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ARFID: Nicht nur heikel, sondern richtig krank

Von Natalie Söllner, 12. April 2024, 13:17 Uhr
Produkte für Kinder
Kinder mit ARFID haben Angst zu essen. Bild: colourbox

Wenn Menschen Angst vor dem Essen haben, spricht man von ARFID (avoidant restrictive food intake disorder), der vermeidend restriktiven Essstörung. Nur wenige Lebensmittel kommen für die Betroffenen in Frage. Sie unterscheiden sich aber grundlegend von den sogenannten "Picky Eatern".

Nudeln nur in Spiralform, das Brot nur ohne Kruste und wehe die Fischstäbchen und die Kartoffeln berühren sich auf dem Teller. Diese Situationen kennen wohl die meisten Eltern. "Picky Eating" tritt häufig bei Kindern zwischen 2 bis 6 Jahren auf und bedeutet so viel wie wählerisches oder heikles Essen. Es ist oftmals ein Ausdruck der Selbstständigkeit und der Entwicklung des Kindes.

Mehr als "Picky"

Weit darüber hinaus gehen Verhaltensmuster bei Menschen mit ARFID. Die Essstörung wurde 2013 im von der American Psychiatric Association herausgegebenen "Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders" definiert. Zuvor fiel diese Diagnose in den Bereich der sonstigen Fütter- und Essstörungen. ARFID tritt in allen Altersgruppen auf, ist aber bei Kindern am häufigsten.

Zuletzt polarisiert Hannah, ein 9-jähriges Mädchen, auf TikTok mit dieser Essstörung. Sie akzeptiert nur ein paar Lebensmittel - und diese meistens auch nur von einer bestimmten Marke. Unter dem Namen "myarfidlife" dokumentiert die Familie auf der sozialen Plattform die Versuche von Hannah sich an neue Lebensmittel zu gewöhnen. Mit Panik ins Gesicht geschrieben beißt sie ganz langsam dreimal hintereinander bei einem neuen Lebensmittel ab, bevor sie entscheidet ob sie es akzeptieren kann oder nicht - meistens nicht.  Oftmals reagiert sie mit Grimassen und Tränen auf die Konfrontation mit dem Essen. Die Kommentare reichen von "Du bist so mutig, du kannst wirklich stolz auf dich sein" bis "Sie ist einfach eine Göre die ihren Eltern auf der Nase herumtanzt, mehr nicht."

Vielschichtig und hochkomplex

Das  restriktive und vermeidende Essenverhalten bei ARFID kann zu Gewichtsabnahme und Nährstoffmangel führen. Durch den häufig hohen Kohlenhydratanteil und Anteil an hoch verarbeiteten Produkten in der Ernährung von Betroffenen kann es aber auch zu Übergewicht kommen. „Wir reden hier nicht von Kindern die kein Gemüse mögen, sondern Kinder mit ARFID tolerieren nur eine Hand voll Sachen“, sagt Diätologin Erika Mittergeber von den "Essperten". In Linz, Enns und Urfahr bieten "die Essperten" Ernährungsberatung und Ernährungstherapie an. Mittergeber hat sich unter anderem auf Essstörungen spezialisiert und ist oftmals die erste Anlaufstelle für besorgte Eltern. 

Wie sich ARFID zeigt und welche Ursachen es für die Essstörung gibt, ist vielschichtig und bei jedem Betroffenen anders ausgeprägt. Manche von ARFID Betroffenen haben eine ausgeprägte sensorische Empfindlichkeit und Schwierigkeiten mit verschiedenen Geschmäckern, Formen, Gerüchen, Farben und Konsistenzen. Chicken Nuggets, Pommes und Nudeln sind Gerichte, die immer gleich schmecken. Fertigprodukte und Kohlenhydrate würden bevorzugt werden, weil sie keine bösen Überraschungen bereithielten. Obst etwa kann jedes Mal ein wenig anders schmecken: süß, bitter, sauer, je nach Reifegrad.

Eine bei Erwachsenen häufig vorkommende Ursache des restriktiven Essverhaltens ist die Angst vor negativen Erfahrungen wie etwa zu ersticken oder zu erbrechen. Traumatische Erlebnisse, wie etwa Intubation als Kind oder häufiges Erbrechen wegen Ernährung durch eine Sonde, können zu der Entwicklung einer solchen Angst beitragen.

Aber auch reines Desinteresse an der Nahrung oder genetische Faktoren und Essstörungen innerhalb der Familie können zu einem restriktivem Verhalten des Kindes führen. Besonders oft ist die Essstörung mit ADHS, Autismus oder Angst- und Zwangsstörungen gepaart. Anders als bei anderen Essstörungen, geht es den von ARFID Betroffenen aber nicht um Gewichtsabnahme.

Wo ist die Grenze?

Kinder mit ARFID würden typischerweise von alleine keine Nahrung zu sich nehmen. Manche Kinder bekämen panische Zustände, wenn sie Essen sehen. "Sie würden selbst unter größtem Hunger die Nahrungsaufnahme verweigern. Das macht ein wählerischer Esser nicht", sagt Mittergeber.

Auch wenn Kinder vorübergehend "Picky Eater" sind, sei das nicht weiter besorgniserregend. "Solange konstant eine breite Palette an Lebensmitteln angeboten wird, kehren Kinder nach der heiklen Phase häufig zu einem offenerem Essverhalten zurück."

Faktor: Umfeld

Ergotherapie, Logotherapie, Ernährungstherapie und kognitive Verhaltenstherapien seien mögliche Ansätze um den Kindern mit ARFID zu einem breiteren Lebensmittelrepertoire zu helfen. Außerdem seien auch die Betreuung durch einen Kinder und Jugendpsychiater wie Neuropädiater sinnvoll. In bestimmten Fällen sei bei ARFID durchaus ein stationärer Aufenthalt sinnvoll, vor allem bei starker Unterernährung, und um die Familie aus dem Alltagstrott rauszunehmen. Es biete der Familie die Möglichkeit für Weiterentwicklung und Veränderung.

Wichtig sei außerdem ein Mahlzeitenmuster ohne Druck, Zwang und Kritik. "Kinder lernen am Modell. Sie müssen ihre Bezugspersonen bei den Mahlzeiten positiv erleben", sagt Mittergeber.

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2  Kommentare
2  Kommentare
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wiedanix (136 Kommentare)
am 13.04.2024 06:32

na klar, das werden dann erwachsene, die als Kinder gelernt haben, dass man über andere drüber fahrt - Mittelweg wäre eine gute Lösung

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Gugelbua (31.944 Kommentare)
am 12.04.2024 13:26

es beginnt ja schon bei den Helikopter Müttern
wenn sie die Kinderlein fragen was sie essen oder trinken möchten

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