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Ein Schiff wird kommen

Von Gabriel Egger, 19. Juli 2018, 22:30 Uhr

Sie sind alle gekommen. Die Flöten, die Klarinetten, die Posaunen und das Schlagwerk. Im typischen schwarz-blau, mit Lederhosen, strahlenden Gesichtern und motivierenden Sprechchören. Die Freude in Annas Gesicht ist beinahe schöner, als die Nordflanke des Schafbergs, deren grauer Fels sich im klaren Wasser spiegelt. Anna ist vom Seegang ein bisschen geschüttelt, aber von der Überraschung gerührt.  

Dem Musikverein aus Roitham ist es zu verdanken, dass über den Attersee nicht nur eine leichte Brise, sondern auch sanfte Melodien wehen. Die Abendsonne pinselt dem Höllengebirge ein rotes Kleid um die felsige Hüfte, das türkis-blaue Wasser wiegt sich zu den Liedern.  "Hoamatland, i han di so gern". Die Natur ist bereit für den letzten Tanz, bevor das Licht abgedreht wird. 

 

 

VIP-Empfang nennt sich die eineinhalbstündige Bootsfahrt ans südliche Ende des Attersees. VIP.  Drei Buchstaben, aber viel mehr an Bedeutung: VIP, das ist Handshake, Smalltalk, Fotos, ein Lächeln- manchmal ernst gemeint, aber viel öfter aufgesetzt- , das sind Visitenkarten, Telefonnummern und ein "Hat mich sehr gefreut" zum Abschied.

Heute ist das etwas anders.  Man könnte sogar meinen, Christoph Wurm, Generaldirektor der VKB-Bank, ist ein bisschen traurig, dass er die Altersgrenze der XTreme-Tour bereits überschritten hat. Bigtalk mit den Teilnehmern, viel Lob, viele Fragen.  Und Florian Taugwalder wäre wohl lieber bei der Kletterei am Kleinen Matterhorn dabei gewesen.  Der Injoy-Chef ist ein direkter Nachfahre von Peter Taugwalder. Ohne den Schweizer Bergführer wäre  die Erstbesteigung des Matterhorns (das Zermatter, nicht das Goiserer Horn) 1865 nicht möglich gewesen. 

Im Camp in Steinbach am Attersee blicken die Teilnehmer zurück . Auf die ersten fünf Tage, die nicht nur bei der gezeigten Dia-Show wie im Flug vergehen. Auch der heutige Donnerstag hatte irgendwie keine 24 Stunden. 

Draußen zuhause

7 Uhr. Frühstück bei der Rettenbachalm. Ein Spiegelei für die Kandidaten, sechs für Rob Hakenberg. Der Schönberg, über den ich schon wieder ein Gedicht verfassen könnte, ist der Einzige, der sich heute sonnen darf. Eine Stunde noch, dann heißt es aufsitzen. Paul hat  Phantomschmerzen im Hintern, als er die Mountainbikes sieht. "Geht es eh nicht weit bergauf?", fragt er. "Nein, nicht wirklich", sagt Rob. Damit ist klar: Es geht bergauf. Steil. 

8 Uhr. Abfahrt. Obwohl sich heute keine Wolke auf den Himmel verirrt hat, werden alle zwölf Teilnehmer in wenigen Minuten klitschnass. Canyoning steht an. "Geil, das ist Gaudi", würde Rob in seinem fast niedlichen holländischen Dialekt sagen. Springen, rutschen, klettern und Baden im Weißenbachtal. 

 

 

 

Für mich ist heute leider kein Zweirad übrig geblieben. Damit fällt auch das Canyoning  ins Wasser. Ich lasse mich mit dem Auto nach Steinbach am Attersee chauffieren. Richtig freuen kann ich mich über den Badenachmittag nicht. XTreme-Faulenzen war noch nie mein Ding. 

14.30 Uhr. Okay, doch ein bisschen mein Ding. Der See ist so schön, würde mein Zeichentalent über ein Strichmannderl mit Hut hinausgehen, ich würde ihn malen. Die Teilnehmer sind bereits eingetroffen und müssen sich jetzt im Stand-Up-Paddle- Bewerb behaupten. Roland ist , wie so oft, wieder ganz vorne dabei. Hätte er  den richtigen Weg genommen, er hätte auch sicher gewonnen. 

"Wie war's", frage ich Manuel. "Nass". Trockene, abgeklärte Mühlviertler Mentalität. 

23.30 Uhr. Was? Das war's schon wieder? Tag vorbei? Der Donnerstag endet im Sterne-Hotel. Anna, Dominik, Jakob und ich verbringen die Nacht auf einer großen Plane unter freiem Himmel. Die vorletzte auf dieser Tour. Kühl ist es geworden- und ruhig. Nur im Zelt der Burschen schnarcht jemand. Es ist wohl eine Ternberger Melodie. 

Es dauert immer, bis man sich irgendwo richtig heimisch fühlt.  Darum ist es auch so schade, dass wir nicht mehr viel Zeit haben, bis wir in Gmunden ankommen. Denn jetzt, in diesem Moment, fühlen sich alle Zuhause. Draußen in der Natur. 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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