Gestatten, Graveur! Wie Linz seine Handwerker wieder sichtbar macht
LINZ. "The Engraver" Peter Kainerstorfer ist einer von 52 Bewahrern "alter Künste", die in der neu überarbeiteten Broschüre "Handwerk Live" in Wort und Bild vorgestellt werden.
Sein Beruf besteht aus "Eingraben", und trotzdem hat Peter Kainerstorfer nichts mit dem Tod zu tun. Außer, dass er ein Handwerk beherrscht, das man vor dem Aussterben bewahren muss.
Der Linzer ist Graveur. Das hat den Absolventen der Steyrer HTL zuerst zu einer Leidenschaft und dann zu einem Beruf geführt, dem er seit 18 Jahren selbständig nachgeht. "The Engraver" heißt sein unscheinbar wirkender Betrieb in der Reindlstraße 39 in Linz-Urfahr. Vier Räume, in denen man sich bei aller Modernität ein wenig wie in einer Zeitmaschine fühlt. Denn hier ist auch noch richtige Handarbeit gefragt, und so mancher Maschine sieht man an, dass sie schon einiges erlebt hat. Könnte sie nur darüber erzählen, wäre es lebendiger Geschichtsunterricht.
Breite zeigen
Glücklicherweise gibt es noch Menschen, die die Kunst dieses Handwerks beherrschen und somit auch wissen, wie diese Maschinen zu bedienen sind. Menschen wie Kainerstorfer, der sich mit seinem vierköpfigen Team darum bemüht, die gesamte Breite dieses Handwerks darzustellen, das zu den ältesten der Welt gehört. Liebevoll gestaltete Handgravuren, Einzelstücke, Industriegravuren, Werkzeuge oder individuelle Gestaltungen der Oberfläche von Metall, Glas und Kunststoffen – bei "The Engraver" wird vieles ermöglicht. Wer das Glück hat, mit dem Chef des Hauses ins Gespräch zu kommen, erfährt, dass der Graveur meist am Anfang eines Produktes steht, auch wenn man das dem Endergebnis oft nicht mehr ansehen würde. Aber: "Wir wissen, dass unsere Teile überall in der Welt zu sehen sind", sagt der Unternehmer und erzählt dann von den Kunden, die Schilder mit "seinen" Gravuren buchstäblich rund um den Globus verbreiten würden. Natürlich sei das Geschäft kein Selbstläufer. Die Kurzlebigkeit von Produkten mache es schwierig, aber man müsse sich eben wie er einen Nischenplatz erkämpfen. Und wer zudem die Erfahrung vieler Jahre und Jahrzehnte hat, dem gelingt dies auch leichter. Denn Erfahrung sei das Wichtigste, sagt der Handwerker.
Übrigens: Das mit dem "Eingraben" bezieht sich auf die Bedeutung des Wortes "gravieren". "Wir graben uns ins Material hinein", erklärt Kainerstorfer.
Die Broschüre
„Handwerk Linz“ präsentiert in seiner dritten und erweiterten Auflage 52 Linzer Gewerbebetriebe, in denen das Handwerk hochgehalten wird. Das Spektrum ist breit, reicht vom Traditionsbäcker über den Schuhmacher und das Seidenstudio bis zum Geigenbaumeister und den Geschenkeladen. Erhältlich ist die Broschüre bei allen teilnehmenden Betrieben, in der WKO Linz-Stadt und beim Tourismusverband.
In Linz hat das Handwerk auch noch Zukunft
Wo Handwerk draufsteht, ist vor allem Kopfarbeit drinnen, sagt Leo Jindrak, Vizepräsident der Wirtschaftskammer Oberösterreich. Es seien die Hände, mit denen der Handwerker nicht nur Produkte, sondern auch Werte schaffe. Diese gelte es zu erhalten.
So ist auch die Broschüre „Handwerk Live“ zu verstehen, mit der der Bevölkerung vor Augen geführt werden soll, wie viele Handwerker es in der Stadt immer noch gibt. Trotz Digitalisierung und Globalisierung. „Mit der Broschüre wollen wir die Vielfalt zeigen. Interessierte sollen eine Antwort darauf bekommen, wo sie hingehen können, wenn sie etwas brauchen“, so Vizebürgermeister Bernhard Baier (VP). Die WKO und die Stadt Linz verstehen sich hier als Partner.
36.000 Mitarbeiter
Bei aller Bedeutung der Industrie und auch des Handels für den Wirtschaftsstandort Linz würden auch Gewerbe und Handwerk eine „enorme Arbeitsplatzrelevanz“ haben, so Baier. In den rund 1200 Unternehmen der Sparte würden 36.000 Mitarbeiter beschäftigt und 1200 Lehrlinge ausgebildet. Heuer wurden bereits 270 Unternehmen in Gewerbe und Handwerk in Linz gegründet. Viele von ihnen könnten auch vom Trend zur Regionalität profitieren.
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