Lade Inhalte...
  • NEWSLETTER
  • ABO / EPAPER
  • Lade Login-Box ...
    Anmeldung
    Bitte E-Mail-Adresse eingeben
    Bitte geben Sie Ihre E-Mail-Adresse oder Ihren nachrichten.at Benutzernamen ein.

gemerkt
merken
teilen

Silke Grabinger: Flying high!

Von Von Helmut Atteneder, 02. März 2019, 00:04 Uhr
Silke Grabinger und ihre Moment-Performance "Vi!". Hier beim AEC in Linz. Eine Ausstellung dazu läuft ab 20. März in der Galerie District4art in Wien

Die Linzer Tanzakrobatin Silke Grabinger ist der Prototyp einer Nomadin. Aber wo hat das Unstete seine Homebase und warum verschmäht man Hollywood, um in Linz zu leben?

Ratata zsong! Wie sich werdende Mütter doch freuen, wenn sie erste Klopfzeichen aus dem Bauchraum spüren. Aber dieser Rhythmus war dann doch ganz anders. Er hatte Beat. Er groovte. Es war, als tanze jemand einen ausgelassenen Bauchtanz. Ein paar Monate später wird Silke Grabinger geboren. Sie hat es eilig. Es ist ein Notkaiserschnitt.

Das war vor 37 Jahren.

Es folgt ein Leben im Zeitraffer. Endlich auf der Welt, hineingeboren in eine Wohnung im grünen Plattenbau mit freier Sicht auf den Stadtfriedhof St. Martin, gerät sie in eine Bewegung, die dem Bild von der natürlichsten Sache der Welt gerecht wird. Der Stoff an der Kinderwippe ist bald durchgescheuert, und wenn sie krabbelt, holt keiner sie so schnell ein. Das Bewegungstalent kommt zum Ballett. Doch Pas de deux im Tutu ist ihr zu langweilig. Die blonde Göre, der man später im Trauner Gymnasium Talentfreiheit in darstellender Kunst attestieren wird, will Breakdancerin werden.

Ballett war ihr schnell zu langweilig.  Bild: (Privat)

Tanz der Instinkte

Auf der Straße ist sie das einzige Mädchen, das sich mit Burschen misst. Mit Erfolg. 2001 gewinnt sie die B-Girl-Battle in Berlin, geht nach England und dann weiter nach Montreal. Dort wird Silke Grabinger als erste Österreicherin zum Mitglied des fantastischen Cirque de Soleil geadelt. Noch immer hat sie keine abgeschlossene Tanzausbildung. Sie wird engagiert, bewundert, geliebt. Weil sie beim Tanzen eine Art Wildkatze wird, ein Raubtier mit dem angeborenen Instinkt, der authentisch genau das über den Körper herauslässt, was er fühlt.

Aus dem Leben einer Tänzerin und Luftakrobatin Bild: (Privat)

1117 Mal tanzt sie beim "Cirque" das Haupt-Solo zur Beatles-Nummer "Why My Guitar Gently Weeps". "Das hältst du nur unter zwei Prämissen aus: Entweder du schaltest ab und tanzt fabriksmäßig." Oder? "Du beginnst jeden Abend wieder von vorne. Als hättest du die Nummer noch nie getanzt", sagt Silke Grabinger. Schwer zu erraten, dass die Linzerin sich zweieinhalb

Jahre lang bis zu zehn Mal die Woche wieder aufs Neue hineinbegibt ins Innerste, das den Zauber der persönlichen Note ausmacht. Danach wollen sie alle die Grabinger, die sich als Marke SILK etabliert. Sie lebt und tanzt in Paris, in Berlin, in Südfrankreich, in Wien und in New York. Die Welt scheint so grenzenlos, wie ihre scheinbar die Schwerkraft überwindenden Bewegungen. Dann kommt das Angebot aus Hollywood, und Grabinger macht etwas, das auf den ersten Blick nicht passt, weil es wie Feigheit anmutet: Sie sagt nein. "Weil man dort wie ein Stück Fleisch behandelt wird." Das ist nichts für eine unzähmbare Individualistin.

Auftritt bei der Galanacht des Sports im Jahr 2011.  Bild: (Weihbold Volker)

Silke Grabinger lässt sich nämlich nicht gern dreinreden. Im Leben nicht und auch nicht, wenn es um ihre Profession geht. Noch merkwürdiger ist aber die räumliche Kehrtwendung. Die in Langholzfeld (Pasching) Aufgewachsene kehrt heim. Sie sagt: "Okay, dann machen wir eben, was keiner machen würde." Eine Tanzkompanie in Linz. Heute ist "SILK Flügge" mit rund 35 Tänzern aus aller Welt international gefragt, geprobt wird in der Linzer Tabakfabrik.

