Vor 50 Jahren begann die „Derrick“-Epoche
Die am 20. Oktober 1974 ausgestrahlte Folge „Waldweg“ begründete die erfolgreichste deutschsprachige Krimi-Reihe.
Es ist nicht klar, welcher Mann in diesem Krimi der größte Chauvinist ist. Die Folge „Waldweg“, die am 20. Oktober 1974 erstmals im ZDF zu sehen war, zeigt ein gefühlskaltes und heute befremdliches Männerbild. Dennoch schrieb die allererste Folge des Krimidauerbrenners „Derrick“ (1974–1998) ein Stück TV-Geschichte.
Ist Lehrer Dackmann (Herbert Bötticher) der Widerling? Er meint, junge Frauen seien selbst schuld am Übergriff: „ Sehen Sie doch mal, wie die angezogen sind.“ Später wird er zugeben, dass er von Teenagermädchen besessen ist. Oder ist es doch Kioskbesitzer Huber (Walter Sedlmayr)? Seine verweigerte Hilfe am späten Abend wird eine junge Frau später das Leben kosten: „Das sind Luder, Flittchen“, schimpft der Alte gegenüber dem Bahnhofsvorsteher.
Es geht um einen Mädchenmörder, der zwei Schülerinnen im winterlichen Moorgebiet bei München erwürgt hat. Gegen diesen ermittelte erstmals Horst Tappert als Oberinspektor Stephan Derrick. Ein Freitagskrimi in Bunt, nicht mehr in Schwarz-Weiß.
Autor Herbert Reinecker und Regisseur Dietrich Haugk bauten immer wieder ironische, fast gesellschaftskritische Töne ein. Und inszenierten dann doch leicht bekleidete Schülerinnen einer Hauswirtschaftsschule irgendwo im Nichts, gern auch beim Umziehen.
„Interessant an der Folge ,Waldweg‘ ist die Psychologisierung des Täters und damit einhergehend eine Vorwegnahme aktueller Täterprofile“, sagt Wissenschafterin Joan Kristin Bleicher vom Institut für Medien und Kommunikation der Uni Hamburg. Dazu muss man wissen, dass die frühen „Derrick“-Folgen ein ähnliches Strickmuster aufweisen wie die amerikanischen „Columbo“-Filme: Sie sind keine „Whodunit“-Krimis, bei denen das Publikum die Auflösung erraten muss. Man beobachtet stattdessen den Mörder bei dem Verbrechen und freut sich an dem Katz-und-Maus-Spiel mit Polizisten.
Die Erstausstrahlung von „Waldweg“ 1974 wurde nicht zum Publikumshit. Zu realistisch und quälend lange erwürgt Chemielehrer Rudolf Manger (Wolfgang Kieling) sein Opfer. In der heutigen Schnittfassung greift er nur kurz nach der Kehle der Schülerin. Im Original dauert die brutale Szene lange 20 Sekunden.
Fritz Wepper als Inspektor Harry Klein darf als einziger netter Mann in diesem Krimi-Meilenstein gelten. Der italienische Philosophie-Professor und Bestsellerautor Umberto Eco verewigte den Derrick-Mythos im Zeichen der Trivialität in seinem Buch „Derrick oder die Leidenschaft für das Mittelmaß“.
Insgesamt wurden 281 „Derrick“-Folgen produziert. Die Serie ist bis heute der erfolgreichste Exportschlager deutschsprachiger TV-Produktionen. Sie wurde in 102 Länder verkauft, darunter China, wo die Reihe Kultstatus genießt. 2013 wurde bekannt, dass der 2008 im Alter von 85 Jahren verstorbene Tappert im Zweiten Weltkrieg nicht – wie er immer behauptete – Kompaniesanitäter, sondern spätestens ab März 1943 Mitglied der Waffen-SS war. Daraufhin setzte das ZDF die „Derrick“-Wiederholung aus.
diese TV Laufband Krimiserien sind doch schon alle ausgelutscht🥱