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Ötsch: „Weiterwursteln muss aufhören“

Von Wolfgang Braun, 21. Juli 2011, 00:04 Uhr
„Das Weiterwursteln muss aufhören“
Walter Ötsch sieht in der Krise des Euro eine Krise der Politik. Bild: OON

LINZ. Im Interview mit den OÖNachrichten spricht der Linzer Volkswirtschafter und Kommunikationsexperte Walter Ötsch über das Dauertief der Regierung und die erfolglosen Versuche Europas, die Euro-Krise einzudämmen.

OÖN: Die große Koalition steckt in einem Dauertief. Woran liegt das?

Ötsch: Das ist das Ergebnis eines langfristigen Trends. Es fehlt die große Perspektive, eine politische Vision und die Kraft, mittel- und langfristig zu denken. Man begibt sich in die Gefangenschaft des Alltagsgeschäfts und hat nur noch eine kurzfristige Sichtweise. Man lässt sich treiben von Meinungsumfragen und handelt zu viel in Abstimmung mit den Boulevardmedien. Genau dadurch wird Politik unterscheidungslos. Niemand kann heute wirklich sagen, wofür SPÖ und ÖVP stehen. Ein gutes Beispiel ist der Umfang mit der Finanz- und Wirtschaftskrise.

OÖN: Warum?

Ötsch: Österreich hat die erste Welle der Krise gut gemeistert. Aber im Anschluss daran gab es keinen Erklärungsprozess, wie man auf die neuen Vorgänge auf den Finanzmärkten reagieren soll. Das hängt auch damit zusammen, dass fast die gesamte Politik mittlerweile von dem Glauben durchdrungen ist, dass die Märkte alles am besten regeln können. Es herrscht eine Auffassung, wonach sich die Politik gegenüber der Wirtschaft ducken muss. Darum bekommt Europa auch die Euro-Krise nicht in den Griff.

OÖN: Was müsste die europäische Politik tun?

Ötsch: Das Weiterwursteln muss aufhören. Am Beginn der Griechenland-Krise sagten die europäischen Regierungschefs, es bestehe keine Gefahr, man habe die Sache unter Kontrolle. Dann wurden hektische Aktivitäten gestartet, nach ein paar Wochen wiederholte sich das Spiel. Die Politik hechelt von Notgipfel zu Notgipfel und diskreditiert sich damit systematisch. Jeder, der halbwegs intelligent ist, kann sich ausrechnen, dass die Krise so nicht gelöst werden kann. Die Politik könnte diese Entwicklung stoppen, aber ihr fehlt der Wille.

OÖN: Welche Maßnahmen braucht es, um das Hinterherhecheln zu stoppen?

Ötsch: Selbst konservative Experten fordern schon, dass es einen gewaltigen Akt geben muss, also einen Schuldenschnitt oder Eurobonds – und zwar für alle Länder. Darüber hinaus müssen die Finanzmärkte gezähmt und die Macht der Ratingagenturen eingeschränkt werden.

OÖN: Kann man im Fall Griechenland nur den Finanzmärkten die Schuld geben? Schließlich ist das Land auch durch jahrelange Misswirtschaft in die Krise geschlittert.

Ötsch: In Griechenland haben zwei Familien (Papandreou und Karamanlis, Anm.) jahrzehntelang das Land regiert und in die Hoffnungslosigkeit geführt. Die Probleme Griechenlands waren allen bekannt, aber um die Brisanz der Lage zu erklären, reicht das nicht. Schließlich wackeln ja auch andere Länder. Strukturelle Probleme hat jedes Land. Bei uns sind es die Zahl der Arbeitstage oder die Frühpensionierungen. Das heißt nicht, dass man das entschuldigen und nicht abstellen sollte. Die Krise des Euro ist letztlich eine Krise der Politik. Es ist auch eine Krise der Sozialdemokratie, die in Europa seit vielen Jahren nicht die Kraft gefunden hat, strukturelle Reformen durchzusetzen, um die Finanzmärkte zu zähmen.

OÖN: Gilt das auch für die SPÖ?

Ötsch: Zum Teil. Sie ist 2007 in die Große Koalition mit der ÖVP gegangen, ohne den wirtschaftspolitischen Kurs unter Schwarz-Blau spürbar korrigieren zu wollen.

