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Am Ende des Afghanistan-Krieges bleibt für die USA eine Fülle von Fragen offen

Von Thomas Spang, 01. September 2021, 00:04 Uhr
Am Ende des Afghanistan-Krieges bleibt für die USA eine Fülle von Fragen offen
„Das ist der letzte Soldat, der Afghanistan verlässt.“ So untertitelte das US-Militär die Infrarotaufnahme mit Generalmajor Chris Donahue. Bild: AFP

Eine Minute vor Mitternacht hob die letzte US-Militärmaschine vom Flughafen Kabul ab.

An Krisen mangelt es nicht, die Aufmerksamkeit der Amerikaner umzulenken. Während der längste Krieg der USA nach fast 20 Jahren pünktlich eine Minute vor Mitternacht afghanischer Ortszeit im Schutze der Dunkelheit zu Ende ging, flimmerten Bilder der Schäden und Überschwemmung nach Hurrikan "Ida" in Louisiana über die Bildschirme. Eltern machen sich zu Schulbeginn rund um den "Tag der Arbeit" kommenden Montag Sorgen um die Sicherheit ihrer nicht geimpften Kinder, die inmitten der vierten Corona-Welle zurück in die Schule kehren. Und auf den Kongress wartet ein arbeitsreicher Monat, in dem historische Reformen des Sozial- und Bildungssystems sowie der Infrastruktur und Klimapolitik über die Ziellinie gebracht werden sollen.

Was von diesen düsteren Tagen des August übrig bleibe, sei das Ende eines Krieges, der schon lange keine Unterstützung mehr in der Bevölkerung habe, meint Jennifer Palmieri, die unter Barack Obama im Weißen Haus für die Kommunikation zuständig war und nun auch Joe Biden berät. "Tatsache ist, dass die USA raus sind." Dies interessiere die Amerikaner am meisten an Afghanistan. "Die Zukunft sind Covid und Infrastruktur."

"Der letzte Soldat"

Der Kraftakt der US-Streitkräfte, innerhalb kurzer Zeit unter größter Gefahr 122.000 Menschen über eine Luftbrücke aus Kabul gebracht zu haben, wird getrübt durch die 250 Amerikaner, die es nicht zum Flughafen geschafft haben. Und den Tod der 13 Marines bei einem Selbstmordattentat. Ganz zu schweigen von bis zu 100.000 Afghanen, die für die westlichen Truppen gearbeitet hatten und nun den neuen Taliban-Herrschern ausgeliefert sind.

In der letzten C-17-Maschine, die im Schutze der Dunkelheit und Deckung von B-52-Bombern aus der Luft in Kabul abhob, saßen der US-Botschafter Ross Wilson sowie der Kommandeur der 82. Luftlandedivision, Generalmajor Chris Donahue. Später twitterte das Militär die Infrarotaufnahme Donahues, der mit einem Gewehr in der Hand die Laderampe hinaufgeht. "Das ist der letzte Soldat, der Afghanistan verlässt." Sieger sehen anders aus. Weshalb es die Regierung zunächst Sprechern aus der zweiten Reihe überließ, das unrühmliche Ende zu verkünden. "Ich bin hier, um mitzuteilen, dass wir unseren Abzug aus Afghanistan abgeschlossen haben", sagte der aus Doha zu einer Pressekonferenz mit Pentagon-Sprecher John Kirby zugeschaltete Viersternegeneral Kenneth McKenzie.

Die konservative Analystin Danielle Pletka vom "American Enterprise Institute" glaubt nicht, dass Biden die Schmach des Rückzugdesasters abschütteln kann. Es blieben unzählige Fragen offen. Was mit den Zurückgelassenen passiere? Wie mit der Terrorgefahr in Afghanistan künftig umgegangen werde? Ob Widerstand gegen die Taliban US-Unterstützung erhalte? "Die Taliban bestimmen, was als Nächstes passiert", sagt Pletka. "Wenn Biden Glück hat, ist er am Ende ein Jimmy Carter."

Ex-Präsident Carter galt in den Augen vieler Amerikaner wegen der Handhabung der Geiselkrise im Iran als Schwächling. Dass die Taliban Amerikaner zu Geiseln machen oder an ehemaligen Ortskräften ein grausames Exempel statuieren, halten Experten für nicht ausgeschlossen. Die Sprecherin des Weißen Hauses, Jen Psaki, meint: "Wir behalten enormen Einfluss über den Zugang zu dem globalen Marktplatz."

