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Das vergessene Massaker von Maillé

Von Von Gerd Niewerth, Paris, 28. August 2009, 00:04 Uhr
Das vergessene Massaker von Maillé
Überlebender Serge Martin: Ich hasse die Deutschen nicht – nicht mehr. Bild: Niewerth

PARIS. In Frankreich trifft sich die Erinnerung an den Beginn des Zweiten Weltkrieges mit jener an ein SS-Massaker, das in der europäischen Öffentlichkeit bisher kaum bekannt war.

Paris, 25. August 1944: Im befreiten Paris fallen sie sich lachend in die Arme und tanzen ausgelassen auf den Boulevards. Zur selben Stunde wird Maillé, ein Dörfchen nahe Tours, von der deutschen Soldateska ausradiert. Als die Mörder abziehen, sind 124 wehrlose Menschen tot, darunter 44 Kinder und 42 Frauen, die Älteste 89, das Jüngste drei Monate.

Serge Martin, damals Zehn, hat das Massaker überlebt, seine Familie ist ausgelöscht: Vater René (34), Mutter Renée (30), Bruder Raymond (9) und die kleinen Schwestern Josiane (4) und Danielle (sechs Monate). „Ich war an diesem Tag bei meinen Großeltern“, erzählt er beim Rundgang durch das Dorf, das sie „village martyr“ nennen, das geschundene Dorf.

Der 74-Jährige ist ein introvertierter Mensch. Dass er überhaupt redet über die Ereignisse, ist ein kleines Wunder. „Fünfzig Jahre habe ich geschwiegen.“ Eigentlich gilt Maillé während der Besatzung als unauffälliger Ort, was sich nach der alliierten Invasion allerdings schlagartig ändert. Da wird die wichtige Bahnlinie Paris-Bordeaux zur Hauptroute für den Rückzug. Und immer häufiger zum Anschlagsziel der Résistance. Am Abend vor dem Massaker kommt es nahe dem Dorf zu einem Schusswechsel zwischen Widerstandskämpfern und Deutschen, ein SS-Mann wird tödlich verletzt.

Es ist Vormittag, als der deutsche Stoßtrupp, 60 bis 100 Mann, über Maillé herfällt. Serges Vater steht in der Schmiede. Der Hufschmied tritt einem Soldaten mit einem weißen Handtuch winkend entgegen. „Kamerad“ ruft er, doch der Soldat streckt Martin mit einer Salve nieder. Dann fallen sie über seine Frau und die drei Kinder her, die sich im Haus verstecken. Das Baby Danielle wird bestialisch umgebracht.

Wie Vieh treiben die Soldaten Bewohner durchs Dorf, schneiden ihnen die Kehlen durch, rammen Bajonette in ihre Rücken. Viele Opfer verbrennen bis zur Unkenntlichkeit, 52 der 60 Häuser sind Ruinen, sogar das Vieh auf der Weide knallen sie ab. Am frühen Nachmittag zieht das Mordkommando ab, aber ein 8,8-cm-Flakgeschütz vollendet die Vergeltungsaktion, 87 Granaten werden auf das brennende Dorf abgefeuert.

Zwar verurteilt ein Militärgericht in Bordeaux sieben Jahre später in Abwesenheit einen deutschen Leutnant als vermeintlichen Drahtzieher zum Tode, aber die vollständigen Hintergründe bleiben lange ungeklärt.

„Warum ist es passiert? Wer waren die Täter? – Wir wollen endlich Gewissheit“, sagt der 74-Jährige, der Präsident der Vereinigung „Pour le Souvenir de Maillé“ ist. Ein Wunsch, der möglicherweise bald in Erfüllung geht. Denn der Dortmunder Oberstaatsanwalt Ulrich Maaß, ist in den wieder aufgenommenen Ermittlungen weit vorangekommen: „Die Namen der beteiligten Soldaten stehend weitgehend fest“. Sie gehörten der 17. SS-Panzergrenadierdiivsion „Götz von Berlichingen“ an.

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