OÖN: Und jetzt sieht es danach aus, als könnte die FPÖ sogar stärkste Kraft werden. Hätten Sie das nach der Parteispaltung je gedacht?

Ötsch: Nein, vor allem wenn man Jörg Haider mit Heinz-Christian Strache vergleicht. Haider war ein politisches Ausnahmetalent, hatte Charisma und Schmäh. Das alles hat Strache nicht. Strache hat die weit schlechtere Performance, aber er hat vom allgemeinen politischen Klima her viel günstigere Voraussetzungen als Haider.

 

Zur Person

Der Linzer Volkswirtschafter und Kommunikationsexperte Walter Ötsch lehrt an der Kepler-Universität Linz. Er leitet dort das Zentrum für soziale und interkulturelle Kompetenz sowie das von Stadt Linz und Arbeiterkammer Oberösterreich finanzierte Forschungsinstitut für die Gesamtanalyse der Wirtschaft.
Mit seinem Buch „Haider light – Handbuch für Demagogie“, in dem er Struktur und Strategien der FPÖ unter Jörg Haider analysierte, landete er im Jahr 2000 einen Bestseller.

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9  Kommentare
9  Kommentare
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( Kommentare)
am 21.07.2011 14:47

und nichts Genaueres über das Dauertief der österreichischen Koalitonspolitik.

Wundert mi net.

Er hat auf das Dauerhoch der österreichischen Koalitionspolitik vergessn ...

... auf das Dauerhoch und das Dauerhöher der Verschuldungen von Bund, Ländern und schon sehr, sehr vielen Gemeinden.

Da kann die Politik keinen Gestaltungsspielraum mehr haben,
oder um es mit den Worten des Herrn Ötsch zu beschreiben:

Dann "... fehlt ... die Kraft, mittel- und langfristig zu denken".

Mehr als zu kurz gegriffen also, Herr Ötsch, - das mit der Zahl der Arbeitstage und den Frühpensionierungen in Österreich ...

...um das Problem der großkoalitionären Mißwirtschaft hierzulande zu beschreiben. Oder ?

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( Kommentare)
am 21.07.2011 15:10

Zeitungswesen:
Das ist kein Beitrag oder Aufsatz; s von WÖ, sondern ein Interview.

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feuerkogel (6.578 Kommentare)
am 21.07.2011 09:45

der EURO ist eine krise der sozialpolitik.

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Harbachoed-Karl (17.883 Kommentare)
am 21.07.2011 13:22

… ist immer volle Deckung geboten.

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am 21.07.2011 08:17

In der EU sowie in Österreich! Eine Folge des minderwertigen Personals in der Politik(=Politiker)!!! Wo sind die GRÖSSEN von EINST ??

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am 21.07.2011 14:54

die horrend zunehmenden Schulden von Bund, Ländern und vielen, sehr vielen Gemeinden... und ein schuldenfreies Null-Budget.

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borisp (624 Kommentare)
am 21.07.2011 08:14

Angesichts des derzeit bzw. in zukunft gerne regierenden politischen personals halte ich das ende des "Weiterwurstelns wie bisher" jedoch eher als gefährliche drohung! entgegen dem allg.konsens der politischen beobachtung in medien und wissenschaft ist der konstatierte Stillstand in der österr. Politik noch das kleinere übel. Was sollte man schon für Lösungen von Politiker/innen erwarten, die Mitverantwortlich für diese Krise sind. Man schaue sich nur die Lösungsrezepte einer Fekter oder der FPÖ an. Das ist neoliberale Beschleunigung und sozialer Kahlschlag.

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milli34 (3.636 Kommentare)
am 21.07.2011 12:30

seit wann is bei dir de FPÖ in der regierung????
ÖVSPÖ solln se ihre verluderete wirschaft in ordnung bringa,amal muaß schluss sein mit der abzockerei dieser beiden großparteien traurig

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Harbachoed-Karl (17.883 Kommentare)
am 21.07.2011 13:21

Angeprangert ist der Stllstand an echten Lösungen, da ist die Hoffnung auf politisches Kleingeld dumm.

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