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"Kränkung ist die Wurzel alles Bösen"

Von Ulrike Griessl, 05. Jänner 2018, 03:23 Uhr
"Kränkung ist die Wurzel alles Bösen"
Wer viele Kränkungen erfährt, die er nicht verarbeiten kann, hegt Rachegelüste. Bild: colourbox.de

Der Kriminalpsychiater Reinhard Haller erklärt, was seelische Verletzungen so gefährlich macht.

"Kränkungen greifen unsere Selbstachtung, unser Ehrgefühl und unsere Werte an", sagt Reinhard Haller (66), Gerichtspsychiater und Leiter des Vorarlberger Behandlungszentrums für Suchtkranke. Aus diesem Grund hätten Kränkungen ein immenses destruktives Potenzial. "Sie können Ehen zerstören, Amokläufe erklären, psychosomatische Krankheiten bewirken, ja sogar Kriege auslösen", behauptet der Vorarlberger.

In seiner langjährigen beruflichen Praxis habe er die Erfahrung gemacht, dass das Gefühl, bloß gestellt, entwertet, belogen, betrogen, minder geschätzt oder nicht beachtet zu werden, Menschen oft zutiefst verletzt – so sehr, dass manche zu furchtbaren Racheakten fähig sind. In seinem Vortrag am 16. Jänner wird Haller aber nicht nur auf die dramatische Folgen von Kränkungen eingehen, sondern auch darauf, wie man Kränkungen positiv verarbeiten kann. Denn er ist der Ansicht: "Im Umgang mit Kränkungen kann der Mensch wachsen, sie fördern die Selbst- und Menschenkenntnis, vertiefen die Emotionalität."

 

OÖN: Was verstehen Sie unter Kränkung genau?

Haller: Kränkung kennt zwar jeder, trotzdem ist dieses Phänomen schwer zu erklären. Wie das Wort sagt, hat Kränkung viel mit Verletzungen und Krankheit zu tun. Natürlich hat jeder eine andere Schmerzgrenze und andere wunde Punkte, an denen er besonders verletzlich ist. Was dem einen egal ist, kann für einen anderen extrem beleidigend sein. Wenn der Absender einer Aussage die psychische Konstitution seines Gegenübers in seiner Wortwahl nicht miteinbezieht, kann es aus Unachtsamkeit zu schweren Kränkungen kommen.

Sie behaupten in Ihrem Buch, dass Kränkungen sogar zu Terror und Krieg führen können. Warum?

Weil unverarbeitete Kränkungen zu extremen Reaktionen führen können. Das habe ich in meiner beruflichen Praxis als Gerichtsgutachter oft erlebt. Ich bin davon überzeugt, dass Kränkungen und Demütigungen heute zur modernen Form des Terrors gehören. Seit dem Fall des Bombenattentäters Franz Fuchs in den Neunzigerjahren beschäftigt mich dieses Thema. Dieser Mann war ein typischer Fall eines gekränkten Genies, das seine Rachegelüste in extremer Form auslebte. Nach diesem Fall habe ich auch bei meinen Suchtpatienten mehr darauf geachtet, welche Rolle Kränkungen in ihrer Lebensgeschichte spielten. Und ich habe erkannt, dass auch bei diesen Menschen Kränkungen oft eine Rolle spielen. Suchtmittel werden häufig als Schild dagegen eingesetzt.

Welche Menschen sind besonders anfällig für Kränkungen?

Das sind natürlich hypersensible Menschen, aber auch Narzissten. Letztere können mit Kritik überhaupt nicht umgehen. Für sie kann schon eine scheinbar harmlose Bemerkung eine Katastrophe sein. Die dritte Gruppe sind Menschen mit Traumatisierungen. Bei ihnen brechen durch bestimmte Bemerkungen alte Wunden auf.

Und warum machen Kränkungen Menschen so gefährlich?

Weil in unserer Gesellschaft so gut wie nie über Kränkungen gesprochen wird, das ist einfach ein Tabuthema. Würde mehr darüber nachgedacht und geredet, wie man miteinander umgeht, gäbe es weniger Kränkungen, die sich bei einzelnen Personen ansammeln und irgendwann zu fatalen Reaktionen führen können. Trotzdem kann es natürlich immer passieren, dass man Menschen mit Aussagen beleidigt. Aber dann sollte darüber geredet werden, damit der Gekränkte die Chance hat, mit der Kritik umzugehen.

