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„Unsere Tochter wird uns immer fehlen“

Von Barbara Eidenberger, 10. Februar 2012, 00:04 Uhr
„Unsere Tochter wird uns immer fehlen“
Robert und Alexandra Pytlik, die bald von Leonding nach Bad Leonfelden übersiedeln werden, trauern um ihre Tochter Anja. Bild: eiba

BAD LEONFELDEN. Vor zwei Jahren erhielten Alexandra und Robert Pytlik eine Nachricht, die für Eltern eine Horrormeldung ist: Ihre Tochter Anja hat einen Gehirntumor. Fünf Wochen später verstarb die Achtjährige.

OÖN: Der Tod Ihrer Tochter jährte sich am 23. Jänner zum zweiten Mal. Wie geht es Ihnen?

Robert Pytlik: Unser bald einjähriger Sohn ist ein Lichtblick für uns. Aber die Ungerechtigkeit nagt schon noch an mir. Es ist unvorstellbar, dass das eigene Kind an Krebs stirbt.

Alexandra Pytlik: Oft fühlt es sich auch wieder so unwirklich an. Und dann wird einem plötzlich wieder sehr bewusst, dass man sein Kind verloren hat und es nie wieder kommt. Anja wird immer fehlen.

OÖN: Wann und wie wurde Anjas Tumor entdeckt?

A. Pytlik: Am Montag, dem 14. Dezember 2009 klagte Anja zum ersten Mal über Kopfschmerzen. Am Dienstag rief uns die Lehrerin an: Anja hat Kopfschmerzen und möchte abgeholt werden. Wir sind zum Hausarzt, der meinte, die Schmerzen würden mit der Angina zusammenhängen. Mein Mann hat aber am selben Tag mit einem befreundeten Mediziner gesprochen, der uns geraten hat, mit diesen Symptomen vorsichtig zu sein. Deshalb sind wir ins AKH gefahren. Der Arzt dort hat uns erklärt, dass unsere Tochter doch ganz gesund aussieht und nichts haben könne. Da kam ich mir auch blöd vor und dachte noch: Jetzt gehöre ich schon zu diesen hysterischen Müttern. Anjas Zustand verbesserte sich aber nicht. Am Donnerstag sagte sie bei der Hausübung: Ich kann nicht, mir tut mein Kopf so weh. Ich bin dann mit ihr wieder ins AKH gefahren, der gleiche Arzt hatte Dienst. Seine Erklärung lautete: Spannungskopfschmerz. Anja bekam Tabletten verschrieben, und wir sind wieder heimgefahren.

OÖN: Wie ist es Anja dann gegangen?

A. Pytlik: Sie war sehr müde und hat zwei Stunden geschlafen. Als ich sie wecken wollte, ist mir das erst nach zehn Minuten gelungen. Anja konnte nicht mehr aufstehen, ihr war übel und sie hat sich übergeben. Ich habe im AKH angerufen und plötzlich hieß es, wir sollten sofort kommen. Es wurde eine Computertomografie gemacht. Der Arzt holte mich dann in einen Nebenraum und sagte: „Es wächst etwas in Anjas Kopf.“ Wir wurden ins Kinderkrankenhaus geschickt. Anja wurde schon auf die Station gebracht, als ein Arzt auftauchte und meinte, sie müsse sofort ins Wagner-Jauregg und notoperiert werden. Die Zirkulation der Gehirnflüssigkeit war bereits beeinträchtigt. Mit Blaulicht wurden wir dann ins Wagner-Jauregg gefahren.

OÖN: Wie ging es Ihnen mit der Nachricht, dass Ihre Tochter einen Tumor hat?

A. Pytlik: Wie der Arzt im AKH sagte: Da wächst etwas, war mir klar: Jetzt wird es nie wieder so sein wie früher. Aber weinen oder zusammenbrechen konnte ich nicht. Ich war eher in einem Schockzustand.

R. Pytlik: Man ist da irgendwie Zuschauer. Das passiert mit einem. Und man ist natürlich maßlos überfordert.

OÖN: Wie ehrlich kann man einem Kind erklären, dass es einen bösartigen Gehirntumor hat?

R. Pytlik: Wir sagten, da wächst etwas in deinem Kopf, das wird weggeschnitten, dann bekommst du Tabletten und wirst wieder gesund.

OÖN: Haben Sie das zu diesem Zeitpunkt selbst auch geglaubt?

