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Brunners würziger WortWechsel

09. Februar 2021, 16:43 Uhr
Franz Brunner ist ein durchaus genügsamer Mensch, was seine Haarpracht anbelangt.
Franz Brunner ist ein durchaus genügsamer Mensch, was seine Haarpracht anbelangt. Bild: Privat

STEYR. Wortwechsel-Autor Franz Brunner begab sich am ersten Tag, an dem dies wieder möglich war, unters Messer, genauer gesagt unter die Schere. Auf dem eigenen Weg zum Prinzen wurde er dabei erstmals in der Steyrer Bahnhofsstraße fündig.

Die Wiederauferstehung des Figaro

Gottseidank, Steyr erwacht wieder aus dem zwangsverordneten Dornröschenschlaf. Klar, dass ich da freudig mitmache und umgehend meinen Beitrag leiste, um die lokale Wirtschaft nach Kräften zu fördern. Kaum jemand ist zwischenzeitlich jünger oder gar schöner geworden und die Haare sind an allen nur möglichen Körperstellen gewachsen, ob sie nun durften oder nicht. Mein erster Weg führt mich daher zielstrebig in die Bahnhofstraße, das Steyrer Mekka des Hairstylings.

Franz Brunner
Franz Brunner

"Machen Sie bitte einen jungen, gutaussehenden Prinzen aus mir." Mein Gegenüber stand hinter mir und starrte mir verdattert in die Augen. Wie das physikalisch funktioniert? Plagen Sie sich nicht, Sie kommen nicht drauf. Gestern war's und es durfte auch wieder sein, ganz offiziell. Ich saß frisch getestet beim Friseur meines neuen Vertrauens erwartungsvoll im Behandlungsstuhl, wir tauschten unsere Blicke via Spiegel aus. Sein Blick war, wie erwähnt, ob meines eigenartigen Wunsches verwirrt, meiner für diese Tageszeit erstaunlich wach und fröhlich. Zumindest nach eigener Einschätzung. Es war kurz nach 9 Uhr am Morgen, ich hatte meinen ersten Kaffee bereits hinter mir, er hatte ihn noch vor sich, vor sich am Ladentisch stehen. Er dampfte noch und duftete nach Orient. Die eigenartige Musik im Salon kam aus derselben Region, ebenso der Meister der Schere. Er schien nachzudenken, so er mich überhaupt verstanden hatte. Ja, ich glaubte schon, denn sein Deutsch war löblich gut und mein Ansinnen zudem klar formuliert, wenn auch äußerst schwer umzusetzen.

Einen Prinzen? Aus dem Typen? Wie soll das denn funktionieren, wird er sich wohl gedacht haben. Er ist doch kein Schönheitschirurg und auch kein Zauberer, er ist schlicht für die Frisur zuständig. Nein, das war zu viel verlangt. Ich erlöste ihn und korrigierte: "Keine Panik, das war nur ein Scherz. Einfach Haare schneiden, das reicht." Ihm reichte das nicht, er wollte nun, da er erleichtert war, mehr über meine Vorstellungen wissen. Er ist immerhin Profi, beinahe ein Künstler, da muss man(n) als Kunde schon genauere Angaben machen. Mit Sprachbrocken, Pantomime und etwas Geduld schafften wir es, uns auf ein Wunschergebnis zu einigen. Sogleich legte der Meister los.

Schnipp, schnapp, ritsch, ratsch und nach 15 Minuten war das Kunstwerk fertig. Hochzufrieden mit meinem Aussehen und dem Preis-Leistungs-Verhältnis verließ ich den Salon. Der Profi hatte sein Möglichstes getan, um einen Prinzen zu erschaffen. Nun lag's an mir, den Rest auch noch hinzubringen. Fürwahr ein schwieriges Unterfangen, wo ich gerade jetzt meine Modeberaterin nicht dabei hatte. Die versuchte zur selben Zeit andernorts aufopfernd, die heimische Wirtschaft auf ihre Art zu fördern. Sie liegen richtig, die Förderung meiner Liebsten hat was mit Textilien zu tun, also konnte ich diesen Bereich beruhigt abhaken. Außerdem, dachte ich mir, Kleider mögen schon Leute machen, ich bin allerdings mehr der Typ, bei dem die inneren Werte zählen. Einer plötzlichen Eingebung folgend kam ich nicht umhin, die inneren Werte einer Leberkäs-Semmel bei der erstgefundenen innerstädtischen Bezugsquelle zu prüfen. Mit kulinarischem Erfolg, darf ich freudig vermelden.

Apropos Eingebung, da gibt's noch was Interessantes zu berichten. Sie kennen doch Karl Lagerfeld, diesen arroganten Schnösel, der stets Sonnenbrille, schwarzes Sakko und schwarze Lederhandschuhe trug. Als Modeschöpfer muss er ja ganz groß gewesen sein, als Mitmensch hatte er nicht ganz so gute Kritiken. Ungeachtet dessen, der Kerl war tatsächlich ein Wahrsager. „Wer Jogginghose trägt, hat die Kontrolle über sein Leben verloren.“ Das sagte dieser kluge Mann bereits im Jahr 2012, und was haben wir heute? Jänner 2021, oft schon tagsüber Jogginghosen an und Corona-bedingt die Kontrolle über unser Leben fast verloren. Lagerfeld hat’s gewusst, er war Prophet und Marketing-Genie zugleich, denn kurze Zeit nach dieser Wahrsagung hat er eine erfolgreiche Kollektion dieses Schlabber-Looks entworfen. Ich geb’s ja zu, ich finde solche Hosen auch bequem, allerdings habe ich mir einen Rest an Würde bewahrt und trage diese Montur nur im geschützten Bereich meines Anwesens. Gehe ich so vor’s Haus, um beispielsweise den Müll zu entsorgen, dann nur mit Maske, hochgestelltem Kragen und Haube, also bis zur Unkenntlichkeit verkleidet. Ich hoffe vergeblich, dass mit dem Verschwinden der Masken die Jogginghosen ebenso wieder aus dem Stadtbild verschwinden. Und es dürfte sogar noch schlimmer kommen: Der Pyjama wird in Kürze straßen- und alltagstauglich. Na dann gute Nacht, Abendland.

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