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Sturz ins Leere

Von Gabriel Egger, 16. Juli 2018, 21:58 Uhr

"Ach, das geht schon". Das Seil bleibt im Rucksack, der Gurt, an dem Karabiner und das Leben hängen, ist nur Zierde.  Weil das Anseilen Zeit kostet und ja ohnehin nichts passiert. Mir doch nicht. Die Füße sinken tief in die weiche, durchnässte Schneedecke. Bis sie plötzlich keinen Untergrund mehr spüren. Freier Fall. Niemand, der mich halten könnte. Nur einer der, mich behält: der Gletscher. Ein Horrorszenario, das sich jährlich wiederholt. Obwohl es so leicht zu verhindern wäre.

Das sollen die Teilnehmer der XTreme-Tour wissen, bevor sie ihre Spuren zum ersten Mal in den Hallstätter Gletscher ziehen. Ein "Aber.." lassen die Tourenführer von Outdoor-Leadership nicht gelten. Pickel, Steigeisen, Seil, Karabiner, Reepschnüre. Alles muss am richtigen Platz sein, bevor es endlich losgeht. Auch wenn der einst mächtige Gletscher viel von seinem Glanz verloren hat. 

Der Sonne geht es genauso wie dem schwindenden Eis, als wir kurz nach sieben Uhr am Anseilpunkt des Hallstätter Gletschers stehen. Ihr droht im Kampf mit den Wolken eine frühe Niederlage. Dabei war ihr Aufgang vor der Simonyhütte noch so schön. 

In drei straff gespannten Seilschaften geht es dem Schulteranstieg auf den Dachstein entgegen. Viel ist heute nicht los. Und wenn Paul nicht seinen rauen Charme spielen lassen würde- es wäre sogar ruhig. 

 

Für neun von zwölf Kandidaten ist es eine Premiere. Noch nie haben sie vom höchsten Punkt auf ihr Bundesland geblickt. Paul wird zwar sein Ternberg nicht erkennen und Anna nicht ihr Haus in Roitham sehen, einen guten Überblick können sie sich in 2.995 Meter Seehöhe trotzdem verschaffen. Und wenn der Riese Simon auf dem Gipfel steht, könnte sich sogar ein Dreitausender ausgehen. 

Kalte Schulter 

Die Sonne hat es mittlerweile den Kroaten gleichgetan: leidenschaftlich gekämpft, aber am Ende klar verloren. Der Dachstein zeigt uns seine kalte Schulter- und wir müssen sie erklimmen. Der Schulter-Klettersteig ist für die sechs Jungs und Mädels kein Problem, der Blick auf die weit geöffnete Randkluft flößt ihnen trotzdem Respekt ein. 

11 Uhr. Das größte Glück der Erde liegt auf den Gipfeln der Berge. Da bin ich mir sicher, wenn ich in die Gesichter der zwölf Kandidaten blicke, als sie den höchsten Punkt Oberösterreichs erreichen. Sie werden ihn sogar überschreiten. Die Wolken drücken sich über die Südwand empor, bleiben direkt am Westgrat hängen, als wir Richtung Adamekhütte absteigen.

 

 

"Ich fühl' mich fast sicherer, wenn ich das Klettersteigset nicht einhänge", sagt Dominik, blickt zurück auf Tourenführer Rob und hängt es noch ein bisschen fester ein. Sein Blick sagte mehr als Worte, auch wenn er dann doch freundlich hinzufügt: "Wir haben die Verantwortung". Rob Hakenberg ist Holländer- und Bergführer. Wer ihn kennenlernt, merkt schnell, dass das kein Widerspruch ist. Mit großer Umsicht und Geduld erklärt er den Kandidaten die Tücken der Berge und öffnet ihnen die Augen für deren Schönheit. 

Nach einer kurzen Pause geht es auf den Gosaugletscher. Die Kandidaten müssen lernen, mit ihm umzugehen. Mit dem Gletscher und dem Sturz ins Leere. Trainieren für den Ernstfall. Der Tote Mann soll schließlich nur eine Rettungstechnik bleiben. 

Dann dürfen sie Teilnehmer wirklich ins Leere stürzen. Angeseilt natürlich. Und aus dieser Leere müssen sie sich gegenseitig wieder befreien. Sport, Spaß und Lernen fürs Leben. Es ist diese Mischung, die die XTreme-Tour zu etwas so Besonderem macht. 

Donnerwetter, 2.0

Nach der Praxis folgt die Theorie. Beim Gletscherquiz in der Adamekhütte sammeln die Teams wichtige Punkte für den Tagessieg. Michaela und Dominik haben am Besten aufgepasst: Sie gewinnen nicht nur die Fragerunde, sondern können sich auch über den Gesamtsieg am zweiten Tag freuen. Die 14 Kilometer zurück ins Tal müssen sie trotzdem noch hinter sich bringen. Vom Hinteren Gosausee dürfen sie das zumindest auf zwei Rädern tun (ohne Motor und Elektroantrieb, versteht sich.)

 

 

Mittlerweile ist es kurz vor 22 Uhr. Wir haben es uns in der Skischule Dachstein-West in Gosau gemütlich gemacht. Der Regen auch. Er prasselt unaufhörlich auf das große Zelt. Ein monotones Geräusch- perfekt um einzuschlafen. Das müssen die Teilnehmer auch bald- morgen wird es anstrengend: Mountainbike-Triathlon-Mountainbike. Erst unterhalb der Zwerchwand dürfen sich die Kandidaten ausruhen. 

Wer für die braven Jungs und Mädels abstimmen will. Alle Infos unter  www.xtremetour.at  

Schlaf gut, Oberösterreich! 

 

 

 

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