"Will wissen, wie weit ich gehen kann"

Die mittlerweile ausgebildete Luftakrobatin und studierte Medienexpertin sowie Raumdesignerin hat mit ihren Arbeiten viele Preise gewonnen. Das ist kein Ansporn, das kommt von selbst, wenn man alles gibt und genauso viel verlangt: "Ich mag das Risiko und will immer wissen, wie weit ich gehen kann. Für mich gibt es keine Probleme, nur Lösungen", argumentiert Grabinger so, wie man es meist nur aus männerdominierten Führungsetagen hört.

Das Heimkommen der Polyglotten, der Vielsprachigen ist auch ein Zur-Ruhe- Kommen. "Zuhause ist, wo ich verstanden werde, aber auch hinterfragt. Manchmal hilft es schon, einmal die Landstraße hinauf und hinunter zu gehen." Denn ein dem Tanz gewidmetes Leben, wie Silke Grabinger es meint, kostet auch Kraft.

Wo ist jemand, der die ganze Welt betanzt hat, eigentlich zu Hause? "Dort, wo meine Familie ist." Das kommt, ohne nachzudenken. Heimat, das sind auch Wurzeln, und die sind im Fall von Silke Grabinger tiefe, komplizierte. Die Großeltern, Donauschwaben aus Werschetz im heutigen Serbien, verschlägt es nach dem Zweiten Weltkrieg ins Lager am Bindermichl. Die Mutter ist ein echtes Lagerkind.

Im Tanzstudio in der Linzer Tabakfabrik Bild: (Alexander Schwarzl)

Der Duft von Fischpaprikasch

Silke Grabinger erinnert sich noch an die Art zu reden, an ausgelassene Familienfeste und den raumgreifenden Duft von Fischpaprikasch. Aber auch an Gespräche unter vorgehaltener Hand, wenn es um die NS-Zeit ging. Grabinger fährt 2017 nach Werschetz, weil eine Frage immer wieder auftaucht: "Warum trage ich so viel Nomadentum in mir, so viele Kulturen?" In Werschetz atmet sie tief durch, saugt Gerüche ein und lernt verstehen, wo sie herkommt. In Linz setzt sie daraus ein vielbeachtetes autobiografisches Tanzstück um.
Die Familie, das Heimatstück, besonders dann, wenn ein Eckpfeiler wegbricht. 2013 erkrankt Grabingers Vater schwer. Die Tochter verbringt zwei Monate bei ihm. Bis zum Schluss. Nach einem Schlaganfall entwickeln die beiden eine ganz eigene Sprache, um einander zu verstehen. Der Vater gibt der Tochter mit: "Die Familie ist das Wichtigste."

Junge Klopfzeichen

Apropos: "Es wird a Bua", sagt die 37-Jährige und streichelt ihre markante Bauchrundung liebevoll. Jetzt ist sie selber Heimat. Im Mai ist es so weit. Eine Überraschung sei "es" gewesen, aber die anfängliche Unsicherheit, ob Mütter als Künstlerinnen zensuriert werden könnten, ist grenzenloser Freude gewichen. Der Kleine fühlt sich in seinem Babyhaus wohl. Seine Klopfzeichen sind außergewöhnlich und rhythmisch.

Ratata zsong! Das kommt uns doch bekannt vor. 

Wer klopfet an? Silke Grabinger wird im Mai Mutter, und ihr Sohn scheint ähnlich rhythmisch begabt Bild: (Alexander Schwarzl)

 

mehr aus Spezial

Forum für pflegende Angehörige: Diskussion und Tipps zu Recht, Finanzen und Alltag

Ausgebucht! „Der Krieg in der Ukraine: Eine Spätfolge des Zerfalls der UdSSR und ein geopolitischer Konflikt.“

Schwammerl: Zwischen Genuss und Gefahr

Fit im Internet: Das Weiterbildungs-Event für alle, die sich für digitale Technologien interessieren.

Lädt

info Mit dem Klick auf das Icon fügen Sie das Schlagwort zu Ihren Themen hinzu.

info Mit dem Klick auf das Icon öffnen Sie Ihre "meine Themen" Seite. Sie haben von 15 Schlagworten gespeichert und müssten Schlagworte entfernen.

info Mit dem Klick auf das Icon entfernen Sie das Schlagwort aus Ihren Themen.

Fügen Sie das Thema zu Ihren Themen hinzu.

0  Kommentare
0  Kommentare
Zu diesem Thema wurden noch keine Kommentare geschrieben.
Neueste zuerst Älteste zuerst Beste Bewertung
Aktuelle Meldungen