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Wenn die Sensationsgier gefährlich wird

Von Stefan Minichberger, 08. Juni 2017, 00:04 Uhr
Wenn die Sensationsgier gefährlich wird
Schaulustige Autofahrer verursachen oft nicht nur Staus, sondern behindern auch Einsatzkräfte bei ihrer Arbeit. Bild: Repro: OÖN, Weihbold, Kerschi

LINZ / WELS / ZÖBERN. Polizei und Rettung klagen zunehmend über Schaulustige, die Einsätze behindern.

Auf der Südautobahn bei Zöbern brannte am Dienstag ein Pkw aus. Der Lenker konnte sich zum Glück selbst retten. Die Einsatzkräfte hätten dem Mann auch nur sehr spät helfen können. Die Rettungsgasse funktionierte nicht, dazu hatten Schaulustige die Zufahrt versperrt.

April, Tatort Wels-Noitzmühle: Ein 50-Jähriger verschanzte sich in seiner Wohnung und drohte, sich zu erschießen. 50 Polizisten, darunter das Sondereinsatzkommando Cobra, rückten an. Das Gebiet wurde abgesperrt, doch viele Schaulustige kümmerten sich nicht darum. Die Beamten hatten alle Hände voll zu tun, die Menschen, die teilweise mit kleinen Kindern unterwegs waren, hinter die Absperrungen zu weisen.

Probleme mit Schaulustigen sind für Einsatzkräfte fast Alltag: "Wenn bei solchen Einsätzen Kinder unter deinen Füßen herumlaufen, wird es gefährlich", sagt Dietmar Perger, Cobra-Kommandant in Oberösterreich, der besagten Einsatz in der Noitzmühle geleitet hat. Es werde immer schwieriger, Schaulustige hinter Absperrungen zu halten. "Die Menschen sind sich nicht bewusst, dass sie sich in Gefahr begeben", sagt Perger. Gerade in Wohngebieten, in denen viele Menschen leben, sei es nahezu unmöglich, den Einsatzort abzuriegeln. "Es ist für die Einsatzkräfte schwierig, wenn sie sich mit dem Zurückhalten von Schaulustigen beschäftigen müssen, statt sich auf den Einsatz zu konzentrieren."

Appell an die Vernunft

Ihm sei klar, dass schwerbewaffnete Männer mit Masken Neugier entfachen. "Die Leute fotografieren mit ihren Smartphones, die Bilder werden über soziale Medien verbreitet. Das kann man gar nicht verhindern. Man kann nur an die Vernunft der Leute appellieren."

Probleme mit Schaulustigen hat nicht nur die Polizei. Auch Rettungssanitäter klagen. "Schaulustige hat es immer gegeben. Die Sensationsgeilheit ist aber heute viel größer, die Menschen kommen mit ihren Handy-Kameras viel näher heran", sagt Reinhard Hadler, Leiter des Rettungsdienstes des Roten Kreuzes in Wels.

Das nehme bedenkliche Ausmaße an. "Neulich hat ein Autofahrer auf einer Kreuzung in Wels einen Herzinfarkt erlitten. Wir haben ihn wiederbelebt. Auf der Nebenspur hielt ein Bus an der roten Ampel. Fahrgäste haben ihre Smartphones gezückt und aus dem Bus heraus gefilmt." Auch als Unfallopfer habe er erst vor drei Monaten diese Erfahrung machen müssen. "Ich wurde in der Nacht am Kaiser-Josef-Platz von einem Taxi überfahren. Rotkreuz-Kollegen haben mir später berichtet, dass einige Nachtschwärmer mit ihren Handys hergekommen sind." Hadler sieht durch die zunehmende Sensationslust zwei Probleme. "Die Privatsphäre der Patienten, der Sanitäter und der Angehörigen ist nicht mehr gegeben. Es geht um Extremsituationen, und Bilder und Kurz-Videos verbreiten sich unkontrolliert im Internet." Und die Arbeit der Sanitäter selbst werde behindert. "Man wird teils richtig bedrängt, hat keine Ruhe mehr."

