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CDU sucht den Sündenbock, die SPD bastelt an der Ampel

Von Heidi Riepl, 28. September 2021, 00:04 Uhr
CDU sucht den Sündenbock, die SPD bastelt an der Ampel
Olaf Scholz, SPD-Kanzlerkandidat, in Richtung CDU/CSU Bild: APA/dpa/Wolfgang Kumm

BERLIN. Innerhalb der Union hat nach der krachenden Niederlage die Abrechnung begonnen FDP und Grüne wollen "vorsondieren" und danach erst mit Rot und Schwarz sprechen

Am ersten Tag nach der Bundestagswahl hat bereits das Ringen um eine Kanzlermehrheit begonnen – zur Debatte stehen aktuell zwei Varianten: eine "Ampel"-Koalition aus SPD, Grünen und der FDP und eine so genannte "Jamaika"-Koalition mit CDU/CSU, Grünen und FDP. Grünen-Ko-Vorsitzender Robert Habeck betonte, er schließe Gespräche mit der Union nicht aus. "Aber durch das Wahlergebnis gibt es eine gewisse Logik, zunächst über die Ampel zu sprechen."

Die FDP sieht das anders, Parteivorsitzender Christian Lindner sagte erneut, er sei skeptisch. Der Parteivorstand der Liberalen hat aber beschlossen, erst einmal mit den Grünen "vorzusondieren".

Nägel mit Köpfen will der Wahlsieger SPD machen. Kanzlerkandidat Olaf Scholz warb offensiv für ein Bündnis mit Grünen und FDP: "Jetzt eine sozial-ökologisch-liberale Koalition zu bilden ist genau das, was man tun muss, wenn man dafür sorgen will, dass in Deutschland die Zukunftsaufgaben aufgegriffen werden, die vor uns stehen." Es gebe große Aufgaben, denen sich die SPD stellen wolle "und über die wir mit den beiden Parteien ins Gespräch kommen wollen."

Das SPD-Team steht

Zugleich sprach er den Unionsparteien CDU/CSU den Anspruch auf das Kanzleramt ab: "Parteien, die abgewählt sind, sollten nicht versuchen, eine Regierung zu bilden. Das delegitimiert sie, bevor es überhaupt losgegangen ist."

Die Sozialdemokraten haben bereits ein Sondierungsteam benannt. Ihm gehören neben Scholz die beiden Parteichefs Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans sowie Generalsekretär Lars Klingbeil, Fraktionschef Rolf Mützenich und Ministerpräsidentin Malu Dreyer (Rheinland-Pfalz) an.

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CDU: "Scholz ist nicht der König"

Union-Kanzlerkandidat Armin Laschet konterte in Richtung SPD: "Olaf Scholz ist nicht der König." Dem glücklosen CDU-Vorsitzenden, der seine Partei auf das historische Tief von nur noch 24,1 Prozent geführt hat, schlägt allerdings heftige innerparteiliche Kritik entgegen. Deswegen ruderte er gestern beim Kanzleranspruch zurück: "Wir können vom Wahlergebnis keinen klaren Regierungsauftrag ableiten."

Michael Kretschmer, CDU-Ministerpräsident in Sachsen, sagte, das Wahlergebnis sei "ein Erdbeben" gewesen und habe "eine Wechselstimmung gegen die CDU" gezeigt. Ihm erschließe sich die Haltung nicht, von einem Regierungsauftrag zu sprechen. Diese Linie liege genau auf dem Kurs, der zum Absturz der Union geführt habe, sagte Kretschmer bei "MDR Sachsen". Der Ministerpräsident sprach zudem von "Fehlentscheidungen – auch in der personellen Aufstellung".

Ähnlich argumentiert Tobias Hans, CDU-Ministerpräsident im Saarland: Aus dem Wahlergebnis lasse sich "kein Regierungsanspruch" ableiten. "Ansonsten wählen wir den aufrechten Gang in die Opposition." Aus "staatspolitischer Verantwortung" stehe die CDU jedoch für Gespräche bereit. Allerdings dürfe sich die CDU dabei nicht "verbiegen". Hans: "Die DNA der Partei darf dadurch nicht verschoben werden."

