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"Wir müssen die Platzhalter in einer säkularen Welt sein"

Von Roman Kloibhofer und Magdalena Lagetar, 22. März 2018, 17:04 Uhr
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   Bild: VOLKER WEIHBOLD

REICHERSBERG. Der älteste und der jüngste Priester des Innviertels: Roman Foissner und Markus Grasl im Gespräch. Herausforderungen für die Kirche steigen, Nicht-Kleriker werden künftig noch mehr Aufgaben übernehmen müssen

Der eine hat im Vorjahr sein 70-jähriges Profess-Jubiläum gefeiert und ist ältester Priester im Innviertel, der andere ist der jüngste Propst in Österreich und der jüngste Pfarrseelsorger im Innviertel: Roman Foissner (geb. 1924) und Markus Grasl (geb. 1980) sind die beiden "Extreme" unter den Priestern im Innviertel. Und beide leben und wirken im Augustiner Chorherrenstift Reichersberg. Im Gespräch mit Volkszeitung und Warte erzählen Alt und Jung über ihren Beruf, sowie über Zukunft und Vergangenheit.

"Der Priesterberuf ist für mich Erfüllung, ein Dienst, der mich in Anspruch nimmt", sagt Propst Markus Grasl. Er leitet seit seiner Wahl vor zwei Jahren als Propst das Stift. Dabei sei Wachsamkeit gefragt: "Was ist notwendig für das Haus, für die Mitarbeiter, für die Region?" Seine Arbeit als Priester und Seelsorger sei fordernd: "Es gibt wenig Berufe, bei denen man so nah am Leben ist – sei es im Moment des Sterbens von Menschen, oder wenn ein Paar ‘Ja’ sagt und beschließt, miteinander zu leben, oder wenn Menschen um Versöhnung ringen und wir helfen können, sie ein Stück aufzurichten", sagt Markus Grasl. Auch wenn man mit Zweifel konfrontiert werde.

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Der Senior: Roman Foissner (94).   Bild: Stift Reichersberg

 

Roman Foissner war 33 Jahre lang (1958 bis 1991) Rentmeister (Verwalter, Anm.) des Stiftes Reichersberg. Er war nach dem Krieg – ein Teil seines rechten Fußes mussten ihm nach einer Verletzung amputiert werden – ins Stift Reichersberg gekommen und 1951 zum Priester geweiht worden. In seinem Blick zurück steht das Wirtschaftliche im Vordergrund: "Ich war anfangs Kaplan und bin dann in der Verwaltung und Wirtschaft tätig gewesen, nicht im Pfarrdienst. Die pastorale Veränderung hat mich daher nicht so sehr betroffen", sagt Roman Foissner. "Für mich ist der Priesterberuf gleich geblieben."

Vielleicht mehr wagen

Veränderungen haben sich für den Innviertler Priester-Senior vor allem in baulicher Hinsicht im Stift eingeprägt: "Als ich 1958 ang´fangen hab, war das Haus eine Ruine, eigentlich fast unbewohnbar. Ich hab dann alles neu machen lassen, Zimmer und Unterkünfte gemacht, eine Heizung eingeführt", erzählt Roman Foissner.

Für Markus Grasl ist der Blick nach vorne entscheidend, auch was die Herausforderungen für die Priester betrifft: "Wir sehen den Bedeutungsverlust von Kirche. Wir müssen die Platzhalter in einer säkularisierten Welt sein und Gott und Glaubensfragen zur Sprache bringen." Die Kirche sei immer ein Wandlungskünstler gewesen und habe sich der Zeit anpassen müssen. "Jetzt ist diese Wandlungsfähigkeit wieder gefragt. Ich bin noch sehr jung, aber die Erfahrung zeigt mir: Es braucht Reife für den Wandel. Vielleicht sollte man auch ein wenig mehr wagen."

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Der Junior: Propst Markus Grasl (37).     Bild: Roman Kloibhofer

 

Das Miteinander von Alt und Jung im Stift Reichersberg prägt die Ordensgemeinschaft: "Man muss miteinander gut umgehen, sonst geht´s nicht gut", sagt Roman Foissner. Propst Markus sagt: "Lernen kann man Gelassenheit. Wenn man das Leben der älteren Mitbrüder sieht, lehrt einen das, Manches gelassener zu sehen. Und das Zusammenleben ist eine Schule der Geduld!" Die Gemeinsamkeit zeige einem auch die Gebrechlichkeit des Alters, wobei der Propst sagt: "Der Wache Geist der Mitbrüder verblüfft mich manchmal."