Zivilcourage nimmt ab

Das weiß auch Mario Mokry, freiwilliger Rettungssanitäter in Linz: "Leider gibt es immer mehr Schaulustige, die Menschen zeigen aber gleichzeitig immer weniger Zivilcourage." Kürzlich sei ein Raufhandel in der Linzer Altstadt eskaliert. "Da sind bei unserem Eintreffen zehn Leute traubenförmig herumgestanden und haben gefilmt. Geholfen hat aber niemand." Es sei auch bereits passiert, dass Leute, die einen Notruf absetzen, gar nicht beim Verletzten bleiben und warten, bis die Rettung eintrifft.

3 Fragen an...
Bild: Hoerbst

3 Fragen an Martina Mara, Medienpsychologin und OÖN-Kolumnistin

Für Mara folgt die Schaulust an Unglücksfällen aus dem „intuitiven Umgang mit Schockerlebnissen“.

Behindern Schaulustige die Arbeit der Einsatzkräfte in „böser Absicht“?

Ich glaube nicht. Vielmehr geht es um Festhalten und Teilen des Ereignisses. Intuitiv spürt man den Drang, mit anderen darüber zu reden, das Erlebte zu ‘teilen’, mitunter um leichter damit fertig zu werden. In der digitalen Sharing-Kultur läuft das über soziale Netzwerke, etwa mit Handy-Videos auf Facebook und Twitter.

Geht es dabei nicht auch um Aufmerksamkeit, um einen „ordentlichen Traffic“?

Das ist sicher auch ein Effekt. Hoch emotionaler Inhalt, egal ob positiv oder negativ, funktioniert in sozialen Netzwerken sehr gut.

Wie könnte man die zunehmende Schaulust in Zukunft regulieren?

Ihr strafrechtliche Relevanz beizumessen, wäre nur der letzte Ausweg. Erst sollte man versuchen, mehr Bewusstsein für die Folgen herzustellen, noch stärker aufmerksam zu machen, wie störend das Verhalten ist. Ein Mitarbeiter der Einsatzkräfte könnte das vor Ort übernehmen. Dann würden die meisten Schaulustigen Verständnis zeigen, nicht mehr im Weg stehen und die Handy-Filmerei lassen. (kri)

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28  Kommentare
28  Kommentare
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Gugelbua (31.986 Kommentare)
am 08.06.2017 18:38

gema schaun ist doch die Devise unser sich fadisierenden Gesellschaft.
der Staat/Gemeinden müßte mehr Brot und Spiele veranstalten "kostenlos" grinsen
gerade Medien sind darin Meister aus einer Mücke Elefanten zu machen grinsen und auch umgekehrt zwinkern

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jago (57.723 Kommentare)
am 08.06.2017 12:31

Die Sensationsgier nimmt nicht zu, die war immer schon gleich groß.

[b]Die Medien sind früher nicht ganz so ordinär wie jetzt[(b] dieser Unsitte entgegen gekommen. traurig

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haspe1 (23.645 Kommentare)
am 08.06.2017 15:27

@jago: Früher, vor dem Internet hat jeder selbst sein Fahrrad oder Auto bestiegen und ist selbst zum Unfallort schauen gefahren, heute ist man teils dort und lädt seine Fotos/Filme auf facebook hoch oder schaut von zu Hause aus zu, was auf facebook hochgeladen wurde.

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haspe1 (23.645 Kommentare)
am 08.06.2017 12:17

Die Frau Martina Mara, ihres Zeichens "Medienpsychologin", die weiss offenbar für alles Rat und kann alles erklären.

Ich würde vorschlagen, dass die O.Ö. Nachrichten so eine Psycho-Seite mit Frau Mara als Kummer-Tante etablieren, wo alle Leser ihre medien-psychologischen Themen deponieren können und Frau Mara sodann Trost und Rat erteilt....

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jago (57.723 Kommentare)
am 08.06.2017 12:35

Bitte nein! Wissenschaft(l)er_innen dienen den Redakteuren zum Erhöhen (zur Erhöhung) der Glaubwürdigkeit beim Lesepublikum, nicht um den engen Platz in den Spalten zu belegen.

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haspe1 (23.645 Kommentare)
am 08.06.2017 15:26

@jago: Falls es Dir entgangen ist, Frau Mara hat schon eine wöchtentliche Kolumne in den Nachrichten erhalten.

