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"Wäre mein Leben ein Film, wäre er ein Drama"

Von Sandra Gloning, 11. Juni 2015, 00:04 Uhr
"Wäre mein Leben ein Film, wäre er ein Drama. Niemand würde ihn sehen wollen."
Konzentrierte Arbeit mit der Laubsäge an der Werkbank

Eine Reportage aus dem Integrationshof in Gilgenberg

"Heinrich, du hast heute Küchendienst und wirst mit Gerlinde das Mittagessen zubereiten." Der 60-jährige Mann grinst schelmisch und lacht: "Ich liebe den Küchendienst." Er zwinkert der Haushälterin zu und für einen kurzen Moment bekommt man das Gefühl von Normalität. Alle verlassen den Raum. Zehn Minuten später kommt Heinrich noch einmal herein.

"Guten Morgen", grüßt er gut gelaunt. "Was darf ich denn heute tun?", erkundigt er sich, als hätte die Besprechung vor wenigen Minuten nie stattgefunden.

"Du hast heute Küchendienst. Gerlinde und du, ihr werdet das Mittagessen zubereiten." "Ich liebe den Küchendienst", zwinkert Heinrich und verlässt den Raum erneut. Wenige Minuten später klopft es an der Tür. "Guten Morgen", grüßt er gut gelaunt. "Was ist denn der heutige Plan?"

Heinrich leidet unter Korso-Kopf-Demenz. Gemeinsam mit 13 anderen ehemaligen Alkoholikern mit psychischen Problemen bewohnt er den Integrationshof von "Pro mente" in Gilgenberg. Diese Form von Gedächtnisverlust, an der einige Bewohner leiden, kann permanent durch den übermäßigen Konsum von Alkohol eintreten und ist nicht behandelbar.

Wenig Hoffnung

Wie auch für Heinrich, gibt es für die wenigsten Bewohner eine Hoffnung auf Besserung und einen Weg zurück in die Normalität. Während der Woche verhelfen die Betreuer ihnen mit Arbeitstherapie zu einem geregelten Tagesablauf. An den Wochenenden veranstalten sie Ausflüge, um Abwechslung zu schaffen. Trotzdem benötigen die Bewohner 24-Stunden-Betreuung.

Susanne ist 41 Jahre alt. Während der morgendlichen Besprechung sitzt sie still an ihrem Platz. Wenn man ihr sagt, dass sie 41 Jahre alt ist, schüttelt sie nur den Kopf: "Ich bin 30." Susanne hat einen Filmriss. Zehn Jahre ihres Lebens sind einfach aus ihrem Gedächtnis verschwunden. Alkohol und eine Kopfverletzung haben dazu beigetragen, dass sie sich an nichts erinnern kann. Ihre Haare sind fettig und hängen ihr wirr ins Gesicht.

Sie scheint, sich lange nicht gewaschen zu haben. Sie muss erst wieder lernen, auf sich selbst achtzugeben. Gelegentlich bekommt sie Besuch von ihrem ehemaligen Lebenspartner, der sich während der vergangenen zehn Jahre von ihr getrennt hat. Jedes Mal, wenn er durch die Tür kommt, beginne ihr Gesicht vor Glück zu strahlen, berichtet eine Betreuerin. Bis ihr Ex-Freund ihr erklärt, dass sie nicht mehr zusammen sind. Seit beinahe zehn Jahren. Dann erlischt das Strahlen in Susannes Gesicht und sie versucht, die Trennung zu verstehen. Im Aufenthaltsraum des Nebengebäudes sitzt Friedrich mit einer Holzsäge am Tisch. Sein Kollege Günther gesellt sich zu ihm und beobachtet ihn einige Augenblicke.

"Bevor der Hof eröffnet wurde, hat es viele Probleme mit dem Bürgermeister gegeben. Die Bewohner und Nachbarn wollten nicht, dass lauter Wahnsinnige neben ihnen wohnen", sagt Günther und wackelt amüsiert mit den Ohren. "Sie wussten ja nicht, was sie erwarten würde. Aber nun funktioniert die Zusammenarbeit mit den Nachbarn gut. Alle sind nett zu uns", erklärt er und geht wieder seiner Arbeit nach. Aufgrund der Bedenken der übrigen Gemeindemitglieder befinden sich nur Alkoholiker mit psychischen Erkrankungen am Hof, die keine Vorstrafen haben.

Viele Bilder mit Gesichtern

Die Betreuer verbringen viel Zeit mit ihren Schützlingen Sie teilen auch ihr Leben außerhalb des Hofes mit den ehemaligen Alkoholikern. Viele bekommen keinen Besuch von ihrer Familie oder Freunden. Der Alkohol hat ihre früheren Beziehungen zerrüttet und zerstört. Die Hofbewohner und Betreuer sind ihre neue Familie.

Am Hof rückt die Alkoholkrankheit der Bewohner in den Hintergrund, das Augenmerk wird auf die jeweilige psychische Erkrankung gelegt. Die Betreuer wollen den Bewohnern Normalität und Perspektive schenken. Häufig wissen sie selbst sehr wenig über ihre Schützlinge, so auch im Fall des 43-jährigen Heinz, der mit Schizophrenie vor drei Monaten auf den Hof kam.

Mit Alkohol hat Heinz in der Vergangenheit versucht, die Stimmen in seinem Kopf zum Schweigen zu bringen. Nach jeder Frage sitzt er lange auf seinem Bett, den Kopf in die Hände gestützt, und denkt über die richtige Antwort nach. Häufig findet er sie nicht, wechselt das Thema oder verliert sich in Ausschweifungen und Metaphern. "Manchmal wäre ich gern wieder ein Kind, das Leben war so unbeschwert damals."

In seiner Freizeit malt Heinz. Viele seiner Bilder bewahrt er in seinem Kasten auf, darin sind die wenigen persönlichen Dinge, die er besitzt. Alle Bilder ähneln einander in einem Punkt: Sie zeigen abstrakte Gesichter, gepeinigt und leidend, die ihren Schmerz in die Welt hinausschreien. Es sind die Bilder, die Heinz in seinem Kopf verfolgen. "Wäre mein Leben ein Film, würde niemand ihn sehen wollen. Er wäre zu traurig", erklärt er, bevor sein Blick wieder auf die Landschaft vor dem Fenster fällt.

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1  Kommentar
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( Kommentare)
am 19.06.2015 21:35

Zu dem Artikel vom 11.6.2015 von Sandra Gloning: Wäre mein Leben ein Film, wäre er ein Drama....
Hierzu möchte ich bemerken, dass es meines Wissens keine Erkrankung namens "Korso-Kopf Demenz" gibt. Wenn schon Fachausdrücke verwendet werden, würde ich schon davon ausgehen, dass richtig recherchiert wird.
Auch sonst finde ich diesen Artikel viel zu persönlich und unprofessionell. Er liest sich eher wie ein Schulaufsatz.
Schade, das hätte ein interessanter Bericht sein können über ein tolles und wichtiges Projekt der pro mente Oberösterreich für Menschen mit psychischer Beeinträchtigung und Alkoholproblematik, die inmitten des Innviertels versuchen, ein strukturiertes, betreutes, integriertes und menschliches Leben zu leben.
Bei genannter "Korso-Kopf Demenz" wird es sich vermutlich um das Korsakow-Syndrom (syn.: amnestisches Psychosyndrom, Korsakow-Symptomenkreis, Korsakow-Symptomenkomplex oder Morbus Korsakow)handeln. Genaueres ist bei Wikipedia nachzulesen.
Susanne Bürger, Ranshofen

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