Scharfe Geschütze aus Bayern

Scharfe Geschütze fuhr die bayerische Schwesterpartei CSU auf: "Aufseiten der CDU hatte der Wahlkampf mehrere Schwächen: Kurs, Kampagne, Kandidat", sagte Landesgruppenchef Alexander Dobrindt laut "Bild"-Zeitung im CSU-Vorstand. Bayerns Finanzminister Albert Füracker, ein enger Vertrauter von Ministerpräsident Markus Söder, sagte: "Wir hätten in Bayern weit mehr als 40 Prozent gehabt, wenn Söder angetreten wäre." Zum Vergleich: Erreicht hat die CSU am Sonntag in Bayern lediglich 31,7 Prozent.

Christian Doleschal, Chef der Jungen Union in Bayern, griff Laschet frontal an: "Er hat jedes Fettnäpfchen mitgenommen, das es gab." Söder selbst sagte im CSU-Bundesvorstand: "Die Union landete auf Platz zwei, daraus ergibt sich kein Anspruch auf Regierungsführung." Damit rückt er klar von Laschet ab.

Christian Lindner: Der Kanzlermacher, der hoch pokert
Christian Lindner ist "bereit". Bild: APA/AFP/TOBIAS SCHWARZ

Christian Lindner: Der Kanzlermacher, der hoch pokert

Vor vier Jahren schockierte Christian Lindner die deutsche Öffentlichkeit. „Es ist besser, nicht zu regieren, als schlecht zu regieren“, verkündete der FDP-Chef nach der Wahl 2017 und brachte die Koalitionsverhandlungen mit Union und Grünen zum Platzen. Seiner FDP tat das nicht gut. Noch zu Jahresbeginn waren die Umfragen einstellig, Deutschlands Liberale konkurrierten mit der Linken um den vorletzten Platz.

Umso größer war der Jubel am Sonntag, als die FDP erneut dazugewann und zum zweiten Mal hintereinander bei einer Bundestagswahl ein zweistelliges Ergebnis erreichte. Diesmal steht für Lindner aber fest: Er will um jeden Preis in die Regierung. „Wir sind bereit, unseren Beitrag zu leisten“, betonte der 42-Jährige noch am Wahlabend. Am Montag verkündete er bereits, „Vorsondierungen“ mit den Grünen aufzunehmen. Ob er eher Jamaika oder die Ampel anstrebe, also ein Bündnis mit Union und Grünen oder mit SPD und Grünen, darauf wollte sich der liberale Parteichef noch nicht festlegen. Lindner, der von einem Job als Finanzminister träumt, macht zwar keinen Hehl daraus, dass er in vielen Fragen der Union näher steht als der SPD. Doch will er jetzt seine Rolle als möglicher Kanzlermacher ausnützen und möglichst hoch pokern. Als rote Linien nannte er „Steuererhöhungen“ und „das Aufweichen der Schuldenbremse“.

Ein politischer Dinosaurier

Christian Lindner kennt den politischen Betrieb in- und auswendig. Trotz seiner 42 Jahre gilt der Lehrersohn bereits als Dinosaurier der Bundesrepublik. Er ist schon länger Parteichef als alle anderen Vorsitzenden der Parteien im Deutschen Bundestag. Schon als 18-Jähriger trat Lindner in die FDP ein, studierte später Politikwissenschaften und zog als 21-Jähriger als jüngster Abgeordneter aller Zeiten in den Landtag von Nordrhein-Westfalen ein. Jürgen W. Möllemann verpasste ihm damals den Spitznamen „Bambi“. 2009 machte ihn der damalige Bundesvorsitzende Guido Westerwelle zum jüngsten Generalsekretär der FDP. Nur vier Jahre später wurde Christian Lindner Parteivorsitzender. Und er ist längst das Zentrum der FDP geworden. Parteivorsitzender, Fraktionsvorsitzender im Bundestag, Spitzenkandidat – in keiner deutschen Partei ist die Macht derart zentral auf eine einzige Person ausgerichtet wie bei den Liberalen. Mit anderen Worten: Christian Lindner ist die FDP.

