Ehemann den Hals aufgeschnitten? Angeklagte wegen versuchten Mordes zu 15 Jahren Haft verurteilt
RIED/ST. FLORIAN. Wegen des Verbrechens des versuchten Mordes wurde am Montagabend eine 33-Jährige Frau im Landesgericht Ried zu 15 Jahren unbedingter Haft verurteilt. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Viel wurde seit Sommer 2022 über eine Messerattacke auf einen heute 43-Jährigen geschrieben. Dem schlafenden Mann wurde in der Nacht der Hals aufgeschlitzt. Er wurde munter und im Klinikum Passau notoperiert. Die Staatsanwaltschaft Ried ist felsenfest davon überzeugt, dass die Ehefrau (33) für die Tat verantwortlich ist. Es gilt die Unschuldsvermutung. Zuvor soll sie dem Opfer Antidepressiva ins Gulasch gemischt haben. Die Angeklagte bestreitet die Tat und präsentierte in der Vergangenheit verschiedenste Versionen. Die Frau beschuldigte unter anderem ihre zum Tatzeitpunkt 13 Jahre alte Tochter. Das Opfer und die Angeklagte haben vier gemeinsame Kinder.
Am Montagabend fiel das Urteil des Geschworenensenats. Die Laienrichter sprachen die 33-Jährige mit 8:0-Stimmen schuldig. Das Urteil: 15 Jahre unbedingte Haft. "Mildernd ist die lange Verfahrensdauer und dass es beim Versuch geblieben ist", sagte Richter Stefan Kiesl bei der Begründung des Urteils. Erschwerend wertete das Gericht die Hilflosigkeit des Opfers, die Heimtücke der Tat und den Umstand, dass die Angeklagte ihre eigene Tochter beschuldigte. "Sie bezichtigen ihre Tochter einer Tat, die sie nicht begangen hat. Diese Heimtücke ist ihnen massiv auf den Kopf gefallen", begründete Richter Stefan Kiesl. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Dritte Prozessauflage
Der Geschworenenprozess wurde bereits zum dritten Mal, dieses Mal unter dem Vorsitz von Richter Stefan Kiesl, aufgerollt, wohl ein Novum in der langen Geschichte des Rieder Landesgerichts. Das Geschworenenurteil des ersten Prozesses wegen absichtlicher schwerer Körperverletzung setzte der Berufsrichtersenat aus, den Schuldspruch im zweiten Rechtsgang mit einem Urteil von 14 Jahren Haft hob der OGH auf. Grund: Ein Antrag der Verteidigung für die Einvernahme eines Zeugen wurde vom Berufsrichtersenat damals abgelehnt. Dieser Zeuge, es handelt sich um den Neffen der Angeklagten, der sich zum Tatzeitpunkt im Haus befand, entschlug sich aber, wie schon im ersten Verfahren, der Aussage. Laut einer Aussage eines Polizisten soll die Angeklagte bei einer Personendurchsuchung gegen 2.15 Uhr in nervösem Zustand angegeben haben, dass sie sich wehren wollte und daher ihrem Mann mit dem Messer die Kehle aufgeschnitten habe.
"Unebenheiten in der Persönlichkeitsstruktur"
Die Angeklagte leide weder an einer schweren psychischen Erkrankung noch an einer manisch depressiven Erkrankung, sagte die psychiatrische Gerichtsgutachterin Adelheid Kastner am Montag. „Sie kann normal denken und ist normal begabt, an einer schweren Depression leidet sie nicht, sagte Kastner. Die Beschuldigte sei auch am Tattag orientiert gewesen. Man finde jedoch „Unebenheiten in der Persönlichkeitsstruktur“, sagte Kastner. Die Angeklagte neige dazu, „manipulative Geschichten“ zu erzählen. „Die Angeklagte pflegt einen kreativen Umgang mit der Wahrheit“, sagte die Psychiaterin, die in der Präsentation ihres Gutachtens auch auf die verschiedenen Verantwortungen der 33-Jährigen einging.
Zu Beginn gab die Beschuldigte an, vergewaltigt worden zu sein. Diese Aussage habe die Angeklagte wieder zurückgenommen und angegeben, dass sie es wohl doch selber gewesen sein müsse. Schließlich habe sie diese Verantwortung auch wieder geändert, in dem sie gesagt habe, dass sie es selber doch nicht gewesen sein könne. Letztendlich sei dann die Tochter beschuldigt worden. Die Beschuldigte wechsle generell sehr häufig ihre Angaben und neige dazu, Geschichte so darzustellen, dass es für sie passe. Die 33-Jährige sei, so Kastner, aber keine Person, bei der Aggressionen zum üblichen Verhalten zählen würden.