Wie geht man mit Menschen um, die schnell gekränkt sind? Darf man sie kritisieren?

Natürlich darf man das, aber man kann einer Kritik ja den Satz vorausschicken: "Ich sage dir jetzt etwas, aber ich möchte dich keinesfalls damit kränken?..."

 

Mehr zum Thema

Vortrag: Unter dem Titel "Narzissmus, Kränkung, Macht" hält der Psychiater Reinhard Haller am Dienstag, 16. Jänner (19 Uhr), einen Vortrag im Bildungshaus Schloss Puchberg. Anmeldungen unter www.schlosspuchberg.at oder Tel. 07242/47 537. Eintritt: 15 Euro.

Buchtipp: Über die Kränkung als Wurzel kriminellen Verhaltens schreibt Reinhard Haller im Buch "Die Macht der Kränkung", Ecowin-Verlag, 21,95 Euro

 

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6  Kommentare
6  Kommentare
Neueste zuerst Älteste zuerst Beste Bewertung
pepone (60.622 Kommentare)
am 05.01.2018 15:55

im Artikel :

In seiner langjährigen beruflichen Praxis habe er die Erfahrung gemacht, dass das Gefühl, bloß gestellt, entwertet, belogen, betrogen, minder geschätzt oder nicht beachtet zu werden, Menschen oft zutiefst verletzt – so sehr, dass manche zu furchtbaren Racheakten fähig sind.

daher die Reaktionen der Menschen auf die verlogene Politik ... UND auf die betrügerische Gesellschaft ... ganz besonders in der Wirtschaft !

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decordoba (3.803 Kommentare)
am 05.01.2018 07:07

Die Kränkungen als Unheil für den Lauf der Dinge:

Es wird schon so sein, dass Kränkungen allerhand Unheil auslösen – Rachegefühle, Racheakte, Angriffe gegen Personen, Zerstörung von fremdem Eigentum,...

Deswegen sollten Kränkungen vermieden werden, so weit sich das vermeiden lässt.

Es soll aber nicht übersehen werden, dass die gekränkte Person oft selber der Anlass für die Kränkung ist.

* Sie ist nicht so, wie es dem Ideal entspricht.

* Sie spricht nicht, was die anderen Leute gerne hören, was diese noch akzeptieren können.

* Sie handelt nicht so, wie man das üblicherweise erwarten würde, was die Respektspersonen verlangen!

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Harbachoed-Karl (17.883 Kommentare)
am 05.01.2018 07:03

Wer hat den HCS so gekränkt?

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decordoba (3.803 Kommentare)
am 05.01.2018 07:13

Ein Politiker ist nicht so schnell gekränkt, der braucht ein dickes Fell.

Sobald jemand Politiker wird, verlässt er seinen geschützten Bereich und präsentiert sich der Öffentlichkeit. Seine Bilder sind auf Google-Bilder zu finden, sie dürfen auch verwendet werden, weil sie eine Person des öffentlichen Lebens darstellen.

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Zonne1 (3.661 Kommentare)
am 05.01.2018 07:56

und trotzdem sind , besonders diktatorische Herrscher ( Trump, Putin , ..) , besonders arg in ihren Rundumschlägen , die nur dazu dienen, ihre Unsicherheit zu überdecken, und die Macht zu erhalten.

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decordoba (3.803 Kommentare)
am 05.01.2018 08:24

Ich würde das so sehen: Deren Rundumschläge sind Ausdruck ihrer Macht und Handwerkszeug ihrer Machtausübung. Diese beiden Präsidenten sind aber abgebrüht, wenn sie von den Leuten beleidigt werden. Das kommt ja täglich tausend_mal vor.

Diese beiden Personen lassen sich durch Beleidigungen und Kränkungen nicht davon abhalten, was sie vorhaben.

Die Frau Glawischnig würde ich aber schon als Opfer von Beleidigungen und Kränkungen sehen, wenngleich das nicht der einzige Grund für ihren Rücktritt gewesen ist.

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