80 Zivilisten zum Opfer gefallen, dazu 13 US-Soldaten. Dutzende Menschen wurden verletzt.
Afghanische Gesundheitsbehörden sprechen mittlerweile von 79 toten Einheimischen in den Krankenhäusern Kabuls. Die militant-islamistischen Taliban, die in dem Krisenstaat seit zwei Wochen die Macht haben, berichteten dagegen zunächst nur von 13 bis 20 getöteten Zivilisten.
Der in Afghanistan aktive Ableger der Terrormiliz IS reklamierte den Anschlag für sich. Biden erklärte mit Blick auf die Gruppe, die USA hätten Informationen dazu, wo sich die Drahtzieher des Anschlags aufhalten – und würden auch ohne große Militäreinsätze Möglichkeiten finden, diese zur Rechenschaft zu ziehen, "wo auch immer sie sind". Seine eindringlichen Worte an die Terroristen: "Wir werden nicht vergeben. Wir werden nicht vergessen."
Die Detonation hatte sich an einem Tor zum Flughafengelände ereignet, an dem US-Soldaten im Einsatz waren. Eine Reihe von IS-Kämpfern habe dann das Feuer auf Zivilisten und Soldaten eröffnet, sagte US-General Kenneth McKenzie. Er warnte vor weiteren Anschlägen. Auch Großbritannien geht von einer wachsenden Gefahr aus. Russland fürchtet ein Übergreifen der Gewalt auf Afghanistans Nachbarländer.
Der Evakuierungseinsatz der 5000 US-Soldaten soll wie geplant am Dienstag kommender Woche enden, sagte Biden. Die Terroristen könnten die USA nicht dazu bringen, ihre "Mission" zu stoppen, so der US-Präsident mit Blick auf die im Land verbliebenen Amerikaner. "Wir werden sie finden, und wir werden sie da rausholen."
105.000 Menschen evakuiert
Nach Spanien, Schweden und Deutschland beendeten gestern auch Italien und Großbritannien die Evakuierungsflüge. Ein französischer Regierungsvertreter erklärte dagegen, der Einsatz könne "vielleicht noch weitergehen". Insgesamt sind nach Zählung der US-Regierung seit 14. August mehr als 105.000 Menschen evakuiert worden. Trotz des Anschlags gingen die Flüge gestern weiter. Innerhalb von 24 Stunden wurden rund 12.500 Menschen außer Landes gebracht.
Sensible Daten "vergessen"
Geht es nach einem Bericht der Londoner "Times", dann ist britischen Diplomaten bei der Evakuierung ihrer Botschaft in Kabul ein gravierender Fehler unterlaufen. Sie sollen sensible Daten über afghanische Ortskräfte und Bewerber hinterlassen haben. Wie ein Reporter, der das Gebäude mit Erlaubnis der Taliban betreten konnte, berichtete, waren auf dort herumliegenden Dokumenten teilweise Namen, Adressen und Telefonnummern zu finden.