Linzer Brucknerfest: Vier Sinfonien in fünf Tagen sättigten Publikum
LINZ. Mit vier großen Sinfonien innerhalb von nur fünf Tagen hat das heurige Linzer Brucknerfest für eine gewisse Sättigung für Fans gesorgt.
Durften zuerst die Münchner Philharmoniker an drei aufeinanderfolgenden Tagen in der Stiftskirche St. Florian musizieren, folgte am Freitagabend durch das Bruckner Orchester im Linzer Brucknerhaus das nächste große Musik-Werk des oberösterreichischen Komponisten.
Das Timing war vielleicht durch die Dichte der sinfonischen Aufführungen etwas ungünstig - dennoch machte das Orchester unter seinem Chef Markus Poschner dem Namensgeber und sich selber alle Ehre. Im Zentrum des Konzerts stand Bruckners Sinfonie Nr. 3 d-moll, Fassung 1873. Markus Poschner hatte sich für diese seltene Version entschieden. Der Blick auf die Urfassung hat sich gelohnt. Bruckners "Dritte" steht schon an der Schwelle der vollen Meisterschaft und verweist auf die Monumentalität, die Bruckner später noch auszeichnet.
Angesichts der Richard Wagner gewidmeten Sinfonie war es naheliegend und passend, an den Beginn des Konzerts drei Werke des von Bruckner verehrten Bayreuther Titanen zu stellen: Ouvertüre und "Hallenarie" der Elisabeth aus der Oper "Tannhäuser" sowie Vorspiel und "Isoldes Liebestod" aus der Oper "Tristan und Isolde". Auch Wagner geriet an diesem Abend zum "Heimspiel" für das Bruckner Orchester und seinen Dirigenten, steht doch "Tristan und Isolde" derzeit auf dem Spielplan des Linzer Musiktheaters. Als Solistin trat die deutsche Sopranistin und Wiener Kammersängerin Ricarda Merbeth erstmals im Linzer Brucknerhaus auf. Die beiden Arien sang sie mit der Routine einer großen Wagner-Stimme.
Wenige Tage nach den drei Konzerten der "Münchner" konnte man nun im Brucknerhaus die unterschiedliche Herangehensweise der beiden Dirigenten vergleichen: Valerij Gergiev mit kontrollierter sparsamer Hand-Arbeit, die Partitur beachtend, und nun Markus Poschner mit mitreißender oft weit ausholender Gestik und anfeuernder Mimik.
Mit seiner Dritten Sinfonie zeigt Bruckner bereits seine volle Meisterschaft und Monumentalität: Das von der Solotrompete über einem Klangteppich der Streicher angestimmte Hauptthema des ersten Satzes wird im Finale wiederholt; die Bratschenmelodie im Mittelteil des Adagios gehört zu den schönsten Melodien des Komponisten; oder die Verbindung eines Polka-ähnlichen Tanzes mit einem ernsten Choral im Finale. Keine Frage: Die Blechbläser des Bruckner Orchesters gewinnen mit ihren Orgel-ähnlichen Ton-Kaskaden die höchste Zuwendung des Publikums, aber auch die melodienseeligen und gerade auch im Finale stark geforderten Streicher tragen zum mächtigen Gesamteindruck bei. Schlussendlich großer Jubel des konzentriert die Wiedergabe genießenden Publikums und natürlich Standing Ovations.
Anton Bruckners 3. Sinfonie wird vom Bruckner Orchester Linz am nächsten Wochenende noch einmal in zwei oberösterreichischen Kirchen gespielt: am Freitag, 5. Oktober, 19.30 Uhr, in der Basilika Maria Puchheim (Attnang-Puchheim) und am Samstag, 6. Oktober, 19.30 Uhr, in der Stiftskirche Reichersberg am Inn. Beide Konzerte dirigiert der aus Sri Lanka stammende Kapellmeister am Linzer Landestheater Leslie Suganandarajah.
Vollendeter Wagnergesang und Biermöselblasen
So könnte man das Konzert am Freitag im BH charakterisieren. Im ersten Teil gab Ricarda Merbeth 2 Kostproben ihrer fast unendlichen Stimmgewalt. Sehr gut war, dass sie während des instrumentalen Teil von Isoldes Liebestod auf die Bühne kam und ihren Schlussgesang nahtlos übergehend vortrug. Der Applaus verblieb überraschenderweise eher verhalten.
Nach der Pause ging's mit Bruckners Dritten weiter. Aber wie! Da wurde d'rauf losgeschmmettert und gepaukt als sollte das Dach des BH gehoben werden. "Schwergewichtsboxen" fiel mir ein. Das BO folgte den wilden Gesten des Dirigenten und steigerte wie befohlen die Lautstärke. Dass sie dabei "sauber" blieben und keinen Tonalbrei lieferten, ist ihnen hoch anzurechnen. Dem Publikum gefiel's, sie spendeten Bravos und standing ovations. Daher ganz gemäß Anton Bruckner: Volkes Stimme ist Gottes Stimme!
Georg Szolti hat sich einmal drüber echauffiert, dass seine Aufführung eines Requiems im Stefansdom ständig von der Liturgie aufgehalten wurde.