Pannen bei der Polizeiarbeit
„Es gibt ungeklärte Fragen, auch nach dem dritten Rechtsgang.“ Zum Beispiel wisse man nicht, mit welcher Waffe die Tat verübt worden sei. „Wir wissen auch nicht, ob möglicherweise der Freund der Angeklagten Bescheid wusste. Wir wissen aber, dass dieser zur Tatzeit nicht am Tatort war“, sagte Staatsanwältin Petra Stranzinger zu Beginn ihres Abschlussplädoyers. Es habe, auch das stehe außer Zweifel, Pannen bei der Polizeiarbeit und „ominöse Aktenvermerke“ gegeben. Im Zuge der polizeilichen Erstinformation sei ihr gesagt worden, dass es sich um Verletzungen von zwei Halsstichen gehandelt habe, so Stranzinger. In der Realität handelte es sich um eine 18 Zentimeter lange, quer über den Hals verlaufende Schnittwunde.
"Angeklagte wollte Mann heimtückisch töten"
An der Tat gebe es aber keine Zweifel. „Bereits einige Zeit vor der Tat hat die Angeklagte ihrem Mann wiederholt Beruhigungsmittel in das Essen gemischt“, sagte Stranzinger. Das Gespräch mit ihrem Liebhaber, dass bereits vor der Tat stattgefunden habe, sei ein eindeutiger Beweis, dass die 33-Jährige schuldig sei. Die Angeklagte habe schon vor dem Tatzeitpunkt erwähnt, dass ihr Mann tot sei. „Nur sie, also die Täterin, kann wissen, was eine Stunde später passiert sagte Stranzinger. Der Mordversuch sei gescheitert, weil das Opfer munter wurde und „unfassbares Glück“ hatte. „Wäre der Schnitt nur einen Millimeter tiefer gewesen, wären Hauptschlagader und Luftröhre geöffnet worden“, sagte die Anklägerin. Auch ein Brief, der Angeklagten, den diese vom Gefängnis aus an ihre Tochter schickte, spreche Bände. In diesem gestand die 33-Jährige die Tat. „Die Angeklagte lügt, das ist selbst Baron Münchhausen ein Waisenknabe. Sie wollte ihren Mann heimtückisch töten. Sie hätte sogar ihre eigene Tochter für ihre Tat geopfert“, sagte Stranzinger
Verteidigerin: Keine objektiven Beweise
"Unabhängig von den Aussagen meiner Mandantin. Die Staatsanwaltschaft hat keine objektive Beweise, dass meine Mandantin die Tat begangen hat, vorgelegt. Es gibt sehr viele offene Fragen, das hat auch die Staatsanwältin angesprochen “, sagte Verteidigerin Alexandra Schauer. Bei der Tat sei niemand dabei gewesen. An die Geschworenen richtete Schauer die Bitte: „Bitte nehmen sie sich Zeit und schauen sie sich die Protokolle an.“
Der Liebhaber der Angeklagten habe betont, dass er sich nicht an den ganz genauen Inhalt der Telefonate erinnern könne. „Ich hatte das Gefühl, dass er immer den jeweiligen Fragesteller zufriedenstellen möchte“, sagte die Verteidigerin. „Wenn sie doch zum Ergebnis kommen, dass meine Mandantin die Tat begangen haben soll, dann setzen sie sich bitte intensiv mit der Frage auseinander, ob es sich nicht um einen freiwilligen Rücktritt von der Tat gehandelt hat“, sagte Schauer. Die Angeklagte habe ihrem verletzten Ehemann geholfen, unter anderem bei der Stillung der Blutung.
Opfer sagte am ersten Prozesstag aus
"Ich bin munter geworden und habe den Schnitt beim Hals gespürt. Außerdem habe ich gespürt, dass der Hals aufgegangen ist, und habe jemanden aus dem Schlafzimmer huschen gesehen. Es war aber finster", schilderte das 43-jährige Opfer am ersten Prozesstag den Mordversuch. Seine Frau habe Tränen in den Augen gehabt und gesagt, dass sie das nicht gewesen sei. "Sie hat geweint, weil sie in diesem Moment gewusst hat, dass ich nicht gestorben bin", sagte der Innviertler. Er sei wie Dreck behandelt und als Vergewaltiger hingestellt worden. Hier geht es zu einem ausführlichen Bericht.