Bauhaus-Design für eine bessere Welt
Ab heute würdigt 3sat das Jubiläum "100 Jahre Bauhaus" mit einer Dokumentationsreihe.
Geradlinigkeit, so weit das Auge reicht, schnörkellose Strenge, Stahl und Glas als Grundelemente einer neuen Architektur. Die ab 1919 von Walter Gropius (1883-1969) in Weimar gegründete Architektur- und Designschmiede Bauhaus, die eine radikal neue Formensprache bedeutete, ist längst UNESCO-Weltkulturerbe geworden. Heuer feiert sie 100. Geburtstag, allein in Deutschland an 100 Orten. Ab heute bis 14. April würdigt der Sender 3sat die Geschichte des Bauhauses unter anderem mit dem beeindruckenden Dokumentations-Dreiteiler über die architektonischen "Raumwelten" des Bauhauses bis zu der Grimme-Preis-nominierten Reihe "Bauhausfrauen".
Einheit von Kunst und Technik
Gropius wollte Kunst und Handwerk nach dem Vorbild der mittelalterlichen Bauhütte vereinen. Er verpflichtete sich, ein ästhetisches Ideal technischer Einheit zu liefern. Kantig und kubisch, statt organisch gewachsen. Im Lauf der Jahrzehnte ist die prächtige Idee zu einer Quelle überteuerter Design-Klassiker geworden. Aus Sparprogramm, denn Bauhaus war auch eine sozialistische Idee, wurde ein Wettrüsten heutiger Stil-Eliten, die Geschmack beweisen, indem sie 1000 Euro und mehr für nachgefertigte Leuchten und Stühle aus jener Zeit ausgeben.
Bauhaus-Pavillon des Architekten Mies van der Rohe für die Weltausstellung 1929 in Barcelona.
Was für heute wie damals gilt, ist die Sehnsucht nach einer besseren Welt. Und so nebenbei sollte auch ein neuer Mensch geschaffen werden. Die Hochschule bestand nur 14 Jahre lang, wechselte von Weimar nach Dessau und nach Berlin, wo sie von den Nationalsozialisten 1933 eingestampft wurde. Die Gesellschaft der frühen Zwischenkriegszeit war noch bereit gewesen, Künstlern wichtige gestalterische Aufgaben zu übertragen. Trotzdem wirkte die Bewegung über Orte und Zeit hinaus.
Pomp und Gloria kamen erst dazu, als etwa der Armlehnsessel "LC2" von Le Corbusier oder Mies van der Rohes Barcelona-Serie zur Weltausstellung von 1929 nach dem Zweiten Weltkrieg aufs Neue aufpoppten. Tom Wolfe schreibt in seinem feinen, bösen , von Harry Rowohlt glänzend übersetzten Buch "From Bauhaus to our house": "Bei null anfangen. Diese Redensart hörte man ständig. Gropius unterstützte jedes Experiment, solange es im Namen einer sauberen und reinen Zukunft geschah... Es gab eine Phase, da bestand die Bauhaus-Diät ausschließlich aus einem Mus von rohem Gemüse. Das Mus war so schlaff, dass man Knoblauch beigeben musste, um irgendeinen Geschmack zu erzielen."
Aus dem Hals stinken
Die damalige Ehefrau des Bauhaus-Gründungsdirektors Gropius, Alma Mahler, sagte einmal, es sei ein Irrtum, gläserne Ecken, die Farbe Weiß oder Flachdächer als Merkmale des Bauhaus-Stils zu beschreiben – das unvergesslichste Bauhaus-Charakteristikum sei es gewesen, "wenn jemand nach Knoblauch aus dem Hals stank".
3sat: "Raumwelten", Auftakt zum Doku-Dreiteiler über die Bauhaus-Ästhetik, heute Samstag, 19.20 Uhr. Weitere Infos: www.3sat.de
Bauhaus imaginista, die globale Rezeption bis heute
Die Autoren Marion von Osten und Grant Watson haben in diesem herausragenden Band mit 193 farbigen und 13 Schwarz-Weiß-Abbildungen die gesamte Rezeptionsgeschichte des Bauhauses und dessen globaler Ausstrahlung zusammengetragen. Dieser Katalog zur Ausstellung im Haus der Kulturen der Welt in Berlin und im Zentrum Paul Klee in Bern ist ein Standardwerk darüber, in welche gesellschaftlichen und kulturellen Kontexte das Bauhaus eingesickert ist und wie die Kunstschule weiterentwickelt wurde.
Von Osten/Watson: Bauhaus imaginista, 312 Seiten, Verlag Scheidegger & Spiess, 71,99 Euro