Internationaler Druck als Hebel

Ein anderer Hebel, den die Amerikaner nutzen wollen, ist der Druck der internationalen Gemeinschaft. Am Montag forderten mehr als hundert Staaten die USA und die Taliban-Regierung dazu auf, Ausreisen von Ausländern und Afghanen weiter zu ermöglichen. Eine ähnliche Resolution beschloss der UNO-Sicherheitsrat.

Das Weiße Haus setzt auf Ablenkung durch die nächsten Nachrichtenzyklen und die notorische Vergesslichkeit einer Nation, die sich mehr für das Morgen als das Gestern interessiert.

"Das ist ein delikater Augenblick", beschreibt der demokratische Abgeordnete Emanuel Cleaver aus Missouri die Gefühlslage in Washington. Wenn es Biden gelinge die Reformgesetze durch den geteilten Kongress zu navigieren und die Pandemie unter Kontrolle zu bekommen, könne er Vertrauen zurückgewinnen. "Die Leute fragen sich, was die Demokraten mit der Verantwortung machen, die sie ihnen gegeben haben."

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Autor
Thomas Spang
US-Korrespondent
Thomas Spang

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13  Kommentare
13  Kommentare
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( Kommentare)
am 01.09.2021 16:48

Man sagt, dass das erste Opfer eines Krieges die Wahrheit wäre. Im konkreten Falle schaffen es die US-Amerikaner, dass es auch das letzte Opfer ist!

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pepone (60.622 Kommentare)
am 01.09.2021 15:41

https://de.rt.com/meinung/123139-john-pilger-das-grosse-spiel-laender-zu-zerschlagen/

etwas interessantes über Machenschaften und sooo ...

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u25 (4.955 Kommentare)
am 01.09.2021 10:51

Welches Land ist jetzt an der Reihe ?

Ich tippe Iran

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( Kommentare)
am 01.09.2021 16:57

Auch in Lateinamerikader gäbe es einige Kandidaten. Dort hätte man den Vorteil der geographischen Nähe und umfassende Erfahrung aus früheren Jahrzehnten, wo man durch korruptive Massnahmen, Betrug und Suppresion Länder destabilisiert hat, was heute noch massiv nachwirkt.

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Gugelbua (31.937 Kommentare)
am 01.09.2021 09:01

Fragen?
Was wollten die Briten die Russen die Amis in all den vielen kriegerischen Auseinandersetzungen??? Frieden wohl kaum👎

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edith1966 (785 Kommentare)
am 01.09.2021 08:28

die Pakistani, IS und Afghanen werden schon wieder für einen Einsatz der USA sorgen.
Da braucht sich die Rüstungsindustrie keinen Sorgen machen.

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( Kommentare)
am 01.09.2021 07:32

Von 1996 bis 2001 war in Afghanistan die extreme Auslegung der Scharia dafür verantwortlich, dass es keine Bildung, keine Frauenrechte, ja auch keine Menschenrechte gab. Erst 2001 war diese Regierung gestürzt worden und es gab internationale Gelder für Bildung, auch für Frauen.
Nach den Anschlägen am 11. September 2001 sind die Amerikaner in Afghanistan einmarschiert und haben die Taliban entmachtet. Unter dem Schutz der USA wurde 2004 eine neue Regierung gewählt. Nachdem bisher Afghanistan ein schwarzes Loch der Wissenschaft war, wurden nun mit Hilfe der USA und der Weltbank über 10 Universitäten auch zugänglich für Frauen gegründet. 200.000 Studierende, davon ein viertel Frauen, besuchten die Universitäten. Das Leben, die Kultur, das Wissen begann aufzublühen, auch unter dem Schutz der USA. Doch jetzt wird das Land wieder diese 20 Jahre eines aufstrebenden Landes zurück in die Vergangenheit geworfen. Der Fanatismus einer Religion hat die Herrschaft mit Brutalität wiedergewonnen.

