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Hoch-Würden

06. Juni 2015, 00:04 Uhr
Hoch- würden
Bild: VOLKER WEIHBOLD

Berge gehören zu Pfarrer Gerhard Hackl wie das Amen im Gebet. Er predigt und wandert in Vorderstoder tagtäglich. Seine Höhenmeter zählt er seit zehn Jahren – und ist dabei Multi-Millionär. Marlies Czerny begleitete ihn auf 600 davon.

Um Himmels willen! Jeden Tag in die Höhe – mindestens eintausend senkrechte Meter? Meistens auf denselben Berg – geschwind vor der Messe und oftmals danach? Bist du gelähmt!?

Ja, gelähmt war Gerhard Hackl leibhaftig, vor elf Jahren nach einem Schlaganfall. Die geister-scheidenden Reaktionen auf seine himmlischen Annäherungsversuche nimmt er gelassen hin. Der hochwürdige Herr Hackl hat seinen Beweggrund nach einem besonderen Fall. "Ich war kurzzeitig halbseitig gelähmt und konnte nicht mehr reden. Ich habe schließlich gesagt: Anstatt eine Reha-Kur unternehme ich in diesem Jahr 100 Bergtouren", erzählt der 55-Jährige bei seiner Auferstehung zum Tamberg. Er schnauft kaum, sein Schritt ist lang dort oberhalb von Vorderstoder, der Atem ebenso.

Mittlerweile vergeht seit dreieinhalb Jahren kein einziger Tag, an dem der geländetaugliche Priester keine Bergtour unternimmt. Da kann es noch so graupeln und schneien, da kann er noch so husten und schnupfen. Seine Bergbilanz, die er penibel in einem Word-Dokument führt, wächst täglich um durchschnittlich 1187 Höhenmeter. 4.221.100 (in Worten: viermillionenzweihunderteinundzwanzigtausendeinhundert) waren es von 1. Dezember 2005 bis zum 27. Mai 2015.

Hoch- würden
Bild: VOLKER WEIHBOLD

Vor diesen zehn Jahren wechselte Hackl von der Pfarre Weichstetten nach Vorderstoder. Wenn er seine statistischen Längenmeter hernimmt (52.020 Kilometer), dann hat er sogar die mittlerweile Erde umrundet und nochmals 12.000 Kilometer darauf gelegt. Um Himmels willen!

Zu seinem geistlichen Kollegen in Windischgarsten, Gerhard Maria Wagner, fühlt sich der gebürtige Bad Zeller weniger hingezogen als zu den Pyhrn-Priel-Bergen. "Wer die österreichische Kirche einen Saustall bezeichnet, dem fehlt Respekt", sagt Herr Hackl, der eine andere Linie verfolgt, in der Kirche und auf dem Berg.

Der "Tunnelblick" ist zu kurzsichtig

Exponieren will sich der Bergpfarrer nicht zu weit. "Ich halte mit meiner Meinung aber nicht hinterm Berg", merkt er an. Oben auf seinem Hausberg, dem Tamberg, auf 1516 Metern beschäftigt ihn der "Tunnelblick" auf die benachbarte Wilde und das Warscheneck. "Ich kann nicht nachvollziehen, dass die Natur für Profit geopfert werden soll. Dass es wirtschaftliche Interessen gibt, verstehe ich, aber das ist zu kurzsichtig."

Zu wenig weit sehen seiner Meinung nach die Projektforcierer der HiWu-Bergbahnen AG, welche bekannterweise die Skigebiete Hinterstoder und Wurzeralm verbinden wollen. "Aber ich würde kirchlicherseits keine Initiativen starten, die sich gegen das Projekt stemmen."

Hoch- würden
Bild: VOLKER WEIHBOLD

Der 55-Jährige ist eher einer, der leben lässt und selber lebt. 3624 Mal besuchte Hackl diesen bewaldeten Rücken im letzten Jahrzehnt, im Schnitt also täglich. Im Winter legt er Schneeschuhe an, um vorwärts zu kommen. Mittlerweile sind es die Trekkingschuhe, zwei Paar im Jahresverbrauch. Auf der Wilde war er gezählte 689 Mal, vor dem großen Gipfelkreuz auf dem Warscheneck machte er 125 Mal ein Kreuzzeichen. "Das Gipfelkreuz ist für mich ein zutiefst christliches und menschliches Symbol. Und ein Zeichen, am Ziel angekommen zu sein."