Glaubende, nicht Laien

Ob es vor 50 Jahren anders – besser – war, als Priester zu arbeiten? "Für mich hat sich die Arbeit nicht grundlegend verändert", sagt Roman Foissner. Propst Markus entgegnet: "Die Rahmenbedingungen sind anders, das Leben ist komplexer, Kommunikationsmittel sind anders und schneller. Manches wird schwieriger, manches überfordert die Priester auch." Man müsse auch als Priester reduzieren, um dem gerecht werden zu können, was die Menschen heute bräuchten, sagt er.

Dass immer häufiger Nicht-Priester Aufgaben im kirchlichen Bereich übernehmen werden, stehe fest: "Mir gefällt der Begriff ‘Laien’ nicht. Ich nenne sie Glaubende, die Aufgaben übernehmen. Sie sind eine Bereicherung und sie zeigen - so radikal das jetzt auch klingen mag - dass eine Gemeinde auch ohne Priester auskommen kann. Das bedeutet aber nicht, dass Priester obsolet werden!" Aufgaben im kirchlichen Leben werden breiter, das Bild ändere sich, sagt der Propst.

"Ich hab viele schöne Erinnerungen", erzählt Herr Roman. "Große Messen mit guter Musik (er gründete 1956 den Reichersberger Sommer; Anm.) und großen Predigten." Auch seine Priesterweihe wird er nicht vergessen: "Nach einer Blinddarmentzündung hat mich der Bischof 1951 in der Hauskapelle geweiht, einen Tag vor dem späteren Papst Benedikt VI."

 

 

 

Thema Zusammenarbeit

Bei Mehrfach-Pfarrbetreuung erklärt der Diözesan-Pressesprecher:

„Ein Pfarrer, der in mehreren Pfarrgemeinden die Leitungsfunktion innehat, tut dies in enger Kooperation mit Kaplänen, DekanatsassistentInnen, PfarrassistentInnen, PastoralassistentInnen und auch mit engagierten ehrenamtlichen Laien (Seelsorgeteam-MitarbeiterInnen, PfarrgemeinderätInnen).

Für dieses Miteinander braucht es Klarheit und Vertrauen: Die Pfarrbevölkerung muss wissen, wer für welche Aufgaben zuständig ist.

Seitens der Diözese Linz gibt es verschiedene Leitungsmodelle und Begleitmaßnahmen, um die Zusammenarbeit zu fördern und Klarheit zu schaffen. So sind in 50 der 487 oö. Pfarren Seelsorgeteams an der Pfarrleitung beteiligt (Gemeindeleitungsmodell mit Beteiligung Ehrenamtlicher).

In 63 Pfarren arbeiten Pfarrmoderator (Priester), PfarrassistentIn (Laie bzw. Diakon), PastoralassistentIn und Pfarrgemeinderat zusammen. Ziel ist immer, pfarrliche Seelsorge am Ort anzubieten und nah an den Bedürfnissen der Menschen ‘dranzubleiben’.

30 DekanatsassistentInnen fördern die Vernetzung und das Miteinander in den Dekanaten“, wie es von der Diözese Linz auf OÖN-Anfrage heißt.

 

In 100 von 114 Pfarren: Mehrfach-Belastung für Innviertler Priester
Jede der 114 Innviertler Pfarren hat derzeit noch einen Priester. Bild: VOLKER WEIHBOLD

In 100 von 114 Pfarren: Mehrfach-Belastung für Innviertler Priester

„Es gibt für jede der 114 Pfarren im Innviertel einen Priester“ – diese Feststellung vom Linzer Diözesan-Pressesprecher Michael Kraml könnte beruhigend klingen und nichts von einem Priestermangel erkennen lassen. Wenn allerdings nur 14 Pfarrer eine einzige Pfarre betreuen, relativieren sich die Zahlen. Denn in 100 Pfarren gibt es eine Doppel-, Dreifach- oder sogar Vierfachbelastung für die Geistlichen.

16 Priester im Innviertel müssen je drei Pfarren leiten, drei Priester sind sogar mit der Leitung von vier Pfarren betreut: Franz Aumüller (Andrichsfurt, Geiersberg, Peterskirchen, Taiskirchen); Walter Miggisch (Altschwendt, Raab, St. Willibald, Zell an der Pram) sowie Johann Schausberger (Franking, Haigermoos, Riedersbach und St. Pantaleon). Was diese Mehrfachbelastung bedeutet, schildert einer der Priester im OÖN-Gespräch (Bericht nebenan). Die Mehrfach-Betreuung von Pfarren ergebe sich auch dadurch, dass der Anteil von kleineren Pfarren – unter 3000 Katholiken/Katholikinnen – im Innviertel höher sei als im Diözesanschnitt, wie Michael Kraml erklärt.