R. Pytlik: Anja hat mich gefragt, ob sie sterben muss. Ich sagte: Nein, alte Leute sterben, du doch nicht. Das hat sie dann geglaubt – und wir auch.

OÖN: Wie ging es weiter?

A. Pytlik: Die Chemotherapie hätte im Kinderkrankenhaus stattfinden sollen. Aber die Chemo verzögerte sich, weil der Tumor immer weiter wuchs. Sie wurde insgesamt sieben Mal operiert und bekam dann auch noch eine Gehirnhautentzündung.

R. Pytlik: Meiner Meinung nach war man im Kinderkrankenhaus überfordert mit Anjas Fall. Die Gehirnhautentzündung wurde an einem Freitag diagnostiziert. Wir wussten, der Neurochirurg geht dann nach Hause. Also haben wir gebeten, Anja solle ins Wagner-Jauregg verlegt werden. Erst hieß es noch, wir seien schwierige Eltern. Aber dann meinte der Neurochirurg, bei seinem Kind würde er wohl ähnlich reagieren.´Dann konnte Anja verlegt werden.

OÖN: Wann wurde Ihnen bewusst, dass Ihre Tochter sterben wird?

A. Pytlik: Es gab eine Nacht, in der ich mir dachte, es ist soweit. Aber die haben wir überstanden und dann sagt man wieder zu sich selbst: Wie kannst du so etwas denken, Anja stirbt doch nicht.

R. Pytlik: In ihrer letzten Nacht war ich bei ihr, sie war ansprechbar, hatte keine Angst und keine Schmerzen. Aber es kam immer wieder zu epileptischen Anfällen. Sie wurde auf die Intensivstation verlegt. Ich habe mich auch hingelegt und kaum war ich eingeschlafen, kam eine Schwester und sagte: „Anja will sie sehen. Die Situation ist mehr als kritisch.“

A. Pytlik: Ich wurde telefonisch verständigt. Als ich ins Krankenhaus kam, war Anja schon hirntot. Sie hatte mehrmals wiederbelebt werden müssen, aber es war zu spät. Eine Gehirnschwellung hatte das Atemzentrum abgedrückt.

R. Pytlik: Nach ihrem Tod kam die große Leere. Man kann nicht einmal weinen. Man fühlt sich wieder wie ein Zuschauer, auch beim Begräbnis. Alles zieht an einem vorüber und man kann ohnehin nichts tun.

OÖN: Was würden Sie sich wünschen, dass anders gelaufen wäre?

R. Pytlik: Dass die Ärzte mehr zuhören. Die medizinischen Rahmenbedingungen sind gut und Anja wäre an diesem aggressiven Tumor ohnehin gestorben. Aber man hätte ihr und uns viel Tortur ersparen können. Das fängt bei der Tatsachenermittlung an.

A. Pytlik: Man hatte das Gefühl, es wird immer das gleiche Programm abgespult, egal ob sich jemand den Finger gebrochen hat, oder ob er einen Gehirntumor hat. Mein Wunsch ist eigentlich, dass die Eltern nicht für blöd gehalten werden.

R. Pytlik: Da ist man eh nervlich so angespannt und dann muss man kämpfen um jeden Schritt. Mehr Menschlichkeit und Feingefühl wären angebracht.

 

Nicht anklagen, aber aufmerksam machen

LINZ. Familie Pytlik wandte sich an die OÖN, als der Fall der Schwangeren, die mit Blutungen in Wien im Krankenhaus abgewiesen wurde, durch die Medien ging. Die schwierige Zeit während der Krankheit ihrer Tochter hat die beiden sehr aufmerksam und kritisch werden lassen. Das Interview sei aber keine Anklage, betonen beide. Viel mehr geht es ihnen darum, darauf aufmerksam zu machen, dass die Stimme der Eltern, aber auch der Patienten in manchen Fällen zu wenig gehört wird. Dafür habe man Verständnis, sagt Heinz Brock, der medizinische Direktor des AKH Linz: „Die Frage nach dem Warum wird in solchen Fällen natürlich gestellt. Von der medizinischen Vorgehensweise her war alles in Ordnung.“ Er rät dazu, bei Problemen oder Fragen immer die offizielle Beschwerdestelle zu kontaktieren. Mit dem Kinderkrankenhaus haben die Pytliks nach Anjas Tod den Kontakt gesucht, und es gab ein klärendes Gespräch.

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