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Was wären wir ohne die alten Römer?

Von Klaus Buttinger, 21. April 2018, 00:04 Uhr
Was wären wir ohne die alten Römer?
"Die Stärke der Landesausstellung ist, dass viel wissenschaftliche Forschung betrieben werden konnte.“ Stefan Traxler, Archäologe am oö. Landesmuseum Bild: Manuel Zauner Blickwerk Fotografie

Die heurige Landesausstellung blickt zurück in die Zeit als der Donau-Limes die Grenze der zivilisierten Welt war. Im Gespräch mit Römerzeit-Archäologen Stefan Traxler:

Es geht um das römische Erbe in Oberösterreich bei der heurigen Landesausstellung. Einer der beiden wissenschaftlichen Leiter ist Stefan Traxler, Archäologe am oö. Landesmuseum, zuständig für Römerzeit-, Mittelalter- und Neuzeitarchäologie.

OÖNachrichten: Der Donau-Limes soll Weltkulturerbe werden. wie weit ist man damit?

Traxler: Der Antrag wurde im Jänner 2018 eingereicht. Wir sind im Evaluierungsverfahren.

War diese Grenze am Fluss damals wirklich so wichtig?

Da gibt es die erste natürliche Barriere, die Alpen, und die zweite, die Donau. Rom hatte einen doppelten Schutzschild. Und wenn man die Donau dann noch mit Befestigungen ausstattet, kann man sie gut kontrollieren. Außerdem war der Fluss zudem die wichtigste Ost-West-Transport-Verbindung.

Wer bedrohte das Römische Reich von Norden?

Der Grund warum die Legio II Italica im späten zweiten Jahrhundert in Lauriacum (Enns) stationiert wurde, waren die Einfälle der Markomannen, Quaden und Naristen. Diese und andere germanische Stämme formierten sich im Norden in der zweiten Hälfte des zweiten Jahrhunderts, fielen in Noricum ein und setzten Rom, das an einer zweiten Front im Osten kämpfte, gehörig unter Druck. Rom hatte das anfänglich unterschätzt. Die Germanen drangen bis Aquileia, dem wichtigsten Nordadriahafen, vor.

Gibt es von den Kämpfen Spuren in Noricum?

Wir haben jüngst ein römisches Kohortenkastell entdeckt, das liegt nahe Enns auf der anderen Donauseite. Es ist um das Jahr 175 zerstört worden, wahrscheinlich von den Markomannen, die über das Aisttal kamen. Die Legio II Italica schützte nicht nur die Flussübergänge, sie drang auch immer wieder ins Feindesland ein. Wir sehen hier nicht nur eine Defensiv-, sondern auch eine Offensivstrategie.

Was wären wir ohne die alten Römer?
Schlögen vor rund 1800 Jahren Bild: 7Reasn
Was wären wir ohne die alten Römer?
Schlögen heute Bild: 7Reasn/Baumgartner

Der Titel der Landesausstellung "Die Rückkehr der Legion", klingt ja auch kriegerisch …

Der Titel ist bewusst gewählt. Er soll ein breites Publikum ansprechen. Projektleiter Roland Pichlbauer sagt immer: "Zuerst muss man die Leute ins Museum bringen, dann kann man ihnen die Geschichte erzählen." Ursprünglich wollten wir 6000 Menschen zusammenbringen, um einmal tatsächlich darzustellen, wie groß eine Legion war, das wäre aber zu viel Aufwand gewesen. Wir sind beim Titel geblieben, um die Geschichte vom Erbe Roms in Oberösterreich zu erzählen. Wenn wir die wunderbaren Funde in Enns zeigen – den Silberschatz, die Wandmalereien und Grabdenkmäler –, diese Prosperität, die da dahintersteckt, die hätte es ohne die Legion nicht gegeben. Lauriacum ist vor der Stationierung der Legion ein Straßenort mit vielleicht ein paar tausend Einwohnern gewesen. Durch die Legion wurde die Stadt ein Wirtschaftszentrum, von dem die ganze Provinz profitierte.

Wie relevant ist denn die Antike für uns heute? Was wären wir ohne die alten Römer?

Europa ist stark von der griechisch-römischen Kulturgeschichte geprägt. Man braucht sich nur Sprache, Architektur und Rechtssystem anschauen. Diese Antike ist omnipräsent. Faszinierend ist auch, wie ähnlich Römer und wir mit gewissen Sachen umgehen. Wenn man sich den römischen Imperialismus anschaut, kann man ihn mit imperialistischen Tendenzen anderer Nationen durchaus vergleichen. Amerika wird da gerne genannt. Oder wenn man Bilder sieht, wie sich Putin als Cäsar letztendlich inszenieren lässt.

