"Manche Leute waren erleichtert, endlich darüber sprechen zu können"
RIED. Der Rieder Heimatforscher Gottfried Gansinger stellt sein Buch über die NS-Zeit in Ried vor.
"Wandelndes zeitgeschichtliches Lexikon" – dieser Ausdruck wird öfters strapaziert, doch selten trifft er so genau auf einen Menschen zu wie auf Gottfried Gansinger (78). Besonders, wenn es um Themen aus der Zeit des Nationalsozialismus geht. Damit setzt sich der Rieder seit Jahrzehnten auseinander. Seine Recherchearbeit findet nun in seinem Buch "Nationalsozialismus im Bezirk Ried" Niederschlag. Das Werk (StudienVerlag) wird am Donnerstag, 3. November, in Ried vorgestellt.
Gottfried Gansinger hat sich vor allem die Zeit zwischen 1938 und 1945 konzentriert. Mehr als 200 Todesopfer des NS-Regimes sind mit dem Bezirk Ried verbunden. "Es sind sicher mehr als 200 Interviews, die ich geführt habe", erzählt Gansinger. Interviews, die manchmal seine Partner zu Tränen gerührt haben. "Einige waren richtig erleichtert, endlich darüber sprechen zu können. Manche Leute haben geweint vor mir und mir geschildert, dass das, was sie sagen wollten, 60 Jahre lang keinen interessiert habe...", sagt der Rieder Heimatforscher.
Aber auch das Gegenteil bekam Gansinger zu spüren – Drohanrufe, Beschimpfungen und Appelle, doch endlich mit dem Nachforschen aufzuhören. "Den Widerstand und Hass hab ich von verschiedenen Seiten zu spüren bekommen – sowohl von extrem-katholischer Seite als auch seitens der Familien von Tätern", sagt Gottfried Gansinger. Das Thema dürfe nicht tabuisiert werden, denn: "Kollektivschuld darf kein Programm in der heutige Zeit mehr sein!"
Das Wissen Gansingers über die NS-Zeit im Raum Ried ist faszinierend. Beinahe zu jedem Namen, der in seinem Buch vorkommt, hat er eine Geschichte parat. Die Auseinandersetzung mit den vielen Schicksalen hat ihm – auch wenn er das nicht gerne zugibt – körperlich zugesetzt. Ein Druck, der nach Fertigstellung des Buches langsam von ihm abfällt. Die Distanz zur Geschichte zu finden, fällt ihm nicht leicht: "Wenn ich durch den Bezirk Ried fahre, hab ich bei jedem dritten Hauseck eine Geschichte...", sagt er.
Die Buchpräsentation am 3. November im Sparkassen-Stadtsaal Ried (20 Uhr) wird mit ORF-Moderator Tarek Leitner ein prominenter Journalist vornehmen. Nicht nur die persönliche Freundschaft zwischen den beiden ermöglichte dies, sondern auch, weil Tarek Leitner "dieses Thema und diese Geschichten für so wichtig" halte, wie Gansinger erzählt.
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Eine sehr schöne und beeindruckende Gegend, unser Innviertel, mit meist geradlinigen Menschen. Aber halt auch immer noch Nährboden für Generationen übergreifende Wiederbetätiger. Sogar, wenn sie bereits im Gefängnis ihre eigentliche Haftstrafe absitzen.
Na hoffentlich wird es dann bei der Buchpräsentation nicht recht turbolent zugehen. Nicht so laut zumindest, wie bei der von der Autorin Sueli Menezes Buchlesung.
Herr Leitner verträgt ja angeblich Veranstaltungslärm nicht so gut, wie vor kurzen einem Medium zu entnehmen war. Ob dies wirklich so war, wird nun aber von der ORF-Rechtsabteilung und einem Rechtsanwalt geprüft (und vielleicht sogar noch gerichtsanhängig).