Lade Inhalte...
  • NEWSLETTER
  • ABO / EPAPER
  • Lade Login-Box ...
    Anmeldung
    Bitte E-Mail-Adresse eingeben
    Bitte geben Sie Ihre E-Mail-Adresse oder Ihren nachrichten.at Benutzernamen ein.

gemerkt
merken
teilen

Michel Houellebecqs "Serotonin": Die romantische Ader des Depressiven

07. Jänner 2019, 00:04 Uhr
Michel Houellebecqs "Serotonin": Die romantische Ader des Depressiven
Michel Houellebecq hat mit seinem neuen Roman „Serotonin“ ein unzynisches Bekenntnis zur Liebe vorgelegt. Bild: AP

Der neue Roman des umstrittenen französischen Autors erscheint heute auf Deutsch.

Nein, Michel Houellebecq hat kein Buch über die "Gelbwesten" geschrieben. "Serotonin", der mit viel PR-Rummel vorbereitete neue Roman des französischen Autors, erscheint heute auf Deutsch. Er ist, wie jeder Houellebecq, gleichzeitig Abgesang und Hohelied auf den depressiven, weißen Mann. Und ein unzynisches Bekenntnis zur Liebe. Als prophetisches Werk war "Serotonin" angekündigt, Houellebecq habe seine scharfen Beobachtungen ein weiteres Mal in einen hellseherischen Roman gegossen. Wie zuletzt in seiner dystopischen Variation auf die Islamophobie in "Unterwerfung" (2015) und bereits in "Plattform" (2001), das er in einem terroristischen Blutbad enden ließ.

Ja, es gibt in "Serotonin" eine Szene, in der verzweifelte normannische Milchbauern bewaffneten Widerstand gegen den Freihandel leisten. Der Protagonist Florent-Claude, ein Agraringenieur, der bereits für Monsanto, für regionale Käseprodukte sowie für die französische Regierung gearbeitet hat, sagt die Vernichtung der französischen Landwirte durch Globalisierung und EU-Primat voraus. Und ja, das ist einer der Gründe für seine Depression.

Liebe ohne Libido

"Serotonin" ist auf 334 Seiten ein recht ordentliches Romanwerk über Glück und Liebe, vor allem aber über deren Abwesenheit geworden. Erzähler Florent-Claude ist 46 und depressiv, als er beschließt, aus seinem Leben zu verschwinden. Seine Beziehung, die ausschließlich auf Sex basierte, ist mangels Libido zur Qual geworden, beruflich ist er vor allem "angewidert von der Nichtigkeit meiner Arbeit" für das Landwirtschaftsministerium, andere Lebensinhalte gibt es nicht.

Er kündigt, zieht in ein Hotel um, später an die normannische Küste und besorgt sich ein Antidepressivum, das es ihm ermöglicht, zumindest die täglichen Verrichtungen zu bestreiten. Die Pille macht süchtig – und entleert. "Was endgültig war, lässt sie vergehen; was unumgänglich war, macht sie unwesentlich."

Vor diesem tristen Hintergrund lässt er nun sein bisheriges (Liebes-)Leben Revue passieren. Da gibt es viele bissige Beobachtungen, weich verpackt in schmunzelnswertem Pessimismus-Stakkato, und manchen mit betonter Houellebecq’scher Lässigkeit hingeworfenen, poetischen Moment.

Gezielte Grenzüberschreitungen

Da gibt es, freilich, viel Pornografisches, gibt es gezielt gesetzte Grenzüberschreitungen zu Sodomie und Pädophilie, gibt es den üblichen, von den Verwerfungen und Sensibilisierungen der #Metoo-Bewegung wenig überraschend völlig unberührten Sexismus, der sich an trotzig vorgetragenen Plattitüden über Frauen im Speziellen und Schlampen im Allgemeinen ergötzt. Aber es gibt auch Reue gegenüber der verpassten Chance, einen fast kindisch romantischen Glauben an die eine, wahre Liebe, die alles gut und richtig gemacht hätte.

Im Epilog wird der Erzähler religiös. Das sei ihm unbenommen, wirkt aber ein bisschen hoch gegriffen. Man muss ja nicht gleich "die überschwängliche Liebe" des Allerhöchsten bemühen, "die in unsere Brust strömt", nur weil man seine romantische Ader entdeckt hat. Man muss auch nicht gleich eine Prophezeiung über den Untergang der Welt abliefern oder dramatische politische Ereignisse des echten Lebens vorhersagen. Gegen einen wohlverdienten, empathischen Hinweis auf die Strapazen der normannischen Milchbauern ist doch wirklich nichts einzuwenden. (apa)

Michel Houellebecqs "Serotonin": Die romantische Ader des Depressiven
Michel Houellebecqs neuer Roman "Serotonin" Bild: Verlag

Michel Houellebecq: "Serotonin", aus dem Französischen von Stephan Kleiner. DuMont, 334 Seiten, 24,70 Euro

OÖN Bewertung:

 

mehr aus Kultur

Happy Birthday, SpongeBob! Ein Schwamm wird 25

Stelzer: "In der Kultur kommt Oberösterreich beim Bund zu kurz"

Das Theater Phönix zeigt den Klassiker "Cyrano de Bergerac"

Amadeus Awards: Salzkammergut räumt ab

Lädt

info Mit dem Klick auf das Icon fügen Sie das Schlagwort zu Ihren Themen hinzu.

info Mit dem Klick auf das Icon öffnen Sie Ihre "meine Themen" Seite. Sie haben von 15 Schlagworten gespeichert und müssten Schlagworte entfernen.

info Mit dem Klick auf das Icon entfernen Sie das Schlagwort aus Ihren Themen.

Fügen Sie das Thema zu Ihren Themen hinzu.

0  Kommentare
0  Kommentare
Zu diesem Thema wurden noch keine Kommentare geschrieben.
Neueste zuerst Älteste zuerst Beste Bewertung
Aktuelle Meldungen