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Viel Zeit zu verlieren

Von Gabriel Egger, 17. Juli 2018, 23:13 Uhr

Jeden Tag verlieren wir drei Stunden. Wir wischen sie einfach weg. Auf den großen Displays unserer Smartphones. Das Leben ist ein Live-Stream geworden, immer aktuell, immer laut. Keine Zeit, um kurz durchzuschnaufen. Und wenn uns der Stress übermannt und es hektisch wird, verwackeln die Bilder. So lange, bis die Systeme ausfallen. Burnout.

Unter der Zwerchwand in Bad Goisern ist das alles weit weg. Der Handyempfang verliert sich irgendwo zwischen Sandling und Predigtstuhl, die Seiten des Musikbuches, in dem Anna verzweifelt nach einer Melodie für ihre Ukulele sucht, sind die einzigen, die man hier schließen kann. STS, Fürstenfeld. Dann Spongebob Schwammkopf. Genauso abwechslungsreich wie die Auswahl der Lieder, die die Kandidaten unter dem hypnotisch knisternden Lagerfeuer mal mehr und oft weniger motiviert zum Besten geben, war der Tag.

 

Schnaufen bis zur Roßalm

Der begann früh. Sehr früh. Die Nacht unter den Dächern der Skischule Dachstein-West in Gosau war zu Ende, da hatte sie gerade erst begonnen. Weil der Wind den Regen unaufhörlich gegen die Wände drosch, aber auch, weil sich ein Wecker der Teilnehmer ab halb sechs Uhr früh selbstständig gemacht hat. Die Samsung- Morgenhymne. Immer und immer wieder. 

Eine Stunde später sitzen die Kandidaten bereits im Sattel. Paul nicht ganz so fest, wie er es gerne hätte. "Mountainbiken kann ich überhaupt nicht", sagt er. Das wird er später auch über das Laufen sagen. Beides stimmt nicht.

Andreas Viehböck, 2013 selbst Kandidat bei der XTreme-Tour und jetzt ein Vollblutprofi, wenn es um Downhill-Rennen geht (traunseeflow.at), checkt die Räder durch, gibt kurz Tipps und entlässt die Teilnehmer schließlich in den Nebel. Nur die spitzesten Zacken des Gosaukammes durchbrechen die Wolkendecke, als sich die Kandidaten beim Vorderen Gosausee zum Start des ersten Bewerbs versammeln. Keiner will in der ersten Reihe stehen, auch nicht die, die später ganz vorne dabei sein werden. 

Am Anfang geht es steil bergauf, dann wird es flach, hatte Tourenführer Rob Hakenberg gesagt. Dass es mehr als 600 Höhenmeter zu überwinden gilt, hat er verschwiegen. Roland startet deshalb so, als wären es nur 60.

Er kann das Tempo bis knapp vor der Roßalm halten, die ganz versteckt zwischen dichten Bäumen urig über Gosau liegt. Dann kann Manuel aufschließen. Ein Kopf-an-Kopf-Rennen war selten freundschaftlicher. Gemeinsam geht es die letzten 50 Höhenmeter bergauf, über Stock, Stein Wurzeln und tiefen Morast. beim Schlusssprint endet die Freundschaft abrupt. Roland gewinnt in nur 53 Minuten. Manuel freut sich trotzdem. "Dass der Hund a so aungasn muas". 

 

 

Mit dem Biss eines Rosses kommt auch Monika über die Forststraßen gedonnert. Platz fünf für das Küken der XTreme-Tour. 18 Jahre ist die Schärdingerin erst jung. Um ihren Teampartner Paul muss sie sich trotzdem schon kümmern. Das Kreuz tut ihm weh, der Hintern schmerzt, aber der Sprachapparat ist noch ganz okay. In Bestform eigentlich.

Jetzt geht es gemeinsam mit Andi Viehböck nur noch bergab bis nach Obertraun. Techniktraining. 

Abkühlung zum Aufwärmen

Um die müden Glieder aufzuwärmen, müssen sie in Obertraun wieder frieren. Ein Sprung in den 17 Grad frischen Hallstätter See eröffnet den Triathlon. Das Wasser kommt mittlerweile auch wieder von oben. Auch schon egal. Monika hat nicht nur Biss, sondern auch Flossen. Die 18-Jährige steigt als Zweite aus dem Wasser und startet mit Paul ("Schwimmen kann ich überhaupt nicht") als erstes Team auf die 7,9 Kilometer lange Laufstrecke. Ins Ziel kommt ein anderes Team am schnellsten: Jakob und Anna. Sie werden auch bis zum Ende des Triathlons unterhalb der Zwerchwand keine Zeit mehr verlieren. So sehen Tagessieger aus. 

 

 

 

 

 

Jetzt, eingekuschelt in den Schlafsack unter der Zwerchwand in Bad Goisern sind sie mir die Sterne so nahe, wie selten zuvor. Das Licht des Feuers ist erloschen, die Stille dominiert. Die Zeit ist stehengeblieben. Hier kann man sie auch nicht verlieren. Nur das mit dem Display und dem Wegwischen mache ich schon wieder. Lieber wäre es mir dem Rascheln der Blätter zu lauschen, die der Wind mit seinen heftigen Stößen nicht zur Ruhe kommen lässt. Aber hey, ich bin ja nicht zum Vergnügen hier. Dominik hat sich vor wenigen Minuten noch gefreut, dass er dieses "depperte Handy" endlich einmal nicht braucht. Damit war die XTreme-Tour schon am zweiten Tag ein Erfolg. 

Die Unterlagsmatte hätte ich trotzdem nicht im Tal lassen sollen. Der Holzboden macht sich als Bett nur mittelmäßig gut. Morgen wird es für die Kandidaten vertikal. Ein Kletterbewerb steht an, bevor Rob zu einem "Orientierungs-Hike" ins Rettenbachtal einlädt. Ob wir uns morgen noch einmal lesen ist fraglich. Der Empfang ist rar. Dann gibt es wenigstens nicht so viel Zeit in der Natur zu verlieren. 

 

 

 

 

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