In der Frage "Los von Rom" oder "Rom sei Dank", werden Sie sich als einschlägiger Archäologe wohl eindeutig positionieren, oder?

Nein, es ist eine zweispältige Geschichte. Die Römer haben eine irrsinnige Faszination. Aber sie waren ein imperialistisches Volk, das ohne Sklaven und ohne Ausbeutung nicht funktioniert hätte. Die römischen Legionäre waren – unterwegs im Feindesland – sicher keine Feinen. Das sieht man auf Darstellungen, etwa auf der Markussäule in Venedig. Andererseits, wenn man an Badekultur und technische Errungenschaften denkt – Flächenheizungen gibt es erst seit dem 20. Jahrhundert wieder, ebenso Mischbatterien für Warmwasser oder Wassertoiletten.

Die Ausstellung schaut auf Enns, Schlögen und auch Hallstatt. Hat man auf Wels vergessen, immerhin Provinzhauptstadt?

Ob Wels wirklich die Hauptstadt war, wird diskutiert. Der Statthalter der Provinz Noricum war seit der Stationierung der Legion dessen Kommandant; und der saß primär in Enns. Dass es Verwaltungssitze in der großen Handels- und Wirtschaftsdrehscheibe Ovilaba gegeben haben wird, liegt archäologisch auf den Hand. Vergessen haben wir auf Wels nicht. Der Fokus der Landesausstellung lag aber auf dem Limes, Wels lag schon im Hinterland, spielte aber sicher als Verkehrsknotenpunkt und Drehscheibe der Limes-Orte eine zentrale Rolle. Es wird eine Ausstellung und Rahmenprogrammprojekte in Wels geben.

Was lässt die Erforschung des Hinterlandes erwarten?

Noch sehr viel. Wir haben derzeit zwischen 60 und 70 bekannte römische Bauernhöfe in Oberösterreich. Die Dunkelziffer ist um ein Vielfaches höher. Gleichzeitig sind die Überreste stark vom Pflug bedroht, denn sie liegen in Gebieten, die auch heute noch stark landwirtschaftlich genutzt werden, etwa im Innviertel, in der Welser Heide.

Wo sehen sie blinde Flecken, Terra incognita in der Forschung, um die Römer hierzulande?

Gerade im alpinen Bereich gibt es noch Einiges zu entdecken. Die Pyhrn-Eisenwurzen hatte in der Metallproduktion eine große Bedeutung. Plinius schreibt, dass kein Eisen besser sei als das norische. Es muss in der Eisenwurzen römische Erz-Lagerstätten gegeben haben. Wir wissen, dass es einen römischen Goldbergbau in den Alpen gegeben haben muss, der aber auch nicht lokalisierbar ist. Das zweite Potenzial hat das Mühlviertel. Dort muss man sich römische Aufmarschzonen anschauen und germanische Gehöfte.

Man hört, dass Bauherren und Grundbesitzer für archäologische Grabungen recht wenig Verständnis zeigen? Stimmt das?

Das ist sehr unterschiedlich. Wir kennen alle Schattierungen. Es gibt aber immer mehr Eigentümer, die wirklich daran interessiert sind, zu wissen, was in ihrem Boden ist, und gut mit uns zusammenarbeiten. Wenn man sich bald genug mit den Archäologinnen und Archäologen zusammenschließt, ist eine Grabung – bei einem Keller – mit Hilfe moderner Technik in einer Woche erledigt.

Ist die Rechtsgrundlage zu schwach, um wichtige wissenschaftliche Grabungen gegen politische oder wirtschaftliche Interessen durchzusetzen?

Eindeutig ja. Unser Denkmalschutzgesetz ist aus dem Jahre 1921 und nicht den Zeiterfordernissen angepasst worden.

 

Rom a. d. Donau

500 Jahre lang prägte das Römische Reich unser Land. Die Landesausstellung 2018 (27. April bis 4. November) lädt ein, deren Spuren zu erforschen, mit Schaugrabungen, eindrucksvollen Originalfunden, Forschungsabenteuern für Nachwuchs-Archäologen, interaktiven Apps und virtuellen Welten. Hauptstandort der Landesausstellung ist Enns, die älteste Stadt Österreichs. Weitere Schauplätze sind Schlögen und Oberranna im Oberen Donautal.

Info: www.landesausstellung.at, 0732/ 7720-52900

 

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