Sie ist Expertin für eh sehr viel und könnte gut die Kummer-Tante geben. Du könntest ihr z.B. schildern, wie sehr Exekutive und Legislative die Rollen getauscht haben und wie traurig das ist. Sie würde Dich gewiss trösten und Dir die Absolution erteilen.

grinsen

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Floko1982 (2.957 Kommentare)
am 08.06.2017 09:14

Einfach anfangen vor Ort zu strafen, .... und zwar konsequent, .... die Gfrastsackln, ...

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puerlie (48 Kommentare)
am 08.06.2017 10:21

Hallo Floko1982.
Bravo. Die Leute die Amtshandlungen oder bei Brand sowie Unfällen blockieren,gehören ordentlich bestraft oder bei Wiederholung sogar eine Anzeige verpasst werden.

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reibungslos (14.528 Kommentare)
am 08.06.2017 12:07

Nur muss sich Polizei zunächst um das Unglück an sich und die Absicherung der Unglücksstelle kümmern und hat keine Zeit für die Gaffer. Und wenn sie dann Zeit hat, sind die Gaffer weg.

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jago (57.723 Kommentare)
am 08.06.2017 12:40

WAS möchtest denn bestrafen? Das Mitleid mit den Opfern?

Die Strofferei hat schon bei der Heiligen Inquisition nix gnutzt. Außer allerdings den Strafern im Ornat zu exorbitantem Einkommen verholfen. Und Ansehen.

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Floko1982 (2.957 Kommentare)
am 08.06.2017 13:08

Glauben Sie, dass die Menschen die Unfälle fotografieren, weil ihnen die Leut so leid tun?

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jago (57.723 Kommentare)
am 08.06.2017 15:08

Heureka! Gut, dass du mirs erklärt hast.

Dann bleibt wohl dem Staat nur mehr übrig, in jeder Bezirkshauptstadt ein Kolosseum aufzustellen, um die Blut- und Sensatinsgier der Menschen zu stillen. Mit Christenverfolgung, mit Löwen und Sklaven, die sich gegenseitig niedermetzeln.

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2good4U (17.740 Kommentare)
am 08.06.2017 08:40

Da sieht man mal wieder wie dringend notwendig so etwas wie ein Ethik-Unterricht an den Schulen wäre.

Und Plattformen wie Facebook oder YouTube sollten gezwungen werden die Veröffentlicher solcher Videos preiszugeben um ein Verfahren einleiten zu können.
Es kann doch nicht sein dass jeder filmt worauf er Lust hat und das dann veröffentlicht.

Man hat das Gefühl dass die Menschheit zunehmend verblödet und kein Gespür mehr hat für Recht und Unrecht. Hauptsache es tut sich was.

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Harbachoed-Karl (17.883 Kommentare)
am 08.06.2017 09:10

Ethikunterricht durch die Eltern?

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goldfinger1707 (5.658 Kommentare)
am 08.06.2017 09:43

Geht nicht, müssen doch beide Elternteile arbeiten, um die "Pflichturlaube" in der Badesaison, der Schisaison, den Zwischensaisonen usw... finanzieren zu können
Und das Auto muss auch besser sein als jenes der Nachbarn...

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renele (3.081 Kommentare)
am 08.06.2017 10:52

Und in der Noitzmühle waren aber die Mütter und teiweise auch die Väter dabei bei dem Cobraeinsatz ? Also hätte die3 Eltern zeit genug um den Kindern beizubringen was Ethik bedeutet. Oder fehlt es den dort lebenden Alten auch an Ethik ? So unter dem mOto, so wuie die Alten singen, so pfeifen die Jungen ?

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despina15 (10.076 Kommentare)
am 08.06.2017 11:00

so wie die alten,
so die jungen!

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mitreden (28.669 Kommentare)
am 08.06.2017 08:35

Hendi konfiszieren und gegen eine Gebühr von 200 Euronen kanns in 3 Tagen wieder abgeholt werden.

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( Kommentare)
am 08.06.2017 11:12

Hast du da einen oder zwei 0-er vergessen?

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( Kommentare)
am 08.06.2017 08:09

Unfall gestern im Haselgraben. Eine der engsten Stellen im Haselgraben. Die Strasse war gesprerrt. Was findest du im

Leserreporter Juni?
Ein Bild des Unfalles. Muss das sein, wenn ohnedies bereits ein Bericht in den OÖN steht?
Sensationsgier nenne ich das!