Seinem Ziel ist er nahe. Nach seinem Schlaganfall, so nahe dem Tod, habe er zu sich gesagt: "Wenn es mit meinem Leben weitergeht, würde ich gerne weniger arbeiten und mehr in der Natur sein." Gott sei Dank ging es weiter. Ihm wäre lieber, er könnte auf die Hälfte verzichten – "auch beim Gehalt. In den Bergen braucht man nicht viel. Ich lebe gerne bescheiden", schildert Hackl. "Ich" – und mit "ich" meint er uns alle – "muss nicht warten, bis ich sterbe. Ich kann vorher sagen, was Vorrang hat – dann muss ich später nichts bereuen."

Keine Gaudi mit den Hütten

Er bereut keinen Schritt, den er geht. Die Kirchen in St. Pankraz und Hinterstoder betreut er mittlerweile aber mit. "Das Berggehen ist eine Form des Gebetes und der Meditation für mich. Diese Stille, in der dieses Staunen und diese Dankbarkeit kommt. Das macht mich freier", sagt Hackl.

Bei seinen Bergtouren macht er um Menschenmassen und Hütten einen großen Bogen – sofern sich die Route verändern lässt. Wenn nicht, dann wird sein schneller Schritt bei Einkehrmöglichkeiten noch schneller. "Mit Hütten hab ich nicht viel Freude, auch nicht mit Übernachtungen. Ich gehe lieber auf Berge, wo keine Hütte steht", sagt Herr Hochwürden, und hat wohl wieder einmal den Tamberg vor seinen geistlichen Augen. Um Himmels willen! 

Kein Pfarrer ist so bewandert wie Hackl.   Bild: VOLKER WEIHBOLD (Volker Weihbold)

Kein Pfarrer ist so bewandert wie Hackl.


Gerhard Hackl: Als Volksschüler war dem gebürtigen Bad Zeller klar: Pfarrer wolle er werden. Der 55-Jährige, der Theologie und Psychologie studierte, ist dies mittlerweile seit 30 Jahren. Erst in Gmunden, später in Weichstetten hat er nun seit zehn Jahren den Altar mit Gipfelblick in Vorderstoder.
 

Was sagen sie zu ...

Meine Lieblingstour ist das Gösseck in den Eisenerzer Alpen. Mitte Juni sind die Vegetation und das Wild überwältigend.

Gipfelschnaps ist nichts für mich. Ich trinke nur Messwein.

Biwakieren würde ich am liebsten mit niemandem. Ich gehe lieber runter und schlafe im Bett.

Ein Tunnel durch das Warscheneck ist verzichtbar. Schade um die Umwelt.

Der perfekte Sonntag ist die Kombination aus Gottesdienst und Berg.

Geschwindigkeit ist wichtig, dass sie den Verhältnissen angepasst ist.

Die Schlüsselstelle meines Lebens war ein Schlaganfall. Ich kam nur knapp am Tod vorbei.

Ein Gipfelkreuz ist mir kostbar, weil es ein christliches und menschliches Symbol ist. Und ein Zeichen, am Ziel angekommen zu sein.
 

Meine Lieblingstouren - Hackls Hausberge

Tamberg (1516 Meter): 3624 Besteigungen, rund 50 Minuten braucht er für den Aufstieg

„Er ist ein sonniger Berg, der schnell trocken ist. Er eignet sich für zwischendurch und bietet einen schönen Rundumblick: vom Toten Gebirge, Sengsengebirge, den Haller Mauern über die Xeis-Berge (Gesäuse, Anm.) bis zu den Seckauer Alpen. Wenn mir eine Besteigung nicht genug ist, gehe ich auch mehrmals am Tag hinauf – vor und nach einer Messe beispielsweise.“

Hackls Hausberge
Bild: Picasa

Wilde (1881 Meter): 689 Besteigungen,1:45 Stunden

„Die Wilde ist für mich ein Winterberg, den ich gerne mit Schneeschuhen besteige. Ich sage immer: Auf dem Tamberg stehst du wie ein König, auf der Wilden wie ein Kaiser. Du siehst bis zum Dachstein und darüber hinaus. Die Vegetation ist traumhaft schön, wenn Enzian, Jagerblut oder Almrausch blühen. Der Nachteil: Der Anstieg ist nordseitig und oft dreckig.“

Hackls Hausberge
Warscheneck Bild: privat

Warscheneck (2388 Meter): 125 Besteigungen, 2:15 Stunden

„Das Warscheneck bietet punkto Aussicht nochmal eine Steigerung. Wenn es trocken ist, gehe ich gerne hinauf, bei Nässe nicht. Es gibt verschiedene Wege wie den Südost-Grat. Gerne gehe ich auch von Roßleithen über die Dümlerhütte, Rote Wand über den Toten Mann hinauf und steige über die Zellerhütte ab. Zur Bergmesse auf der Wurzeralm komme ich schon mal von oben.“ 

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