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max1 (11.582 Kommentare)
am 01.09.2021 08:18

Was sie hier beschreiben, die Freiheit zu studieren und eine Verfassung die Säkular war gab es schon vorher. 1965 war die erste Frau als Gesundheitsministerin berufen worden..... Erst als sich der Westen wieder in die inneren Angelegenheiten zu mischen begann wurde die Sowjetunion gebeten zu helfen.
Der Westen rüstete draufhin islamistische Gruppen auf, die Russen aus dem Land zu drängen. mit modernsten Kriegsgerätschaften und logistischer Unterstützung des Westens aus Pakistan gelang es auch. Die Mudschahedin übernahmen und islamisierten Afghanistan wieder. Die Taliban folgten und sind wieder am Zug.

Wie es weiter geht ist unbekannt. Es ist bekannt dass die Afghanen immer die Liedtragenden der westlichen Mächte waren und es ging immer schon gegen Russland. Es waren sogenannte Stellvertreterkriege.

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LASimon (11.305 Kommentare)
am 01.09.2021 10:07

" Erst als sich der Westen wieder in die inneren Angelegenheiten zu mischen begann wurde die Sowjetunion gebeten zu helfen." Da bringen Sie doch wohl etwas durcheinander. 1978 putschten die afghanischen Kommunisten mit Unterstützung aus Teilen der afghanischen Armee und taten es der 30 Jahre zuvor siegreichen KPCh gleich: Sie wollten das Land in Nullkommanix vom Feudalismus (ethnische und Clanzugehörigkeit vor Staatsangehörigkeit) zum Sozialismus führen, inklusive Atheismus, Kolchosenwirtschaft und Industrialisierung. Diese Politik trieb Teile der Bevölkerung in die Hände von Mujaheddin, die die kommunistische Führung bekämpften - mit einigem Erfolg, weshalb die UdSSR um militärische Unterstützung gebeten wurde - ohne Erfolg. Erst im Gefolge einer Lüge des KGB in Kabul - der kommunistische Staatschef sei in Wirklichkeit US-Agent - griff die UdSSR militärisch in Afghanistan ein.

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LASimon (11.305 Kommentare)
am 01.09.2021 10:11

Dies rief nun (!) die USA auf den Plan, die - typisch für den Kalten Krieg mit der Maxime "Der Feind meines Feindes ist mein Freund" - jetzt die Mujaheddin mit modernen Waffen versorgten. Die USA mischte sich also nicht in die inneren Angelegenheiten Afghanistans ein, sondern bekämpfte - in einem typischen Stellvertreterkrieg - die UdSSR. Es ging den USA nicht um Afghanistan, sondern um eine Schwächung der UdSSR.
Dass die Mujaheddin den USA nach der Vertreibung der sowjetischen Truppen keine Dankbarkeit zeigten, ist auch bekannt.

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nichtschonwieder (8.500 Kommentare)
am 01.09.2021 07:19

Und so hat die "Weltmacht" den nächsten Krieg verloren, kann sich aber dennoch die Hände reiben, denn Europa hat nichts anderes zu tun, als darüber zu diskutieren, wer wieviele Flüchtlinge aufnehmen soll.
Die sollen alle ins Amiland - wer hat denn das Desaster veranstaltet?
Kurz bleibt bei seinem Nein - und das ist gut so!

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Tenhor.Nemsi (709 Kommentare)
am 01.09.2021 02:00

DEVELOPE statt ENVELOPE.
Jährlich pilgern Millionen nach Mekka, um einem
Kometen-Bruchstück in der Kaaba zu huldigen --
völlig unbeeindruckt von der westlichen Meinung.

Koranschüler lassen sich ihren Aberglauben nicht
so einfach austreiben (= himmlische Steinigung).

Der Begriff ABER-GLAUBE (= ava, owa -- ave, owe)
für Jahwe oder Jehova -- für eine Wiederholung der
himmlischen Niederkunft -- dieser Begriff stammt
vom griech. Historiker Agatharchides (-200).

>> Also besser der lasterhafte Zeus -- statt Allah !!

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max1 (11.582 Kommentare)
am 01.09.2021 08:21

Aber Glaube kann aus einer Misere helfen wenn man selbst etwas dazu beiträgt oder auch nicht.
Das funktioniert bei allen die einem Glauben anhängen. Somit sind das alles AberGlauben, oder?

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