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Juniper (352 Kommentare)
am 08.06.2017 07:46

Und auch die Schaulustigen die den Einsatz behindern filmen....

Obwohl keiner bedenken hat selber zu filmen wird es den meisten doch mulmig zumute wenn sie selbst gefilmt werden ....

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zentrale (159 Kommentare)
am 08.06.2017 06:53

Ein Vorschlag:
Kameras für Einsatzfahrzeuge. Wenn die Rettungsgasse nicht funktioniert kann das ohne Mehraufwand (im Vorbeifahren) dokumentiert werden. Gleichzeitig auch kann auch die Verzögerung erfasst werden. Sofortige Übergabe des Video Materials an die Exekutive (z.B. binnen 1 Stunde nach Einsatzende). Diese kann eine Videoauswertung machen und entsprechend Strafmandate verteilen.
Mindeststrafe 20% den Nettoeinkommens beim ersten Vergehen, somit wäre die Strafe auch sozial gerecht. Beim nächsten mal 25% usw. usw.
Die Rettungsgasse wird binnen 12 Monaten perfekt funktionieren.

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agentG (111 Kommentare)
am 08.06.2017 07:17

Und zusätzlich mindestens 10 Tage Pflichtdienst in einer Notaufnahme in einem Unfallkrankenhaus. Dann können diese netten Menschen auch posten wie sie sich die Seele aus dem Leib k.....!

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herst (12.771 Kommentare)
am 08.06.2017 07:29

Und zusätzlich mindestens 10 Tage Pflichtdienst in einer Notaufnahme in einem Unfallkrankenhaus.

Du willst-wenn du in die Notafnahme eingeliefert würdest-mit solchen skrupellosen Typen die null Ahnung vom Ablauf in der Notaufnahme haben,zu tun haben?
Dann wünsch ich dir viel Vergnügen dabei.

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despina15 (10.076 Kommentare)
am 08.06.2017 11:04

wenn dass nicht hilft,
1 monat prosektur!!!!

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( Kommentare)
am 08.06.2017 09:49

agentG,
dort stehen die dann wieder im Weg.
Wenn jemand die Intelligenz nicht aufbringt, dass er nur wegen der Sensationsgier dabei sein will, wenn "was los is!" Dem ist mit nichts zu helfen. Frei nach Wolfgang Ambros: Schau, da liegt a Leich im Rinnsal, 's Bluat rinnt in' Kanal!" "Heast, des is makaber: Da liegt ja a Kadaver!" "Wer is denn des, kennst du den?" "Bei dem ...

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renele (3.081 Kommentare)
am 08.06.2017 10:23

Lustig und wer wird bestraft ? Die ausländischen Lkw und Pkw die zum großteil auf Autobahmen unterwegs sind tun sowieso was sie wollen. wahrscheinlich weil sie keine Konsequenzen zu befürchten haben. Machen sie sich mal die Mühe und fahren als Beifahrer mit und beobachten alle Fahrer an denen sie vorbeifahren. Sie werden staunen wie viele mit Handy, Tablett unterm Fahren beschäftigt sind. So halten sich alle an Gesetze und befürchten braucht von Ost nach West keiner das er kontrolliert wird.

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zentrale (159 Kommentare)
am 09.06.2017 07:51

@ renele
Ja das mag schon stimmen, trotzdem ist es nicht richtig. Ich bin auch der Ansicht das ausländische Fahrer österreichische Strafen zu bezahlen haben, natürlich auch umgekehrt!!

Irgendwo muss man anfangen und man kann auch irgendwo anfangen. Alles andere ist den Status Quo zu belassen, das kann ist vermutlich nicht zielführend.

Außerdem kann man allen Grenzübergängen Hinweisschilder aufstellen, mehrsprachig, von mir aus auch im 50 Sprachen.

Theoretisch kann man ein solches Vergehen auch wo zentral speichern und im Rahmen einer Überprüfung von LKWs oder PKWs vor Ort durch die Exekutive dann wieder abrufen, so wie es eigentlich schon mit anderen Dingen passiert.

Klar nicht die perfekte Lösung aber mal ein Anfang.

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