Altersdurchschnitt: 62 Jahre

„Priesternachwuchs ist nicht nur in Oberösterreich, sondern in vielen Ländern Europas und der Erde ein Thema“, sagt Michael Kraml. Heuer werden in Linz zwei Priester gewählt. Sie stammen aus Nigeria, werden künftig aber in Oberösterreich wirken. 27 Seelsorgepriester im Innviertel sind im Ausland geboren – 20 in Polen, fünf in Nigeria und je ein Priester in Indien und Deutschland.

Der Altersdurchschnitt der Pfarrseelsorger im Innviertel liegt aktuell bei 62 Jahren. Ältester Pfarrseelsorger ist Pater Alfred Ertle aus Ried (geb. 1934), jüngster Pfarrseelsorger ist Propst Markus Grasl (geb. 1980) vom Augustiner Chorherrenstift Reichersberg. Auch der älteste Priester des Innviertels kommt aus dem Stift Reichersberg: Herr Roman Foissner, früherer Rentmeister, Jahrgang 1924.

Außerdem sind im Innviertel 17 ständige Diakone im Einsatz, die in 18 Pfarren wirken. 19 Pfarrassistenten bzw. Pastoralassistenten (auch Frauen) sind zusätzlich in 21 Pfarren eingesetzt. 

 

Regionaldechant Schausberger: "Leute sind sehr klerikerzentriert!"
Johann Schausberger ist Regionaldechant im innvierftel Bild: mahu

Regionaldechant Schausberger: "Leute sind sehr klerikerzentriert!"

Das bevorstehende Osterfest mache ihm keine Sorgen. „Ich habe schon alle Gottesdienste eingeteilt. Das ist dann so, man wird Manager“, sagt Johann Schausberger. Der Regionaldechant ist einer von drei Priestern im Innviertel, die vier Pfarren leiten. (siehe Bericht nebenan). Noch.

Johann Schausberger wird ab Ostersonntag, 1. April, offiziell nicht mehr unter dieser Aufzählung aufscheinen. Er durfte die Pfarren Haigermoos und Franking an den polnischen Franziskaner Pater Georg abgeben, der ihn schon seit Oktober unterstützt. Dafür bekam der Regionaldechant die Pfarre Hochburg-Ach dazu. „Das muss man mit Ruhe und Gelassenheit sehen“, sagt er. Den Gläubigen will er aber eines mitgeben: „Die Nähe zum Menschen ist natürlich sehr schwierig, wenn die räumliche Trennung groß ist. Ich bin zwar zuständig, aber ich kann nicht ‘beiständig’ sein“, gibt er zu Bedenken.

System wird zusammenbrechen

Das derzeitige System werde in ein paar Jahren zusammenbrechen, auch die Priester werden älter. Spätestens dann müssen die Menschen den eigentlichen „Dienst“ in den Mittelpunkt stellen und nicht denjenigen, der ihn ausführt. „Die Leute sind sehr klerikerzentriert. Nur wenn’s der Pfarrer macht, ist es gut, hör ich oft. Dieses gegenein-ander ausspielen muss aufhören“, sagt Schausberger. „Nur Wortgottesdienst? Nur eine Bußfeier und keine Beichtgelegenheit? heißt es. Das ‘nur’ ist hier fehl am Platz“, mahnt er. Ohne die Hilfe von Ehrenamtlichen wäre vieles gar nicht möglich. Doch auch hier gibt es Grenzen. „Wenn du als Ehrenamtlicher regelmäßig einen Wortgottesdienst vorbereiten sollst und nicht nur ab und zu, wird die Bereitschaft oft weniger. Das darf man nicht ausreizen“, mahnt Schausberger.

Zuversichtlich bleibt er trotzdem, auch wenn es mit dem Priesternachwuchs nicht gerade rosig aussieht. „Man muss abwarten. Der Klerus wird sich etwas einfallen lassen müssen. Aber da mache ich kein Drama draus.“ Dem Innviertel werde er treu bleiben. „Ich bin ja schon zirka 40 Jahre in der Gegend und gehöre schon zum Inventar.“

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