Dass er mit einer Extra-Portion Selbstvertrauen auf die Welt gekommen ist, sieht man bereits an seiner Haltung. Der Auto-Fan, der mit dem ersten selbstverdienten Geld einen alten Porsche kaufte, gibt auch offen zu, dass er seine schüttere Haarpracht mittels Transplantation aufgepeppt hat: „Ist doch ganz cool geworden“, sagt er. Der geschiedene Lindner ist mit der RTL-Reporterin Franca Lehfeldt liiert und kinderlos.

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Autorin
Heidi Riepl
Redakteurin Außenpolitik, Weltspiegel
Heidi Riepl
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11  Kommentare
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SanctiAnima (858 Kommentare)
am 28.09.2021 10:50

Rezo hat doch einige erreicht anscheinend zwinkern

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betterthantherest (34.026 Kommentare)
am 28.09.2021 09:39

Merkels Vermächtnis:
Totalabsturz der CDU
Deutschland gesellschaftlich und wirtschaftlich ruiniert

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LASimon (11.305 Kommentare)
am 28.09.2021 09:59

Die Bundesrepublik ist mehr als die CDU, die schon seit vielen Jahren ohne Programm dasteht - als Kanzler*innen-Wahlverein.
Was sich rächt ist der mangelnde Wille der deutschen Wählerschaft zur Veränderung. Wenn ein "Sie kennen mich ja" ausreicht, um mit deutlicher Mehrheit gewählt zu werden, sagt das viel über die Wähler aus.
Die Fehler von Merkel wirken sich ebenso aus wie die Fehler ihrer Vorgänger.

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betterthantherest (34.026 Kommentare)
am 28.09.2021 10:41

Lasimon

Konzepte und Antworten auf wichtige Fragen hat auch diesmal kein einziger Kandidat /keine einzige Kandidatin gehabt.

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Libertine (5.422 Kommentare)
am 28.09.2021 09:34

Wenn der Söder etwas früher mit den Querschüssen aufgehört hätte, hätte er in Bayern wahrscheinlich die fehlenden 2% zum 1. Platz sichern können. Aber das eigene Unvermögen auch noch auf den Katastrophenkandidaten abzuschieben ist nicht fair.
Dass die CDU mit ihrem Kandidaten Schiffbruch erleiden wird, war schon nach der Kür erwartbar, denn sogar der farblose Röttgen wäre besser gewesen, von einem "Macher" a la F. Merz ganz zu schweigen. Aber den Kandidaten haben ihnen A. Merkel, W. Schäuble und V. Bouffier aufs Aug gedrückt, gegen Widerstand aus diversen Landesgruppen. Ergebnis bekannt.

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betterthantherest (34.026 Kommentare)
am 28.09.2021 09:40

Querschüsse gibts dann, wenn der Kandidat zu schwach ist.

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LASimon (11.305 Kommentare)
am 28.09.2021 10:01

Söder hat nie mit den Querschüssen aufgehört.

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Vivere (1.088 Kommentare)
am 28.09.2021 10:03

schon, als er gemerkt hat, dass der 1. Platz für die Union nur mehr schwer erreichbar ist!

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nodemo (2.234 Kommentare)
am 28.09.2021 09:16

Die Langzeitschäden der Merkel Fehlentscheidungen werden genauso lang andauern wie die Corona Langzeitschäden und die BRD-Regierung befindet sich in einem krankhaften Dauerzustand.

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LASimon (11.305 Kommentare)
am 28.09.2021 10:01

Jeder Politiker, der länger im Amt ist, hinterlässt Langzeitfolgen. Das galt für Kreisky ebenso wie für Kohl (um nur 2 zu nennen). Dass diese Langzeitfolgen nicht nur positiv sind, versteht sich von selbst, denn kein Mensch ist fehlerfrei.

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Gugelbua (31.937 Kommentare)
am 28.09.2021 09:07

die Leut haben immer so viel Hoffnung daß nun alles besser werde, dabei wirds immer nur anders niemals besser, weil die gewachsenen Netzwerke über die Jahre auch weiter bestehen😉

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